Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

brechen die Kraft der Wellen, bevor sie das Fahr- 
wasser erreichen. Entsprechend dem Wasserstande 
über den Klippen nimmt die Wellenbewegung in der 
Fahrrinne bei Fluth zu, bei Ebbe ab. Auf den 
äußersten zum Strande parallelen Klippen steht 
häufig eine sehr hohe Brandung, während am Strande 
jelbst meist nur eine Brecherreihe läuft. Nur an 
vier Tagen meines Aufenthalts war die Brandung 
derart, daß ein Durchfahren unmöglich gewesen wäre. 
In den Monaten Juni, Juli und August sollen die 
Verhältnisse freilich anders liegen und Tage mit 
schlechter See häufig sein. Hart an der Küste läuft 
ein nach Norden gerichteter Strom und die Boote 
laufen Gefahr, von demselben auf die Klippe gesetzt 
zu werden, wo sie zerschellen oder von der starken 
Brandung gefaßt werden. Dies soll auch der Grund 
für den Unfall im Juni 1895 gewesen sein, dem 
eine Anzahl Menschenleben zum Opfer fiel. 
Zur Zeit gehen die Tsoakhaubmund anlaufenden 
Seeschiffe auf freier Seerhede, je nach der Witterung 
und sonstigen Verhältnissen, in 400 bis 1000 m 
Entfernung vom Strande zu Anker. Die Güter 
werden in mit Krunegern besetzten Booten an Land 
gebracht. Die dort stationirten deutschen Seeleute 
haben die Fertigkeit zum Durchfahren der Brandung 
nicht erlernen, auch wohl eine gewisse durch den vor- 
jährigen Unglücksfall hervorgerusene Scheu nicht über- 
winden können. An Land wird das Boot mit Hülfe 
der vom Landungsagenten gestellten Hottentotten so 
weit wie möglich auf den Strand gezogen. Nur in 
den seltensten Fällen gelingt es dabei, das Boot 
dauernd mit dem Steven gegen die See zu halten. 
Sobald ein Theil der Ladung gelöscht ist, wird das 
erleichterte Boot von den auf dem Strande auf- 
laufenden Wellen mit großer Gewalt herumgeworfen, 
so daß es mit der Breitseite gegen dic See liegt. 
Hierbei kommt es häufig vor, daß die an der Breit- 
seite brechenden Wellen in das Boot schlagen und 
die Waaren beschädigen. Es ist ohne besondere Vor- 
kehrungen nicht möglich, diese ungünstige Lage des 
Bootes am Strande zu vermeiden, da Jeder, der 
versuchen würde, dasselbe zu halten, in höchster Ge- 
fahr für Leib und Leben schwebt. Beim Entladen 
der Boote müssen die Leute bis an die Kniee und 
tiefer ins Wasser gehen und die oft schweren Stücke 
so an das Land tragen. 
Für die gedeihliche Entwickelung unseres Schutz- 
gebietes erscheint es als unabweisbar nöthig, eine 
Hafenanlage zu schaffen, die auch unter ungünstigen 
Umständen gestattet, Güter jeder Art und Form zu 
landen. Solange nur mit Booten gearbeitet werden 
kann, macht die Landung größerer, schwerer Gegen- 
stände fast unüberwindliche Schwierigkeiten. Zur Zeit 
wäre es unmöglich, in Tsoakhaubmund das Material 
und die Betriebsmittel für eine Eisenbahn zu landen, 
nur weil Leichter nicht verwendet werden können. 
Dieselben sind einmal in der Brandung zu schwer 
zu handhaben und können andererseits für die Zeit, 
in der man sie nicht gebraucht, nirgends sicher unter- 
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gebracht werden. Das Aufschleppen an Land, wle 
es jetzt mit den Booten geschieht, verbietet sich bei 
so schweren Fahrzeugen von selbst. Von einer Hafen- 
anlage müßte also mindestens gefordert werden, 
daß sie die Verwendung von größeren Booten und 
Leichtern mit 50 bis 100 Tons Tragfähigkeit ge- 
stattct. Für die augenblickliche Verkehrslage im 
Schutzgebiete wäre damit genug gethan, nicht aber 
für die Zukunft. Der Mehrkosten wegen, welche 
durch die Umladung in Leichter entstehen, muß es 
als durchaus wünschenswerth bezeichnet werden, daß 
es auch kleineren Segelfahrzeugen und Dampfern bis 
etwa 500 Tons Nauminhalt ermöglicht wird, ihre 
Ladung direkt an einem Pier oder Quai zu löschen, 
während größere Schiffe wenigstens eine geschütte 
Rhede vorsinden. Erst dann wird der Hafen von 
wirklichem Nutzen sein. 
Man kann zwei Arten der Ausführung wählen. 
Erstens eine eiserne Landebrücke, welche, bis durch 
die äußerste Brandung reichend, das Löschen und 
Laden sowie das Aufnehmen der Boote mittelst 
Krahne im brandungsfreien Wasser gestattet, oder 
aber eine geschlossene Mole in Steinbau. Die eiserne 
Brücke würde für den jetzigen Bedarf ausreichend 
sein. Für Leichter von größerer Ladefähigkeit (50 
bis 100 Tons) eignet sich diese Konstruktion indessen 
nicht. Da die Fahrzeuge in der Dünung heftig 
arbeiten, würden sie selbst sowohl als auch die Brücke 
vielfachen Beschädigungen ausgesetzt sein. Dies gilt 
noch mehr für Seeschiffe, dic jedenfalls nicht während 
der Nacht an der Brücke liegen bleiben dürften, da- 
mit sie nicht durch plötzlich aufkommende schwere 
Sce losgerissen und ohne schnelle Hülfe auf die 
Klippen getrieben werden. Auf die Verwendung 
größerer Leichter ist aber schon Gewicht zu legen, 
weil mit deren Hülfe die Zeit, welche die Seeschiffe, 
auf offener Rhede liegend, zum Löschen verwenden 
müssen, erheblich abgekürzt werden kann. Das ist 
besonders für Dampfschiffe von Belang, weil dieselben 
während des Ankerns unter Damof bleiben müssen. 
Der längere Aufenthalt äußert seine Wirkung auf die 
Höhe der Frachtsätze. Einem geschlossenen Steinbau, 
der zugleich als Wellenbrecher dient, und in seiner 
etwaigen späteren Erweiterung auch größeren Schiffen 
eine geschützte Rhede schafft, ist daher schon im All- 
gemeinen der Vorzug zu geben. In Tsoakhaubmund 
kommt nun noch ein Anderes hinzu. Die ganze 
Bildung der Küste mit den weit vorgelagerten Klippen 
läßt darauf schließen, daß wie am Lande so auch bis 
auf eine gewisse Strecke hinaus der Grund der See 
aus Fels besteht, der mehr oder minder hoch mit 
Sand bedeckt ist. Feststellen ließ sich dies zwar an 
Ort und Stelle nicht, weil die für den Bau in Be- 
tracht kommenden flacheren Stellen unzugänglich sind, 
während an den tieferen Stellen derartige Unter- 
suchungen vom Boot aus nicht ausgeführt werden 
konnten. Indessen treten bis auf etwa 200 m vom 
Strande so viele Klippen an die Oberfläche, daß 
dieselben allein hinreichen würden, eine regelmäßig
	        
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