aus weiter Ferne begrüßte. Am Flaggenmast hatten
der Häuptling mit seinen Berathern Aufstellung ge-
nommen, und dort fand auch die erste feierliche Be-
grüßung statt, im unmittelbaren Anschluß an einen
unter drückendster Sonnengluth zurückgelegten an-
strengenden Marsch meist eine recht wenig erwünschte
Feierlichkeit. Die häufig sehr volkreichen Dörfer sind
durchweg winkelig und eng, im Uebrigen aber wohl
gebaut. Unter den Häusern herrscht die viereckige
Form, mit Giebeldach aus Savannengras, vor,
seltener finden sich runde Gebäude. Einzeln stehende
Häuser werden nicht häufig angetroffen, fast immer
bilden vielmehr die Wohnungen einer Familie ein
Gehöft, welches mit einem übermannshohen Zaun
aus Binsengeflecht umgeben ist. Der Eingang zu
den Gehöften wird des Nachts ebenfalls mit einer
Matte zugestellt, Wohlhabendere dagegen haben sich
zu diesem Zwecke eine zwar roh, aber solide ge-
arbeitete Holzthüre beschafft, welche auf den Märkten
feilgehalten werden.
Innerhalb der Gehöfte und Wohnungen herrscht
peinlichste Sauberkeit. Die Hütte besteht mitunter
nur aus einem einzigen Raum von etwa 2 bis 3 m
Tiefe, 4 bis 5 m Länge und 1,50 bis 1,80 m Höhe,
so daß man sie nur mit Vorsicht betreten darf, um
nicht mit einem Querbalken des Dachstuhles eine
empfindliche Bekanntschaft zu machen. Nicht selten
begegnet man indessen auch Häusern mit zwei und
mehr Räumen, vor welchen sich manchmal sogar noch
eine von dem überhängenden Dache geschützte Vor-
halle hinzieht. Die Eingänge und Fenster, falls
letztere überhaupt vorhanden, bilden einfach in der
Mauer freigclassene Oeffnungen; nur ausnahms-
weise sind verschließbare Thüren und Fensterläden an-
gebracht. Soweit der Lateritboden reicht, bedienen
sich die Eingeborcnen dieses vortrefflichen Materials
zum Hüttenbau. Die Herstellung von Backsteinen,
welche an der Küste von Eingeborenen bereits in
sabrikmäßigem Umfange betrieben wird, ist den Be-
wohnern des Innern entweder noch nicht bekannt,
oder, was wahrscheinlicher ist, sie scheuen sich der
damit verbundenen Mühe. Holz zur Speisung von
Ziegelöfen würde hinreichend vorhanden sein. Gegen-
wärtig geht daher die Errichtung des Mauerwerkes
noch in überaus primitiver Weise vor sich. Vier in
die Erde gerammte Pfähle werden durch eine Art
Flechtwerk aus biegsamen Stöcken verbunden, auf
dieses die gehörig durchgeknetete Thonerde mit den
Händen von beiden Seiten aufgetragen und fest-
gedrückt, und der Rohbau ist fertig. Man möge
indessen nicht glauben, daß diese Bauart von mangel-
hafter Solidität wäre. Im Gegentheil erlangen die
in der Sonne bald getrockneten, von dem Flechtwerk
gehaltenen Mauern eine solche Festigkeit, daß sie das
überaus schwere Binsendach nicht nur bequem zu
tragen vermögen, sondern auch den klimatischen Ein-
flüssen eine lange Reihe von Jahren zu trotzen im
Stande sind. Einen großen Vorzug haben diese
Häuschen dadurch, daß sie tagsüber einen angenehm
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kühlen Aufenthalt gewähren, da das etwa ½ m
dicke Dach die Wirkung der Sonnenstrahlen voll-
kommen aufhebt. Wir haben dieselben daher mit
Vorliebe als Rastplätze aufgesucht. Während der
Nacht ist dagegen das Zelt ohne Frage vorzuziehen,
da die in dem eingeräumten Gehöfte eng zusammen-
stehenden Hütten den freien Zutritt der frischen
Zugluft behindern.
Am freundlichsten gestaltete sich der Empfang
in dem etwa 1½ Stunden vor der Station Misa-
höhe gelegenen Marktflecken Agome-Palime. Der
Platzhäuptling, der allzeit heitere Gidde-Gidde, war
uns in Gemeinschaft mit dem Stationsvorsteher von
Misahöhe, Lieutenant Plehn, schon eine ansehnliche
Strecke entgegengekommen und konnte kein Ende
finden, seiner Freude darüber Ausdruck zu geben,
daß ich mein ihm in Sebbe seinerzeit gegebenes
Versprechen, ihn zu besuchen, so bald erfüllte. In
Agome-Palime angekommen bot uns Gidde-Gidde
sogleich einen nach unserem langen Marsch doppelt
willkommenen, anßerordentlich erfrischenden Be-
grüßungstrunk in vorzüglichem Palmwein, wie ich
ihn in gleicher Güte während der Reise nicht wieder
gefunden habe. Der dort kredenzte Palmwein ge-
nießt seiner Güte wegen bereits lange einen gewissen
Ruf, und Gidde-Gidde ist nicht wenig stolz darauf.
Der Tag nach meiner Ankunft in Palime galt als
besonderer Festtag und war meiner offiziellen Be-
grüßung durch die Bevölkerung des gesammten
Agomelandes gewidmet. Die Dorfhäuptlinge hatten
sich zu diesem Zwecke schon lange zum Abmarsch
bereit gehalten und harrten nur des Winkes Gidde=
Giddes. So kamen sie denn von nah und fern,
aus allen Himmelsrichtungen, voran die deutsche
Flagge, alsdann der Häuptling mit seinem NRathe,
gefolgt von den Dorfbewohnern beiderlei Geschlechts
und jeden Alters, in schier unabsehbarer Reihe an-
marschirt. Auf dem Marktplat in Palime angelangt,
begann sofort das unvermeidliche „play“, bestehend
aus dem charakteristischen gliederverrenkenden Tanz,
welcher von monotonem, ohrenzerreißßendem Gesang
begleitet wird, zu dem wiederum unaufhörlicher
Trommelschlag den Grundton liefert. Die dazu be-
nutzten Trommeln haben nicht selten eine so erheb-
liche Größe und Schwere, daß ein starker Mann
dieselben auf dem Kopfe tragen muß, während ein
zweiter mit ebenso großer Kunst als bewunderungs-
würdiger Ausdauer die Bearbeitung des Instrumentes
übernimmt. 4
Nachdem der Zuzug der Festtheilnehmer sein
Ende erreicht zu haben schien, befahl ich sämmtliche
anwesenden Häuptlinge zu mir und begann, unter
lautloser Stille der wohl an 2000 Köpfe zählenden
Menge, mit denselben ein feierliches Palawer, welches
ich mit der allseitig mit freudiger Zustimmung auf-
genommenen Ausrufung Gidde-Giddes als Ober-
häuptling des Agomegebictes beschloß. Gidde-Gidde, ein
kluger, der deutschen Sache in überzeugungsvoller Treue
zugethaner Mann in den besten Jahren, war bisher