Dämmerlicht, jedoch /1 Stunde später, als ich beab-
sichtigt hatte, rückte ich im Eilmarsch durch das gut
flankirte, aber unbesetzte offene Thor in das Sultans-
dorf ein. In diesem Augenblick erst wurde ich be-
merkt und durch den langgedehnten wiehernden
Wasibakriegsruf, der von allen Seiten widerhallte,
angemeldet. Vor dem Einmarsch hatte ich aus meiner
kleinen Macht eine Kompagniekolomne zu drei Zügen
gebildet, ich führte den vordersten Zug, da ich mit
der Gegend vertraut war, der Arzt folgte mit dem
Gros auf etwa 60 Schritt; fünf Schritt vor meiner
Front gingen drei Mann mit fertigem Gewehr, um
auf Angreifer sofort zu schießen. Auf dem breiten
Wege konnte ich die Zugfront beibehalten. Von allen
Seiten strömten durch den bewohnten Bananenhain
Krieger der Sultansboma zu: ich gab kein Feuer,
beschleunigte aber den Schritt. Den Weg vom Thor
zur Sultansboma von etwa sechs Minuten legte ich
in drei Minuten zurück. Anhaltenden Lausschritt
vermied ich, um die Treffsicherheit der Askaris bei
etwaigem Gefecht nicht zu beinträchtigen. Vor dem
Thore der Boma standen etwa 100 Krieger, und
große Mengen strömten aus dem Bananenhain, be-
sonders von links, heran, die meisten mit Speeren
bewaffnet. Ich hoffte, daß die Krieger meinem An-
marsch weichen würden. Das geschah jedoch nicht.
Die Nähe wurde mir bedenklich, als ich von den
Kriegern am Thor noch gegen 30 Schritt, von den
nächsten in der Flankec 15 Schritt entfernt war. Ich
machte Halt, um die Krieger zur schleunigen Räu-
mung des Platzes aufzufordern. Doch in diesem
Moment erhielt ich Feuer aus dem Bananenhain
links, das sofort von meiner Spitze erwidert wurde.
Ich eröffnete nun sofort Schnellsener nach vorn und
links, während ich einige Leute herausnahm, die nach
rechts durch den Holzzaun feuern mußten. Der Arzt
griff sehr sachgemäß und geschickt in das Gefecht ein,
indem er sofort zur linken Flanke aufmarschirte und
Feuer auf die von links heranströmenden Krieger
gab, während er seinen Rücken durch einige an den
Zaun gesandte Schützen deckte. Seinem schnellen
Eingriff ist es wohl zu danken, daß wir keine Ver-
luste hatten! Der Nebel, die Bananen und die hohen
Zäune drückten den Pulverqualm derart nieder, daß
nach den ersten Schüssen der Feind vollkommen
unseren Blicken entzogen war. Ich bemerkte jedoch,
daß er allenthalben floh, nachdem die Leute, die
gegen meine Flanke anliesen, im Feuer zusammen-
gebrochen waren. Ich slellte nun das Feuer sofort
ein. Der erste Zug hatte zwei bis drei, das Gros
ein bis zwei Patronen pro Mann verfeuert. Ich
sah fünf todte Krieger, die im Anlauf gefallen sein
mußten. Fünf bis zwanzig Schritt entfernt von meinem
linken Flügel, neben einem Mannc, lag ein abge-
feuertes Gewehr. Vor der Front war Niemand
gefallen.
Ich drang nun im Lausschritt durch das frei-
gewordene Thor und ließ meinen Zug ausgeschwärmt
durch die Sultanshöse gehen, wo ich noch einige
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Schützen vertrieb, die hinter den Häusern und Zäunen
saßen; das Gros folgte geschlossen, um einen mög-
lichen Angriff abzuwehren. Doch bald war der
ganze Ort vom Feinde verlassen. Ein großer Haufen
von Menschen flüchtete in das sumpfige Pori und
verschwand dort im Nebel. Eine Verfolgung hielt
ich für zwecklos, da der Feind schneller laufen konnte
als wir. Wie ich später erfuhr, war der Sultan,
von vier Männern fortgeschleist, nur mit knapper
Noth entkommen. Eine Untersuchung der Boma
brachte außer zwei Hinter= und zwei Vorderladern,
einigen Faß Pulver und den schönen Milchkühen
des Sultans nichts von Werth; doch fielen alle Ab-
zeichen seiner Würde, wie Kronc, Scepter, Sultans-
beinschmuck, alle Trommeln, alles Hausgeräth u. s. w.,
in unsere Hände. Da ich nur sieben Träger bei mir
hatte, die das erbeutete Vieh treiben mußten, wan-
derten die meisten Sachen ins Feuer. Ich ließ nur
das Wohn-, Empfangs= und Wachthaus des Sultans
niederbrennen. Alle anderen Gebäude schonte ich.
Ich trat den Rückmarsch in der Ordnung an,
wie ich gekommen war. Das Vieh marschirte zwischen
Spitze und Gros. Ich sicherte mich aber durch
Seitenpatronillen. Im Dorf fand ich keinen Wider-
stand. Um 6¼ Uhr marschirte ich zum Thor hin-
aus; doch jetzt kam die eigentliche Schwierigkeit, denn
der Weg führte fast ½ Stunde in größter Nähe
längs des Umfassungswalles bezw. der undurchdring-
lichen Hecke der Schamba. Auf der rechten Seite
boten mächtige Felsblöcke dem Feinde vorzigliche
Schlupfwinkel. Einen anderen Weg konnte ich wegen
des unwirthlichen Geländes nicht einschlagen. Ich
sandte daher die Seitenpatrouillen vor, die auch bald
zu beiden Seiten größere Mengen von Kriegern ent-
deckten und vertrieben. Durch häufiges Rufen wurde
die Verbindung erhalten.
Die Plänkeleien wurden vier Stunden hindurch
gegen mich fortgeführt, bis ich das unbewohnte Land
erreichte. Der Nebel begünstigte hierbei den Feind.
An einzelnen Orten, besonders in der großen Schamba
des Prinzen Ruvangirana, war die Aufklärung recht
schwierig. Die Soldaten zeigten dabei den größten
Munth, viel Geschick und bewundernswerthe Ausdauer.
Besonders loben muß ich die Patronillenführer Om-
bascha Bandatscharo und Matambo, die Askaris Kipalla
und Mirambo. Alle den Weg umgrenzenden Höhen
waren von feindlichen Schützen besetzt, die hinter
Felsblöcken verborgen lagen. Die nahen Höhen ließ
ich rechtzeitig säubern, zweimal durch einen ganzen
Schützenzug. Auf den entfernten Höhen störte ich
das kindliche Vergnügen des Feindes nicht. Beson-
ders liebte es der Feind, auf die Quenc zu schießen,
weil er hierbei der Verfolgung am wenigsten aus-
gesetzt war. Ich hatte jedoch weder Verluste an
Menschen noch Vieh.
Die Anstrengungen waren sehr groß; wir sind
ohne Ruhe 13 Stunden im Marsch und Gefecht ge-
wesen. Mein Lager fand ich unversehrt. Mutatembwa
sandte noch an demselben Abend einen Sohn zu mir,