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strengt, versagen. So hat, als ein Beispiel unter
vielen, ein Ansiedler im Herbst 1895 von 20 Ochsen
auf diesem Wege 17 Stück verloren. Fällt ein
Thier, so muß es hülflos liegen bleiben, da ein Ver-
weilen auch die übrigen Thiere gefährden würde.
Zu Hunderten liegen die Gerippe gefallener Ochsen
an diesem gefürchteten Wege verstreut. Solange
die mit einer englischen Dampferlinie von Kapstadt
kommenden Waaren noch alle in Walfischbai gelandet
wurden, waren die Frachtfahrer gezwungen, dorthin
zu fahren. Erst durch die Einrichtung deutscher
Linien und namentlich durch die von der Kolonial-
gesellschaft erfolgte Stationirung von Krunegern in
Tsoakhaubmund ist dies anders geworden, und ungern
entschließen sich jetzt die Frachtfahrer zu einer Reise
nach der Walfischbai. Nur für die Bastards und
Eingeborenen wird des freien Branntweinhandels
halber auch fernerhin die Bai einen Anziehungs-
punkt bilden.
Dem Vernehmen nach wird von englischer Seite
beabsichtigt, durch eine Bahnanlage die Schwierig=
keiten des Landtransportes zu beseitigen. Nach
Aeußerungen des Magistrats in Walfischbai soll von
der Kapregierung bereits eine Summe von 500 Pfd.
Sterl. für die Vorarbeiten bewilligt worden sein.
Ob es gelingen wird, ein für die Dünen geeignetes
Bahnsystem zu finden, muß dahingestellt bleiben.
Ist nach Obigem Walfischbai gegen Tsoakhaubmund
in Bezug auf die Transportverhältnisse nach dem
Innern im Nachtheil, so steht es ihm hinsichtlich der
Rhede zur Zeit weit voran. Durch eine von Süden
hervortretende nehrungsartige Halbinsel geschützt,
bietet die Bai einen vorzüglichen Ankerplatz für die
größten Schiffe. Die Landung der Güter muß mit
Booten oder Leichtern bewirkt werden, da die Schiffe
mindestens 1000 m vom Strande entfernt bleiben
müssen. Besondere Einrichtungen sind nicht vor-
handen. Die Boote fahren so weit wie möglich auf
den Strand und die Güter werden dann 10 bis
15 Schritte weit aufs Trockene getragen. Oft genug
werden die Waaren durch Ungeschicklichkeit der als
Arbeiter verwendeten Hottentotten naß und verdorben.
Eine Landebrücke, die eine Länge von etwa 75 m
haben müßte, mit Krahn= und Gleisanlagen wäre
hier sehr zweckmäßig und würde wesentlich zur
raschen Abfertigung der Schiffe beitragen.
Eine Gesahr für die Bai bildet die hier herr-
schende starke Sandbewegung. Es ist nicht unmöglich,
daß die Walfischbai das Schicksal von Sandwichhafen
theilen und allmählicher Versandung anheimfallen
wird. Die Wassertiefe der Bucht muß nach festen
Naturgesetzen durch die von der Fluth hineingetra-
genen, von der Ebbe aber nicht vollständig wieder
fortgeführten Sandmengen langsam abnehmen. Der
etzt in die Bucht mündende Kuisipfluß, der früher
einen Lauf in der Sandwichbai endete und deren
Schicksal beschleunigte, wird durch die bei seinem
periodischen Abkommen mitgeführten Sinkstoffmengen
hierzu nicht wenig beitragen.
Die Verflachung bedingt aber die Abnahme der
Spülkraft, die allein das Vorrücken der Spitze der
Landzunge, des sog. Pelikanpoint, verhindern kann,
dazu aber anscheinend schon jetzt nicht mehr ausreicht.
Wann auf diese Weise die Mündung der Bai ge-
schlossen werden kann, ist nicht zu bestimmen. In
Sandwichhafen konnte man noch vor wenigen Jahren
an die Anlage eines Ausfuhrhafens für Fleischkon=
serven denken. Jeht ist die Bucht vollständig ge-
schlossen. So wie dort kann auch in Walfischbai
durch ungünstige Naturereignisse das Ende plötzlich
eintreten, denn die Verhältnisse sind genau dieselben.
Den Vortheil einer gesicherten Rhede hat Wal-
fischbai nicht nur vor Tsoakhaubmund, sondern vor
allen übrigen Punkten der nördlich davon belegenen
Küste vorans. Im Allgemeinen bietet sich hier
dasselbe Küstenbild, wie weiter oben schon beschrieben.
Ausnahmen machen nur die Rockbai und Kap Croß.
Erstere ist eine geräumige Bucht, die durch eine vor-
gelagerte Untiefe indessen nur theilweise geschützt ist.
Die beiden Einfahrten sind direkt gegen die Dünung
gelegen und verstärken vermöge ihrer Trichtergestalt
die Wellenbewegung nicht unerheblich, so daß bei
der geringen Tiefe selbst für kleinere Seeschiffe die
Einfahrt nicht gefahrlos ist. Infolge der von beiden
Seiten eintretenden Dünung machen sich Interferenz-
erscheinungen der Wellen in der Bucht als kabblige
Sce sehr unangenehm bemerkbar. Zeitweise soll da-
durch der Bootsverkehr überhaupt unmöglich werden.
Durch Verbauen einer Einfahrt und Vertiefung der
anderen würde sich vielleicht ein brauchbarer Hasen
schaffen lassen. Die Kosten würden aber mindestens
sich ebenso hoch belaufen wie für eine Anlage in
Tsoakhaubmund, und man hätte dann noch den gänz-
lichen Mangel an Trinkwasser und Futterplätzen in
den Kauf zu nehmen.
Letteres gilt auch für Kap Croß. Die hier
arbeitende Guanokompagnie gewinnt das erforderliche
Trinkwasser durch Destillirapparate, während das
Viehfutter zu Schiff herangebracht wird. Eine ge-
schützte Rhede ist nicht vorhanden, es wird aber die
Brandung durch das Kap ein wenig gemildert.
Einen Vortheil vor Tsoakhaubmund bietet dieser Platz
indessen nicht.
Auf den übrigen Küstenstrecken finden sich ver-
schiedentlich Stellen, an denen die vor dem Strande
liegenden Klippenreihen unterbrochen sind und 50 m
oder darüber breite Rinnen freilassen. Diese Ein-
schnitte, welche alle als Landestellen benutzt werden
könnten, setzen sich zumeist als Thalschluchten in die
Hochebene hinein fort. Die Uebergänge sind jedoch
mit Sand und Gerölle, den Verwitterungsprodukten
des Gesteins, ausgefüllt, so daß ein Zusammenhang
nur vereinzelt ohne Weiteres nachgewiesen werden
kann. Solche Einschnittte sind auch die beiden Lande-
stellen in Tsoakhaubmund, welche den wichtigen Vorzug
haben, daß in ihrer Nähe Wasser und Futter zu
finden ist. Die nach Süden gegen die von Südwest
anlaufende Dünung weit vortretenden Klippenreihen