Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

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Nachrichten ans den deulschen Schuhgebieten. 
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder theilweise nur mit Quellenangabe gestattet.) 
Drutsch-Dltafrika. 
Ueber einen Marsch von Lindi an den Umbemkurrufluß 
berichtet Kompagnieführer 
29. Juli d. Is. Folgendes: 
Am 9. Juni brach ich mit 20 Trägern und 
20 Soldaten von hier nach Mtschinga auf und traf 
dort nach zweitägigem Marsche ein. Nachdem dort 
einige Schauri erledigt waren, setzte ich die Reise 
über Ruawa, Namgarn nach dem Fluß Kipunga 
fort, sast unnnterbrochen durch wohlbebaute Felder 
marschirend, die eine reiche Ernte versprachen. Die 
Bevölkerung besteht meist aus Wangindos (hier 
Wandonde genannt, weil sie aus Donde stammen 
und, durch Schabruma vertrieben, sich hier ansiedel- 
ten), Wamatschingas und Wamucras, welch letztere 
früher am Mbaramgando wohnten und, durch die 
Einfälle der Angonis (Schabrumas) voertrieben, sich 
über das ganze Hinterland von Lindi zerstreuten. 
Die Wamuêras sind recht eigentlich das Volk der 
Diebe. Ackerbau betreiben sie nur wenig; sie wohnen 
in kleinen elenden Hütten und suchen sich möglichst 
versteckt zu halten. Die jungen Leute werden durch 
„Fundis“ im Stehlen ausgebildect und lernen haupt- 
sächlich, wie sie unter der Hauswand hindurch sich 
ins Haus einschleichen lönnen, um unbemerkt die 
darin befindlichen Gegenstände zu stehlen. Die besten 
Diebe gehen in die Küstenplätze, die weniger ge- 
wandten bleiben auf den Schamben. Die Wamuras 
werden von der übrigen Bevölkerung auf das Tiesste 
gchaßt und verachtet, deswegen leben sie schen und 
zurückgezogen, meiden die bewohnten Plätze und 
haben eine unbezwingliche Furcht vor Europäern und 
Askaris. Wie ich hier gleich vorausschicken will, 
habe ich während der ganzen Rise feststellen können, 
daß in diesem Jahre im Lindibezirk außerordentlich 
viel zu essen ist, namentlich Mtama und Mais. 
Sesam, was mehr zu Handelszwecken angepflanzt 
wird, hat unter der ungewöhnlichen Nässe dieses 
Jahres gelilten, während Bataten, Bohnen und 
Mhogo ausgezeichnet gediehen sind. 
Nach mehrtägigem Aufenthalt am Kipunga mar- 
schirte ich zum Yaohäuptling Said Makanjira, der 
srüher am Nordufer des Umbemkurru wohnte und 
sich jetzt südlich dieses Flusses auf dem Lisongelehügel 
angesiedelt hat. Er besitzt einen bedentenden Einfluß 
auf die umvohnende Bevölkerung und scheint diesen 
im Interesse des Gonvernements geltend zu machen. 
Einige Stunden vom Lisongelehügel liegt der Mkoc- 
see, südlich vom Umbemkurru, und etwa 6 Stunden 
von Kiswere entsernt, während nördlich vom Umbem- 
kurru, landeinwärts, sich weitere zwei Secn befinden, 
der Mtojange und der Nangara, beide jedoch bei 
Weitem nicht die Ausdehnung des Mkoc erreichend. 
Fromm unter dem 
vorerwähnte Nangarasec, erreicht. 
  
Vom Lisongelehügel wurde in Zickzackmärschen der 
letzte bewohnte Punkt am Umbemkurru, nämlich der 
Auch hier überall 
reich bebaute Gegenden mit einer nur spärlichen Be- 
völkerung, meist Wangindos. Der See selbst wimmelt 
von Flußpferden, während anderes Wild nicht ge- 
sehen wurde. Ueberhaupt wurden auf der ganzen 
Reise nur Elefanten, Flußpferde und Zebras an- 
getroffen; die Antilopen und Büffel sollen nach Aus- 
sagen der Eingeborenen im vorigen Jahre an einer 
Seuche massenhaft gefallen sein, der Rest soll sich 
nach Rukundi zurückgezogen haben. Ob dies auf 
Richtigkeit beruht, kann ich nicht feststellen, doch bin 
ich geneigt, das gänzliche Fehlen des Wildes mehr 
dem dichten verfilzten Grase zuzuschreiben, durch 
welches wir uns vom Namgaru aus einen Weg 
bahnen mußten. Auf diese höchst beschwerliche Weise 
marschirten wir sieben Tage, dann beschloß ich, um 
die Leute nicht zu überanstrengen, vom Umbemkurrn 
abzubiegen und südlich auf Iluluberg zu gehen. 
Es ist dies ein hoher, weithin sichtbarer Berg, von 
dessen Gipfel man eine weite Fernsicht hat. Seine 
Thäler sind bewohnt und gut bebaut von Wangindos, 
die unter einem Häuptling, der ebenfalls Makanjira 
heißt, stehen. Von Ilulu führte der Weg wieder 
durch unbewohnte Poris; nach fünf Tagen wurden 
die ersten Schamben angetroffen und am sechsten 
Tage erreichten wir Mayeye, einc weit ausgedehnte 
Landschaft, aus der schroff und unvermittelt hohe 
Berge aufsteigen, die oft die seltsamsten Formen 
zeigen. Die Bevölkerung besteht aus Maluas, einem 
schönen und kräftigen Menschenschlag; sie sind aus 
dem Portugiesischen vor vielen Jahren hier ein- 
gewandert und belkannt wegen ihrer Eigenschaft als 
gute, unerschrockene Jäger. 
Aber hier machte sich zuerst die Furcht vor den 
Wagwangwaras bemerkbar Obwohl die Ebene sehr 
guten Boden zeigt und wasserreich ist, so wohnen 
doch die Makuas alle in den Bergen, die theilweise 
so unzugänglich sind, daß man auf allen Vieren 
hinaufkriechen muß. Dort sind sie vor den gefürch- 
teten Wagwangwaras sicher. Und so führen sic, die 
früher tüchtige Ackerbauer waren, ein elendes Leben, 
jedoch hoffe ich, daß meine Bemühungen, sie zu be- 
wegen, die verödeten Schamben wieder zu bestellen, 
Erfolg haben werden, wenngleich endgültig die Wag- 
wangwarafurcht im Hinterlande nur durch Aulage 
einer Station bei diesem Stamme beseitigt werden 
wird. Von Mayeye ging ich nach der englischen 
Missionsstation Masassi, von dort nach der katho- 
lischen Station Lukuledi und traf am 23. wieder in 
Lindi ein. 
Ich hoffe, daß durch diese Reise die Einwohner, 
die zum großen Theil Weiße noch nicht gesehen
	        
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