Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

In der Nachmittagssitzung begrüßte der zu den 
Sitzungen des Kolonialraths eingetroffene, zum Direk- 
tor der Kolonial-Abtheilung ausersehene Geheime 
Legationsrath Dr. Freiherr v. Richthofen den Ko- 
lonialrath und erbat dessen Unterstützung und Wohl- 
wollen für seine künftige Amtsführung. Hierauf 
wurde mit den Etatsberathungen fortgefahren. Der 
Gouverneur v. Wissmann befürwortete die An- 
schaffung eines größeren Dampfers zu Transport- 
zwecken und zum Tonnenlegen und fand dabei die 
Zustimmung des Kolonialraths. Hinsichtlich des 
Eisenbahnbaues in Ostafrika theilte der Vorsitzende 
mit, daß diese wichtige Angelegenheit noch innerhalb 
der Reichsbehörden erwogen werde. Freiherr 
v. Richthofen erklärte sein Interesse für den Bahn- 
bau in den Kolonien, den er für eine der wichtigsten 
Aufgaben der gegenwärtigen Kolonialpolitik erachte. 
Er habe für den Bau von Eisenbahnen dem Innern 
Afrikas zu, wesentlich mit Hülfe deutschen Geldes, in 
fremdem Lande erfolgreich gewirkt und hoffe, auch im 
Dienste des eigenen Vaterlandes mit gleichem Erfolg 
in gleicher Richtung wirken zu dürfen. 
Es wurde alsdann in die Berathung des Etats 
für Togo und Kamerun eingetreten. In dem ersteren 
Schutzgebiet ist neuerdings der Guttapercha liefernde, 
sehr ergiebige Baum Kicksia africana in großen 
Mengen entdeckt worden, und es wurden daran Hoff- 
nungen auf einen erheblichen Aufschwung des Handels 
geknüpft. Einstimmig befürwortete die Versamm- 
lung die Erhöhung der Gehälter der Landeshaupi- 
leute in Togo und Südwestafrika. 
Die befürwortete Anlage einer Handelsfaktorei 
am Benus erachtete Herr Woermann wegen der zu 
großen Entfernung von der Küste zur Zeit für aus- 
sichtslos. Er wünsche dringend den Bau einer Eisen- 
bahn in Kamerun, um dem Handel ein größeres 
Gebiet zu erschließen. 
Zuletzt wurde in eine allgemeine Besprechung der 
südwestafrikanischen Verhältnisse eingetreten und dabei 
die Nothwendigkeit einer direkten Telegraphenverbin= 
dung mit dem Schutzgebiete hervorgehoben. 
Die Berathungen des Kolonialraths am 20. 
wurden mit einem Antrage Seiner Hoheit des Her- 
zogs Johann Albrecht zu Mecklenburg eröffnet, 
welcher die fernere Unterstützung des Brüsseler Iu- 
stitut colonial bezweckte. Die Versammlung trat 
dem Antrage einstimmig bei und ging alsdann zur 
Berathung des Entwurfs einer Verordnung, betreffend 
die Erfüllung der Wehrpflicht in dem deutsch-füdwest- 
afrikanischen Schutzgebiet, über, an welcher ein Ver- 
treter des Reichs-Marinc-Amts theilnahm. Nach der 
Verabschiedung des Entwurfs wurden Vorschläge zur 
Hebung des Handels in Deutsch-Ostafrika erörtert. 
Es zeigte sich dabei allseitiges Einverständniß darüber, 
daß von dem Bau von Bahnen und Straßen am 
meisten Förderung des Handels und der Volkswirth= 
schaft des Schutzgebiets zu erwarten sei. 
Nach einer Pause schritt der Kolonialrath nach- 
mittags zur Erörterung des vom Reichstag seinerzeit 
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abgelehnten Vertrages mit der Neu-Guinca-Kompagnie. 
Die allgemeine Debatte ergab die einstimmige Ansicht, 
daß der Uebergang der Landeshoheit auf das Reich 
im dringenden Interesse des Schutzgebiets und des 
Reichs liege. Behufs genauerer Erörterung wurde 
die Vorlage einem Ausschuß überwiesen, der aus 
Seiner Hoheit dem Herzog Johann Albrecht zu 
Meckleuburg und den Herren v. Jacobi, Sche- 
ring, Kraetke, Hernsheim und Hespers be- 
steht, und welcher am 21. vormittags zur Berathung 
zusammentrat. 
Die Plenarsitzung des Kolonialraths am 21. Ok- 
tober wurde nachmittags 2 Uhr eröffnct. Der Staats- 
minister v. Hofmann beantragte vor Eintritt in die 
Tagesordnung, daß seitens der Regierung dem Ko- 
lonialrath der Entwurf des Auswanderungsgesetzes 
in seiner jetzigen Form nochmals vorgelegt und ihm 
Gelegenheit gegeben werde, sich erneut über denselben 
zu äußern. Nachdem seitens Seiner Hoheit des 
Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg wiederholt 
die Bedeutung betont worden war, welche der Kolo- 
nialrath der Berücksichtigung seiner Beschlüsse in dieser 
Frage beimesse, wurde der Antrag einstimmig ange- 
nommen. Die Versammlung ging alsdann zu der 
Verathung der Regelung des Erwerbs von Kronland 
in Ostafrika über. Wie der Vorsitzende besonders 
betonte, bestehe zwischen der Kolonialleitung und dem 
ostafrikanischen Gouvernement keinerlei sachlicher Ge- 
gensatz. Beide Theile hätten lediglich das Interesse 
des Schutzgebiets im Auge und wünschten die Ent- 
scheidung über die vorliegenden Schwierigkeiten in 
die Hand dieser sachverständigen Körperschaft zu legen. 
In der lebhaften und eingehenden Erörterung der 
Angelegenheit wurden insbesondere Bedenken gegen 
den Landerwerb durch Beamte sowie gegen die Er- 
schwerung der Eigenthumsübertragung von verschie- 
denen Seiten geltend gemacht. Man erachtete es 
für angezeigt, dem Kaiserlichen Gouverneur möglichste 
Unbeschränktheit in der Vergebung von Land an ge- 
eignete Unternehmer zu lassen. Die Versammlung 
nahm schließlich mehrere Resolutionen an, wonach 
Personen, die im Reichsdienst in den Schutzgebieten 
thätig sind, der Erwerb anderer als zur Wohnung 
benutzter Grundstücke untersagt, der Erwerb von Land 
möglichst erleichtert und von einem Erlaß allgemeiner 
Bestimmungen hierfür abgesehen werden soll. 
Der Kolonialrath berieth bei Beginn seiner Sitzung 
am 22. Oktober vormittags den Bericht des Aus- 
schusses für Vorbildung der Kolonialbeamten. An 
den eingehenden Erörterungen betheiligte sich neben 
einer größeren Anzahl von Mitgliedern des Kolonial- 
raths auch der Kaiserliche Gouverneur v. Wissmann. 
Es wurde besonders betont, wie überaus wichtig die 
jetzt nur in geringem Maße vorhandene Möglichkeit 
weiterer Verwendung der nicht mehr tropendienst- 
sähigen Kolonialbeamten im Reichs= und Staatsdienst 
sei, da ohne eine solche Aussicht es nicht möglich sei, 
dauernd über tüchtige Beamte zu versügen. Gegen- 
wärtig bleibe nichts übrig, als gute Beamte in den
	        
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