Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

besten Jahren in den Ruhestand zu versetzen. Staats- 
sekretär a. D. Herzog warnte außerdem vor weiterer 
Ausgestaltung und auch nur Erhaltung des Rang-, 
Titel= und Uniformwesens in den Schutzgebieten. 
Geheimer Legationsrath Dr. Freiherr v. Richthofen 
erachtete die Erweiterung des Orientalischen Seminars 
zu einer Art von Kolonialschule für wünschenswerth, 
da dann der Leitung der Kolonialverwaltung Ge- 
legenheit geboten werde, unter gut vorgebildeten jun- 
gen Leuten, welche sich dauernd der Thätigkeit in 
den Schußgebieten widmen wollen, die Auswahl 
zu treffen. 
Im weiteren Verlauf der Sitzung, welche nach- 
mittags 2 Uhr nach kurzer Pause fortgesetzt wurde, 
billigte die Versammlung den bisher von der Kolo- 
nialverwaltung befolgten Grundsatz, die Beamten aus 
allen Berufskreisen zu nehmen, wenn nicht eine be- 
sondere Berufsvorbildung erforderlich sei. Sic empfahl 
gleichzeitig, Bewerber, welche sich eine geeignete Vor- 
bildung auf dem Orientalischen Seminar nach seiner 
geplanten Erweiterung angeeignet haben, gegebenen- 
falls in erster Linie zu berücksichtigen. 
talischen Seminar soll allen für den Kolonialdienst 
schon ausersehenen Beamten wie Personen, welche sich 
dafür ausbilden wollen, Gelegenheit gegeben werden, 
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Im Orien- 
die nöthigen allgemeinen, sprachlichen und technischen 
Kenntnisse zu erwerben. Es wurde auch ein Antrag 
Seiner Hoheit des Herzogs Johann Albrecht zu 
Mecklenburg angenommen, welcher Verwendung 
von Kolonialbeamten, die zurücktreten, weil sie das 
Tropenklima nicht mehr vertragen, in heimathlichen 
Ressorts befürwortet. Der Kolonialrath sprach sich 
ferner dahin aus, daß es erwünscht sei, daß Referen- 
daren die Zeit, welche sic etwa in amtlicher Stellung 
in den Schutzgebieten zubringen, für ihre Vorbildung 
angerechnet werde. Es wurde im Anschluß hieran 
von Seiner Hoheit dem Herzog Johann Albrecht zu 
Mecklenburg ein Antrag gestellt, welcher es als er- 
strebenswerthes Ziel bezeichnete, daß in Schulen 
innerhalb der deutschen Schutzgebiete, falls außer der 
Sprache der Eingeborenen noch das Lehren einer 
europäischen Sprache beabsichtigt werde, auch der 
Unterricht im Deutschen verlangt werden solle. Die 
Berathung, in welcher von Seiten der Vertreter der 
Missionen verschiedene Bedenken geltend gemacht 
wurden, mußte schließlich wegen vorgerückter Zeit 
vertagt werden. 
Bei der Wiedereröffnung der Sißung des Kolo- 
nialraths am Vormittag des 23. einigte sich die 
Versammlung auf die Annahme des von dem Herzog 
Johann Albrecht modifizirten Antrags in folgender 
Form: Der Kolonialrath empfiehlt der Regierung, 
unter Berücksichtigung der in Betracht kommenden 
Verhältnisse darauf hinzuwirken, daß, wenn in den 
Schulen neben der Sprache der Eingeborenen noch 
eine europäische Sprache gelehrt wird, die deutsche 
in den Lehrplan aufgenommen werde. 
  
Alsdann berichtete Rechtsanwalt Dr. Scharlach 
über die Ergebnisse der Berathungen des für die 
Neu-Guinea-Angelegenheit niedergesetzten Ausschusses. 
Danach würde es dem Interesse des Reichs entsprechen, 
die Landeshoheit im Schutzgebiete der Neu-Guinea- 
Kompagnie unter Abfindung der letzteren auf das 
Reich zu übernehmen. Nach einer längeren Erörte- 
rung der Vorschläge des Ausschusses trat die Ver- 
sammlung ihnen mit einigen redaktionellen Abände- 
rungen bei. 
Am Nachmittag erklärte der Vorsitzende auf eine 
Anfrage die Preßnachrichten über neue Etatsforde- 
rungen aus Anlaß eines angeblich gegen die Wahrhe 
stattgehabten Zuges für erfunden. Die Versammlung 
trat alsdann in die Berathung der ihr vorgelegten 
Denkschrift über die in Deutsch-Südwestafrika thätigen 
Gesellschaften ein. Mit besonderer Berücksichtigung 
der Frage der Zweckmäßigkeit der Zulassung englischer 
Gesellschaften im Schutzgebiete schilderte Rechtsanwalt 
Dr. Scharlach eingehend die Entstehung, das durch- 
aus korrekte Verhalten und die Thätigkeit der South 
Westafricu Company. Er hob insbesondere hervor, 
daß in der fraglichen Zeit für eine deutsche Gesell- 
schaft weder in Deutschland noch anderswo Geld zu 
haben war, während die von ihm nachher gegründete 
englische Gesellschaft lebhafte Betheiligung in Deutsch- 
land gefunden habe. Der Vorsitzende bestätigte diese 
Ausführungen und erklärte unter Hinweis auf seine 
früheren Mittheilungen im Reichstag, daß die Gesell- 
schaft jederzeit ihre Verpflichtungen streng erfüllt 
und sich in jeder Weise der Regierung entgegen- 
kommend verhalten habe. Er beklage auch, daß sich 
in Deutschland kein Kapital für Deutsch-Südwestafrika 
gefunden habe; doch habe die Regierung bisher keinen 
Anlaß gehabt, über die Thätigkeit der South West- 
africa Company irgend welche Klage zu führen. Der 
Vorsitzende knüpfte daran eine Reihe von Mitthei- 
lungen über die Entstehung und Wirksamkeit des 
Karaskhoma-Syndikats und der South African 
Territories Company. Staatsminister v. Hofmann 
wies darauf hin, daß die Konzession des Karaskhoma- 
Syndikats vom Kolonialrath seinerzeit genehmigt 
worden sei, und daß sie sowieso verfalle, wenn die 
Gesellschaft nicht binnen einer gewissen Frist die ihr 
obliegenden Eisenbahnbauten in Angriff nehme. Die 
Versammlung empfahl schließlich der Regierung bal- 
dige Ausführung einer Landungsstelle am Tsoakhaub 
und Herstellung von Telegraphenlinien im Schutz- 
gebiet. Außerdem bezeichnete sie es als erwünscht, 
vor der endgültigen Einführung von Zöllen in 
Deutsch-Südwestafrika darüber gehört zu werden. 
Der Kolonialrath wurde alsdann bis auf Weiteres 
vertagt, nachdem Seine Hoheit der Herzog Johann 
Albrecht zu Mecklenburg dem Vorsitzenden noch den 
Dank der Versammlung für seine Leitung der Be- 
rathungen ausgesprochen hatte.
	        
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