Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

Dämmerlicht, jedoch /1 Stunde später, als ich beab- 
sichtigt hatte, rückte ich im Eilmarsch durch das gut 
flankirte, aber unbesetzte offene Thor in das Sultans- 
dorf ein. In diesem Augenblick erst wurde ich be- 
merkt und durch den langgedehnten wiehernden 
Wasibakriegsruf, der von allen Seiten widerhallte, 
angemeldet. Vor dem Einmarsch hatte ich aus meiner 
kleinen Macht eine Kompagniekolomne zu drei Zügen 
gebildet, ich führte den vordersten Zug, da ich mit 
der Gegend vertraut war, der Arzt folgte mit dem 
Gros auf etwa 60 Schritt; fünf Schritt vor meiner 
Front gingen drei Mann mit fertigem Gewehr, um 
auf Angreifer sofort zu schießen. Auf dem breiten 
Wege konnte ich die Zugfront beibehalten. Von allen 
Seiten strömten durch den bewohnten Bananenhain 
Krieger der Sultansboma zu: ich gab kein Feuer, 
beschleunigte aber den Schritt. Den Weg vom Thor 
zur Sultansboma von etwa sechs Minuten legte ich 
in drei Minuten zurück. Anhaltenden Lausschritt 
vermied ich, um die Treffsicherheit der Askaris bei 
etwaigem Gefecht nicht zu beinträchtigen. Vor dem 
Thore der Boma standen etwa 100 Krieger, und 
große Mengen strömten aus dem Bananenhain, be- 
sonders von links, heran, die meisten mit Speeren 
bewaffnet. Ich hoffte, daß die Krieger meinem An- 
marsch weichen würden. Das geschah jedoch nicht. 
Die Nähe wurde mir bedenklich, als ich von den 
Kriegern am Thor noch gegen 30 Schritt, von den 
nächsten in der Flankec 15 Schritt entfernt war. Ich 
machte Halt, um die Krieger zur schleunigen Räu- 
mung des Platzes aufzufordern. Doch in diesem 
Moment erhielt ich Feuer aus dem Bananenhain 
links, das sofort von meiner Spitze erwidert wurde. 
Ich eröffnete nun sofort Schnellsener nach vorn und 
links, während ich einige Leute herausnahm, die nach 
rechts durch den Holzzaun feuern mußten. Der Arzt 
griff sehr sachgemäß und geschickt in das Gefecht ein, 
indem er sofort zur linken Flanke aufmarschirte und 
Feuer auf die von links heranströmenden Krieger 
gab, während er seinen Rücken durch einige an den 
Zaun gesandte Schützen deckte. Seinem schnellen 
Eingriff ist es wohl zu danken, daß wir keine Ver- 
luste hatten! Der Nebel, die Bananen und die hohen 
Zäune drückten den Pulverqualm derart nieder, daß 
nach den ersten Schüssen der Feind vollkommen 
unseren Blicken entzogen war. Ich bemerkte jedoch, 
daß er allenthalben floh, nachdem die Leute, die 
gegen meine Flanke anliesen, im Feuer zusammen- 
gebrochen waren. Ich slellte nun das Feuer sofort 
ein. Der erste Zug hatte zwei bis drei, das Gros 
ein bis zwei Patronen pro Mann verfeuert. Ich 
sah fünf todte Krieger, die im Anlauf gefallen sein 
mußten. Fünf bis zwanzig Schritt entfernt von meinem 
linken Flügel, neben einem Mannc, lag ein abge- 
feuertes Gewehr. Vor der Front war Niemand 
gefallen. 
Ich drang nun im Lausschritt durch das frei- 
gewordene Thor und ließ meinen Zug ausgeschwärmt 
durch die Sultanshöse gehen, wo ich noch einige 
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Schützen vertrieb, die hinter den Häusern und Zäunen 
saßen; das Gros folgte geschlossen, um einen mög- 
lichen Angriff abzuwehren. Doch bald war der 
ganze Ort vom Feinde verlassen. Ein großer Haufen 
von Menschen flüchtete in das sumpfige Pori und 
verschwand dort im Nebel. Eine Verfolgung hielt 
ich für zwecklos, da der Feind schneller laufen konnte 
als wir. Wie ich später erfuhr, war der Sultan, 
von vier Männern fortgeschleist, nur mit knapper 
Noth entkommen. Eine Untersuchung der Boma 
brachte außer zwei Hinter= und zwei Vorderladern, 
einigen Faß Pulver und den schönen Milchkühen 
des Sultans nichts von Werth; doch fielen alle Ab- 
zeichen seiner Würde, wie Kronc, Scepter, Sultans- 
beinschmuck, alle Trommeln, alles Hausgeräth u. s. w., 
in unsere Hände. Da ich nur sieben Träger bei mir 
hatte, die das erbeutete Vieh treiben mußten, wan- 
derten die meisten Sachen ins Feuer. Ich ließ nur 
das Wohn-, Empfangs= und Wachthaus des Sultans 
niederbrennen. Alle anderen Gebäude schonte ich. 
Ich trat den Rückmarsch in der Ordnung an, 
wie ich gekommen war. Das Vieh marschirte zwischen 
Spitze und Gros. Ich sicherte mich aber durch 
Seitenpatronillen. Im Dorf fand ich keinen Wider- 
stand. Um 6¼ Uhr marschirte ich zum Thor hin- 
aus; doch jetzt kam die eigentliche Schwierigkeit, denn 
der Weg führte fast ½ Stunde in größter Nähe 
längs des Umfassungswalles bezw. der undurchdring- 
lichen Hecke der Schamba. Auf der rechten Seite 
boten mächtige Felsblöcke dem Feinde vorzigliche 
Schlupfwinkel. Einen anderen Weg konnte ich wegen 
des unwirthlichen Geländes nicht einschlagen. Ich 
sandte daher die Seitenpatrouillen vor, die auch bald 
zu beiden Seiten größere Mengen von Kriegern ent- 
deckten und vertrieben. Durch häufiges Rufen wurde 
die Verbindung erhalten. 
Die Plänkeleien wurden vier Stunden hindurch 
gegen mich fortgeführt, bis ich das unbewohnte Land 
erreichte. Der Nebel begünstigte hierbei den Feind. 
An einzelnen Orten, besonders in der großen Schamba 
des Prinzen Ruvangirana, war die Aufklärung recht 
schwierig. Die Soldaten zeigten dabei den größten 
Munth, viel Geschick und bewundernswerthe Ausdauer. 
Besonders loben muß ich die Patronillenführer Om- 
bascha Bandatscharo und Matambo, die Askaris Kipalla 
und Mirambo. Alle den Weg umgrenzenden Höhen 
waren von feindlichen Schützen besetzt, die hinter 
Felsblöcken verborgen lagen. Die nahen Höhen ließ 
ich rechtzeitig säubern, zweimal durch einen ganzen 
Schützenzug. Auf den entfernten Höhen störte ich 
das kindliche Vergnügen des Feindes nicht. Beson- 
ders liebte es der Feind, auf die Quenc zu schießen, 
weil er hierbei der Verfolgung am wenigsten aus- 
gesetzt war. Ich hatte jedoch weder Verluste an 
Menschen noch Vieh. 
Die Anstrengungen waren sehr groß; wir sind 
ohne Ruhe 13 Stunden im Marsch und Gefecht ge- 
wesen. Mein Lager fand ich unversehrt. Mutatembwa 
sandte noch an demselben Abend einen Sohn zu mir,
	        
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