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die für die Eingeborenen nicht einfahrbar sind. Der
tiefste ist ein Trichter in Bugabu: oben auf dem
kahlen Plateau sieht man plötzlich im Grase ein kreis-
rundes Loch von Gm Durchmesser; senkrecht stürzen
die glatten Quarzitwände 40 m in die Tiefe; unten
gehen verschiedene Röhren thalwärts. Diese Höhle
dient speziell dazu, schweren Verbrechern ein grauen=
volles Ende zu bereiten: man bindet ihnen Arme
und Beine und stürzt sie hinein.
Die größte Höhle ist die bei Nianga innerhalb
einer malerisch schönen Urwaldparzelle mit westafri-
kanischer Flora gelegen: durch ein großes Felsenthor,
dessen Decke — vulkanischer Tuff — durch die
Wurzeln eines Urwaldriesen durchbrochen ist, steigt
man allmählich hinab, bis sich zwei Röhren abzweigen,
die eine kann bequem 400 Menschen, die andere
60 Ochsen beherbergen. Die Decken der Röhren
sind durch Sickerwasser gespalten, an den Spalten
sieht man lappenartige Anhänge wie Tropfstein.
Der Grund ist eingeschwemmte nasse Erde mit fließen-
dem Wasser und es ist daher bewundernswerth, wie
sich Menschen ohne Schädigung ihrer Gesundheit hier
lange aufhalten können. Die Höhlen, welche, wie
gesagt, nur in den Landschaften Kjamtnara und Bu-
gabu sich vorfinden, sind oben auf dem Plateau, an
den Abhängen und unten; die kreisrunden Trichter
und Röhren kann ich mir nur so erklären, daß sie
den Weg vulkanischer, flüssiger Masse darstellten und
früher gefüllt waren; dafür spräche auch die Decke
vulkanischer Tuffe, die über dem ganzen Lande aus-
gebreitet ist. Ueber den geologischen Aufbau des
Plateaus werde ich später detaillirt berichten.
Besuch des englischen Admirals Rawson
in Dar-es-Salm.
Die „Sansibar-Gazette“ veröffentlicht unter dem
30. September d. Is. folgenden Bericht über einen
Besuch des englischen Admirals Rawson in Dar-
es-Saläm:
„Dienstag Morgen um 6 Uhr verließ das Flagg=
schiff den Hafen von Sansibar mit Bestimmung nach
Dar-es = Saläm, woselbst der Admiral dem stell-
vertretenden Gouverneur, v. Bennigsen, elnen
Besuch abstatten wollte. Basil S. Cave, der ver-
vertretende diplomatische Agent und Generalkonsul in
Sansibar, Brigadegeneral Raikes und Archdeakon
Farler waren zu dieser Gelegenheit als Gäste des
Admiralsan Bord. Mit etwa 10 Meilen Fahrt erreichte
das Flaggschiff kurz vor 10 Uhr den Außenhafen
von Dar-zes-Saläm, wo der „Racoon“, der Sansibar
am vorhergehenden Tage verlassen hatte, bereits
ankerte; beim Ankerfallen wurde ein Salut von
21 Schuß abgegeben, während das Musilkorps
muntere Weisen spielte. Der Admiral begab sich
mit Kapitän Egerton und den Offizieren seines
Stabes, ferner mit Frau und Fräulein Rawson
und den Gästen an Bord des „Racoon“, welcher
sofort Anker aufging und in den inneren Hafen
einlief. Als das Schiff die Landzunge, auf welcher
das Gouvernementshaus und die dazu gehörigen
Gebäude gelegen sind, umlief, kam die Stadt voll
in Sicht. Im Hafen lag S. M. S. „Seeadler“ zu
Anker, außerdem noch eine zahlreiche deutsche Segel-
schiffflotte. Das Fort an Land gab dann seinen
Salut, während man die Boote von der Landungs-
brücke des Gouvernements, sowie vom „Seeadler“,
ankommen sah, Letzteres brachte den beliebten Kapitän,
der den Admiral bewillkommnete.
Alle begaben sich alsdann an Land, um das
Frühstück, zu welchem in der liebenswürdigsten Weise
Einladungen ergangen waren, einzunehmen; und
nachdem der Admiral dem stellvertretenden Gou-
verneur in seinem Hause einen Besuch abgestattet
hatte, begab er sich mit demselben in das Kasino,
wo für das Frühstück Vorbereitungen getroffen waren.
Die Ausschmückung des Kasinos bot einen pracht-
vollen Anblick. Die Mahlzeit war vortrefflich und
wurde ihr nach der Wirkung einer dreistündigen
schnellen Seefahrt gegen die frische Morgenbrise volle
Gerechtigkeit erwiesen.
Beim Champagner, der reichlich floß, kamen
die Toaste. Der stellvertretende Gouverneur,
v. Bennigsen, begann mit einer Rede zur Bewill-
kommnung des Admirals und Ihrer Majestät Ver-
treter in Dar-es-Saläm und wies auf die herzlichen
Verhältnisse und engen Beziehungen hin, welche ein
inniges Band um England und Deutschland schlingen,
indem er damit schloß, alle Anwesenden aufzufordern,
auf das Herzlichste die Gesundheit der Großmutter
des Kaisers, Königin Victoria, zu trinken. Drei
kräftige Hochs bestärkten dies, und rings um die
Tafel wurden Glückwünsche ausgetauscht.
Darauf erhob sich der Admiral und dankte zu-
nächst dem stellvertretenden Gouverneur für die eben
ausgesprochenen freundlichen Wünsche, kam dann auf
seine ersten Tage zur See zurück, als seine freund-
schaftlichen Gefühle durch die beiden ersten deutschen
Kriegsschiffe, welche er in den japanischen Gewässern
getroffen, geweckt worden waren, von welcher Zeit
er eine fortdauernde Freundschaft mit der deutschen
Marine unterhalten habe, die bis zum heutigen
Tage währe. Darauf kam der Admiral auf Seine
Majestät den deutschen Kaiser selbst zu sprechen, den
er die große Ehre habe, persönlich zu kennen, und
gab seiner vollen Bewunderung Ausdruck über die
Vielseitigkeit seines Charakters, „ein Soldat unter den
Soldaten“. Ueber Marineangelegenheiten spreche Er
mit der eingehendsten Kenntniß der Grundsätze und
des Details, und bei anderen Lebensberufen bean-
spruche ein Jeder, der ihn kenne, ihn speziell als
seinen Berufsgcnossen.
Er (der Redner) betrachte Seine Majestät als
den hervorragendsten Mann in Europa, der einer