Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

aus 5 z trockenen Blätlern und 300 g kochendem 
Wasser bercitete Thecaufguß schmeckt angenehm und 
besitzt ein feines Aroma. 
Nach Planchon wird Faham bei allen Arten 
von Brustkrankheiten, von Bronchitis bis zur Tuber- 
kulose, bei Lungenentzündung, Asthma rc. angewendet. 
In der Mehrzahl der Fälle wirkt er nur als Pallia= 
tivmittel und berührt den Kern der Krankheit nicht. 
Jedoch soll der Fahamthee die Kräfte des Kranken 
heben und die Verdauung befördern, den Husten be- 
schwichtigen, die Beklemmungen und Schmerzen in der 
Brust vermindern und gleichzcitig, wic alle anderen 
warmen Getränke, den Auswurf der Kranken erleichtern. 
Auf Röunnion schreibt man dem Faham außerdem 
die Fähigkeit zu, die Lungenschwindsucht zu heilen. 
Planchon führt diesen Irrthum auf die Thatsache 
zurück, daß der Aufenthalt auf der genannten Jnsel 
auf Schwindsüchtige einen sehr günstigen Einfluß 
ausübt und die Krankheit dort bedeutend seltener 
auftritt als in Frankreich. Dazu kommt, daß der 
Faham auch in Fällen von vorgeschrittener Tuber- 
kulose beruhigende und lindernde Wirkung ausüben 
kann. Nach den von Planchon an zahlreichen 
Kranken angestellten Versuchen kommen dem Faham 
bei seiner Anwendung als Stomachicum, als Stimn-= 
laus, als besänftigendes und schmerzstillendes Mittel 
vor vielen anderen leichter zu beschaffenden Medika- 
menten Vorzüge nicht zu. Faham wirkt bernhigend 
auf das Nervensystem und kann in dieser Hinsicht 
gute Dienste leisten. Vor Allem kann man das 
Mittel bei Schlaflosigkeit und speziell in solchen Fällen 
verwerthen, in denen letztere durch Erregung der 
Gehirnnerven, zu angestrengte und lange Arbeit ver- 
ursacht worden ist. Bisweilen wird man Faham 
vortheilhaft statt Bromkalium oder Chloralhydrat 
geben, besonders wenn es sich um fortgeseten Ge- 
brauch handelt. Bei der im Kaiserlichen Gesund- 
heitsamte vorgenommenen Untersuchung konnte nur 
noch äußerst geringer Kumaringeruch der übersandten 
Blätier wahrgenommen werden, der Geschmack der- 
selben war schwach aromaklisch bikter. Bei einer mit 
dem nur spärlich zu Gebote stehenden Material aus- 
geführten chemischen Untersuchung wurden geringe 
Mengen eines ätherischen Oeles von schwachem Ge- 
ruche und ebensolche Mengen eines Oeles von kuma- 
rinähnlichem Geruche und brennendem Geschmack 
nebst bitteren harzigen Stoffen aufgefunden. Des- 
gleichen wurde der von Hager erwähnte Eisen 
braunsällende Körper (Gerbstoff) nachgewiesen. Wenn 
auch durch die chemische Analyse die Gegemwart der 
einzelnen bekannten Bestandtheilc nicht in der erfor- 
derlichen Schärfe dargethan werden konnte, weil die 
Blätter vielleicht dadurch, daß sie schon zu lange 
ohne genügenden Verschluß aufbewahrk worden waren, 
eine Einbuße erlitten hatten, so reichen die gefundenen 
Resultate doch zur Identifizirung vollkommen aus. 
Als wirksame Bestandtheile der Blätter kommen 
somit das Kumarin, das ätherische Oel, der Gerbstoff 
und der Bitterstoff in Betracht. 
  
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Das Kumarin, zuerst in den Tonkabohnen auf- 
gefunden, wurde später auch in vielen anderen 
Pflanzen nachgewiesen. Es befindet sich besonders 
im Waldmeister, im wohlriechenden Wiesengras, im 
Steinklee 2c. Dieser Stoff ist in der lebenden Pflanze 
nicht präformirt, sondern entsteht erst beim Welken 
oder Zerreiben derselben, ist im Wasser nur zu 
0,2 pECt., leichter im Alkohol und in Oelen löslich. 
Das reine Kumarin bildet harte, farblose Krystalle 
von eigenartigem, angenehmem Geruch, schmeckt ge- 
würzhaft bitter, erzeugt auf der Zunge Brennen und 
ruft vermehrte Speichelsekretion hervor. Nach den 
Untersuchungen H. Köhlers (Medizin. Centralblatt, 
1875, S. 867 und 881) setzt es bei Kalt= und 
Warmblütern die Gehirnsunktionen sowie die Reflex- 
thätigkeit herab, wirkt betäubend, hypnotisch und 
anästhesirend, ähnlich dem Morphin. Es ist in 
großen Gaben giftig und erregt zu 2.5 g und mehr 
beim Menschen Kopfweh, starkes Ekelgefühl, Schwindel. 
Erbrechen, Schlassucht und mehrstündiges Unwohlsein. 
Der nach Maitrank so oft beobachtete anhaltende 
Kopfschmerz beruht gleichfalls auf der die Gehirn= 
thätigkeit herabsetzenden Wirkung des Kumarins. 
Ein Theil der vorgenannten günstigen Einflüsse, 
die durch den Gebrauch des Faham auf den mensch- 
lichen Organismus geübt werden, ist bedingt durch 
die Wirkung des Kumarins. Infolge seiner Wirkung 
auf das Centralnervensystem tritt die oft ersehnte 
Beruhigung und Anästhesie ein. Auch Planchon 
hat mit reinem Kumarin und mit einer anderen 
kumarinhaltigen Orchidee: Accras anthropophora 
dieselben Resultate wie mit Faham erzielt. 
Neben dem Kumarin kommen noch das ätherische 
Oel und die Gerb= und Bitterstoffe in Betracht. 
Die ätherischen Oele erleichtern die Expektoration 
und tragen außerdem zur Hebung des Kräftezustandes 
in der Weise bei, daß sic ähnlich wie die Gerb= und 
Bitterstosse, die Sekretion der Verdauungssäfte ver- 
mehren und nach Art der Gewürze die leichtere 
Aufnahme und Verträglichleit der Nahrungsstoffe 
bewirken. 
Die mit dem Fahamthee gemachten günstigen 
Erfahrungen lassen sich somit auf die Gegenwart der 
genannten Stoffe zurückführen, während es anderer- 
seits auch begreiflich ist, daß man von dessen An- 
ordnung allmählich abgekommen, weil man für die 
Bestandtheile desselben vielsach in anderer Weise 
Ersatz gefunden hat. 
Die Namiefaser und deren Bearbeitung. 
Einem Artikel des „Indian Textile Journal“ 
zufolge hat der Schotte Mr. Me Donald in Dundee 
eine Maschine zur Bearbeitung der Ramiefaser er- 
funden, welche sich durch leichte Handbarkeit, Billig- 
keit und gute Arbeit auszcichnen und in verschiedenen 
Gegenden bereits mit Erfolg benutzt sein soll.
	        
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