besten Jahren in den Ruhestand zu versetzen. Staats-
sekretär a. D. Herzog warnte außerdem vor weiterer
Ausgestaltung und auch nur Erhaltung des Rang-,
Titel= und Uniformwesens in den Schutzgebieten.
Geheimer Legationsrath Dr. Freiherr v. Richthofen
erachtete die Erweiterung des Orientalischen Seminars
zu einer Art von Kolonialschule für wünschenswerth,
da dann der Leitung der Kolonialverwaltung Ge-
legenheit geboten werde, unter gut vorgebildeten jun-
gen Leuten, welche sich dauernd der Thätigkeit in
den Schußgebieten widmen wollen, die Auswahl
zu treffen.
Im weiteren Verlauf der Sitzung, welche nach-
mittags 2 Uhr nach kurzer Pause fortgesetzt wurde,
billigte die Versammlung den bisher von der Kolo-
nialverwaltung befolgten Grundsatz, die Beamten aus
allen Berufskreisen zu nehmen, wenn nicht eine be-
sondere Berufsvorbildung erforderlich sei. Sic empfahl
gleichzeitig, Bewerber, welche sich eine geeignete Vor-
bildung auf dem Orientalischen Seminar nach seiner
geplanten Erweiterung angeeignet haben, gegebenen-
falls in erster Linie zu berücksichtigen.
talischen Seminar soll allen für den Kolonialdienst
schon ausersehenen Beamten wie Personen, welche sich
dafür ausbilden wollen, Gelegenheit gegeben werden,
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Im Orien-
die nöthigen allgemeinen, sprachlichen und technischen
Kenntnisse zu erwerben. Es wurde auch ein Antrag
Seiner Hoheit des Herzogs Johann Albrecht zu
Mecklenburg angenommen, welcher Verwendung
von Kolonialbeamten, die zurücktreten, weil sie das
Tropenklima nicht mehr vertragen, in heimathlichen
Ressorts befürwortet. Der Kolonialrath sprach sich
ferner dahin aus, daß es erwünscht sei, daß Referen-
daren die Zeit, welche sic etwa in amtlicher Stellung
in den Schutzgebieten zubringen, für ihre Vorbildung
angerechnet werde. Es wurde im Anschluß hieran
von Seiner Hoheit dem Herzog Johann Albrecht zu
Mecklenburg ein Antrag gestellt, welcher es als er-
strebenswerthes Ziel bezeichnete, daß in Schulen
innerhalb der deutschen Schutzgebiete, falls außer der
Sprache der Eingeborenen noch das Lehren einer
europäischen Sprache beabsichtigt werde, auch der
Unterricht im Deutschen verlangt werden solle. Die
Berathung, in welcher von Seiten der Vertreter der
Missionen verschiedene Bedenken geltend gemacht
wurden, mußte schließlich wegen vorgerückter Zeit
vertagt werden.
Bei der Wiedereröffnung der Sißung des Kolo-
nialraths am Vormittag des 23. einigte sich die
Versammlung auf die Annahme des von dem Herzog
Johann Albrecht modifizirten Antrags in folgender
Form: Der Kolonialrath empfiehlt der Regierung,
unter Berücksichtigung der in Betracht kommenden
Verhältnisse darauf hinzuwirken, daß, wenn in den
Schulen neben der Sprache der Eingeborenen noch
eine europäische Sprache gelehrt wird, die deutsche
in den Lehrplan aufgenommen werde.
Alsdann berichtete Rechtsanwalt Dr. Scharlach
über die Ergebnisse der Berathungen des für die
Neu-Guinea-Angelegenheit niedergesetzten Ausschusses.
Danach würde es dem Interesse des Reichs entsprechen,
die Landeshoheit im Schutzgebiete der Neu-Guinea-
Kompagnie unter Abfindung der letzteren auf das
Reich zu übernehmen. Nach einer längeren Erörte-
rung der Vorschläge des Ausschusses trat die Ver-
sammlung ihnen mit einigen redaktionellen Abände-
rungen bei.
Am Nachmittag erklärte der Vorsitzende auf eine
Anfrage die Preßnachrichten über neue Etatsforde-
rungen aus Anlaß eines angeblich gegen die Wahrhe
stattgehabten Zuges für erfunden. Die Versammlung
trat alsdann in die Berathung der ihr vorgelegten
Denkschrift über die in Deutsch-Südwestafrika thätigen
Gesellschaften ein. Mit besonderer Berücksichtigung
der Frage der Zweckmäßigkeit der Zulassung englischer
Gesellschaften im Schutzgebiete schilderte Rechtsanwalt
Dr. Scharlach eingehend die Entstehung, das durch-
aus korrekte Verhalten und die Thätigkeit der South
Westafricu Company. Er hob insbesondere hervor,
daß in der fraglichen Zeit für eine deutsche Gesell-
schaft weder in Deutschland noch anderswo Geld zu
haben war, während die von ihm nachher gegründete
englische Gesellschaft lebhafte Betheiligung in Deutsch-
land gefunden habe. Der Vorsitzende bestätigte diese
Ausführungen und erklärte unter Hinweis auf seine
früheren Mittheilungen im Reichstag, daß die Gesell-
schaft jederzeit ihre Verpflichtungen streng erfüllt
und sich in jeder Weise der Regierung entgegen-
kommend verhalten habe. Er beklage auch, daß sich
in Deutschland kein Kapital für Deutsch-Südwestafrika
gefunden habe; doch habe die Regierung bisher keinen
Anlaß gehabt, über die Thätigkeit der South West-
africa Company irgend welche Klage zu führen. Der
Vorsitzende knüpfte daran eine Reihe von Mitthei-
lungen über die Entstehung und Wirksamkeit des
Karaskhoma-Syndikats und der South African
Territories Company. Staatsminister v. Hofmann
wies darauf hin, daß die Konzession des Karaskhoma-
Syndikats vom Kolonialrath seinerzeit genehmigt
worden sei, und daß sie sowieso verfalle, wenn die
Gesellschaft nicht binnen einer gewissen Frist die ihr
obliegenden Eisenbahnbauten in Angriff nehme. Die
Versammlung empfahl schließlich der Regierung bal-
dige Ausführung einer Landungsstelle am Tsoakhaub
und Herstellung von Telegraphenlinien im Schutz-
gebiet. Außerdem bezeichnete sie es als erwünscht,
vor der endgültigen Einführung von Zöllen in
Deutsch-Südwestafrika darüber gehört zu werden.
Der Kolonialrath wurde alsdann bis auf Weiteres
vertagt, nachdem Seine Hoheit der Herzog Johann
Albrecht zu Mecklenburg dem Vorsitzenden noch den
Dank der Versammlung für seine Leitung der Be-
rathungen ausgesprochen hatte.