Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

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Der Oranje-Freistaat ist mit einer Einfuhr von 
nahczu 20 Millionen Mark immerhin ein nicht zu 
verachtendes Handelsgebiet, das zu erobern die 
deutsche Industrie trachten sollte, und dürfte es sich 
wohl der Mühe lohnen, wenn die deutschen Pro- 
dugenten noch energischere Anstrengungen machten, 
um mehr deutsche Waaren dort abzusetzen, als bereits 
geschehen. Aber dann muß der deulsche Industrielle 
erst brechen mit allerlei Kleinlichkeiten und Eng- 
berzigkeiten. Es ist nothwendig, daß der deutsche 
Industrielle jährlich drei= oder viermal, ja noch 
besser monatlich, Preislisten — womöglich illustrirt — 
an die Kaufleute des Landes schickt. Diese Preis- 
listen müssen ausführlich, deutlich, hübsch ausgestattet 
und in englischer Sprache verfaßt sein, aber in einem 
Englisch, das man verstehen kann und das nicht, 
wie dies häufig der Fall ist, allein ein mitleidiges 
Lächeln abzwingt. Geld, Sprache, Gewicht und 
Maße sind englisch; deshalb soll der Reflektant seine 
Preise in englisches Geld, sein Gewicht in englisches 
Gewicht umgerechnet in seinen Preislisten dem zu 
gewinnenden Käufer vorlegen. 
Vereinigungen sollten sich bilden und Reisende 
ins Land schicken zum Studium der Verhältnisse und 
Bedürfnisse. Nicht ein fliegender Besuch, sondern 
gründliches Eingehen in die Verhältnisse ist er- 
sorderlich. Wenn möglich, sollten Niederlagen deutscher 
Erzeugnisse errichtct werden. Das kostet Alles aller- 
dings Geld und für heimische Begriffe vielleicht viel 
Geld, aber es wird sich lohnen. Deutsche Geschäfts- 
häuser müssen ein größeres Entgegenkommen zeigen. 
Die Geschäftstreibenden sind im Oranje-Freistaat 
gewöhnt an längere Ziele und größeren Diskont 
gegen Kasse. 
Der deutsche Zwischenhändler muß durch Zu- 
wendung aller ihm gewährten „tradediscounts“ 
an seine Abnehmer das Vertrauen seiner Kunden zu 
gewinnen suchen. Kleinigkeiten halber zerschlägt sich 
manches Geschäft oder werden Geschäftsverbindungen 
wieder gelöst. Man würde sich einer argen Täuschung 
hingeben, wenn man annimmt, daß man es mit ein- 
sachen, uncivilisirten Verhältnissen zu thun hat. Die 
größten Vortheile aber würde der deutsche Handel 
finden, wenn er sich losmachen könnte von britischer 
Vermittelung durch Einführung direkter deutscher 
Schifffahrt nach den kapländischen Häsen. 
Die hauptsächlichsten Artikel der Einfuhr in den 
Jahren 1894 und 1895 waren: 
Ackerbangeräthe, Ale und Bier, Kleidungsstücke, 
Säcke, Lichter, Wagen, Karren 2c., Cement, Käfe, 
Kassee, Zuckerwaaren, eingemachte Früchte 2c., Baum- 
wollenwaaren, Drogen und Arzneien, Dynamit, 
Töpferwaaren, Glaswaaren, Möbel und Kunsttischler= 
waaren, Schieppulver, Patronen, Gewehre 2c., Putz= 
und Strumpfwaaren r2c., Eisenwaaren und Messer- 
schmicdewaaren, Hüte, Eisen in Barren, Platten 2c., 
Wellblech, Juwelierwaaren, einschl. Uhren, Leder und 
Lederwaaren, Schuhe und Stiefel, Leinenwaaren, 
  
Fleisch, gesalzen und anders konservirt, Farben, Eß- 
waaren, nicht besonders genaunt, Reis, Sattler- 
waaren, Scife, Spirituosen, Zucker, Phantasicartikel, 
Schreibmaterialien, Galanteriewaaren, Thee, Ciga- 
retten und anderer fabrizirter Tabak, außer Schnups- 
tabak und Cigarren, Cigarren, Wein, Wollenwaaren, 
Holz, unbcarbeitet oder behauen, außer Teatholz. 
Die Ausfuhr betrug 1 831 266 Pfd. Sterl. 
einschl. der Werthe für Wolle, Mohair, Felle und 
Straußenfedern im Betrage von etwa 200 000 Pfd. 
Sterl., die bei den solgenden Zahlen unberücksichtigt 
geblieben sind. 
Die Ausfuhr nach oder über die Kapkolonie 
betrug 519 987 Pfd. Sterl., wovon 474 112 Pfd. 
Sterl. auf Diamanten entfallen, die Ausfuhr nach 
Basutoland 48 419, die nach Natal 31 000 und dle 
nach Transvaal 931 860 Pfd. Sterl. 
Die Einnahmen des Freistaates aus dem mit 
der Kapkolonie bestehenden Zollverein beirugen für 
das Jahr 1895 113 430 Pfd. Sterl. 
Die Einnahmen der Eisenbahn vom Oranje- 
fluß bis Vaalfluß, wofür die Kapkolonie eine Kon- 
zession hat und der Freistaat die Hälfte des Gewinns 
nach sieben Jahren ausbezahlt bekommt, betrugen 
523 926 Pfd. Sterl. und gaben demnach eine Ver- 
zinsung des Anlagekapitals von 26¾ péCt. gegen 
322 471 Pfd. Sterl. im Jahre 1894, und 202 350 
Pfd. Sterl. im Jahre 1893. Der bis jetzt dem 
Freistaate zukommende Gewinnantheil beläuft sich auf 
602 000 Pfd. Sterl. In der letzten jährlichen 
Sitzung des Volksraads wurde die weitere Aus- 
breitung des Eisenbahnnetzes des Staates an- 
genommen, und zwar sollten folgende Linien zum 
Bau ausgeschrieben werden: 
Bloemfontein—Kimberley. 
Bloemsontein—Ladybrand, Ficksburg, Bethlehem. 
Harrismith —Bethlehem—Kroonstad, anschließend 
anu die bereits bestehende Linie von Süd nach Nord. 
Eine Zweiglinic von Wepener mit Anschluß an die 
Linie Bloemfontein—Ladybrand. Diese Linien be- 
nöthigen ein Bankapital von elwa 3¼ Millionen 
Pfd. Sterl. 
Chinesische Einwanderung in Singapore') 
im Jahre z895. 
Während des Jahres 1895 kamen von China 
nach Singapore 190 901 chinesische Einwanderer 
(worunter 10 391 Frauen und 7708 Kinder) gegen 
189 843 im Jahre 1893. 
Die folgende Nachweisung zeigt die Auswanderung 
der Chinesen männlichen Geschlechts nach Singapore 
und Penang während der letzten zwei Jahre. 
*) Vergl. Deutsches Kolonialblatt 1895, S. 54.
	        
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