Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

Wasser, zunächst den besten Boden aussuchen, das 
heißt das Gebiet des Kamerungebirges. Dieser 
Boden ist aber überall mehr oder weniger steinig, 
so daß eine Bearbeitung desselben mit dem Pfluge, 
wie sie bei einer regulären Kultur der besten Faser- 
pflanzen nöthig ist, im größten Theile dieses Ge- 
bietes für ausgeschlossen gelten muß, abgesehen davon, 
daß auch noch die Zugthiere für den Pflug sehlen, 
denn die ersten Versuche mit Zugochsen und dem 
Pfluge sind erst ganz neuerdings in Kriegsschiffhafen 
gemacht worden. Auch giebt es nur wenige ebene 
Landstrecken im Gebirge, welche sich zu einer Be- 
arbeitung mit dem Pfluge eignen würden, und an 
Hängen würden die schweren tropischen Regen ein 
offenes Land zu sehr abschwemmen. 
Ferner ist das ganze Gebiet mit mächtigem 
Urwald und Buschwald bestanden, und wer es 
unternehmen wollte, diesen hochstämmigen Wald mit 
Baumriesen, welche mit ihren Wurzelstreben 1 m 
über der Erde einen Umfang von bisweilen 50 m 
einnehmen, niederzulegen und den Boden zur Be- 
arbeitung mit dem Pfluge herzurichten, der würde 
sehr bald einsehen, daß er damit nur Zeit und Geld 
verschwenden und nie etwas erreichen kann. An 
eine Bearbeitung des Bodens mit der Hacke, wie in 
Ländern mit sehr billigen Arbeitskräften, ist bei den 
hohen Löhnen in Kamerun überhaupt nicht zu denken. 
Ganz anders liegen die Verhältnisse bei der Kakao- 
und Kaffeckultur. Hierfür ist gerade Urwald die 
beste Vegetationssform, denn der Wald wird nur 
zum Theil niedergelegt, viele Bäume bleiben stehen 
als Schattenspender, die niedergeschlagenen werden 
allmählich nach Bedarf und Beschaffenheit als Nut- 
holz oder Feuerholz verbraucht oder sie vermodern. 
Aber sie hindern das Pflanzen nur wenig. Auch der 
steinige Voden ist kein Hinderniß, wenn nur für jeden 
Baum ein genügend tiefes Loch gegraben und mit guter 
steinfreier Erde aufgefüllt wird, so daß eine Pfahl- 
wurzel sich bilden kann. Der Kaffee gedeiht sogar 
in außerordentlich stark steinigem Boden ganz vor- 
trefflich. Darum sind Kakao und Kaffee diejenigen 
Kulturpflanzen, welche vor den Faserpflanzen im 
Kamerungebirge eine Zukunft haben, und nicht nur 
hier, sondern auch in allen anderen Theilen des 
Schutgebietes, wo eine Pflanzung auf gutem mit 
Hochwald bestandenen Boden angelegt wird, das 
heißt in dem größten Theile. Wenn dann später 
der Boden für die Kakaokultur erschöpft sein wird 
und die Bestände absterben werden, dann werden 
die Verhältnisse für die Faserpflanzen günstiger 
liegen, denn dann ist die Bearbeitung des Bodens 
schon ungleich viel einfacher. Auch können ja irgend 
welche unvorhergesehenen Krankheiten die Kultur 
dieser ertragreichsten Pflanzen unmöglich machen, 
und dann wird man seine Zuflucht eventuell zu den 
Faserpflanzen nehmen. Etwas anders liegen die 
Verhältnisse bei solchen Gespinnstpflanzen, welche nicht 
eine so sorgfältige Bearbeitung des Bodens erfordern 
wie Baumwolle, Jute und Ramie, diese sind Sisal- 
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hanf, Bogenstranghanf, Mauritiushanf. Aber diese 
liefern erst nach drei bis vier Jahren die ersten 
Erträge und sind weniger rentabel. Da sie aber 
auch mit dem schlechtesten Boden fürlieb nehmen, so 
haben sie immerhin in den weniger fruchtbaren 
und regenärmeren Theilen des Schutzgebietes, z. B. 
am Meme, unter Umständen eine Zukunft. Freilich 
dürfte auch auf gutem Boden eine Kultur durch 
Erzeugung einer vorzüglichen Qualität sich als ren- 
tabel erweisen, denn die genannten Arten liefern 
eine desto bessere Faser, je schneller und üppiger sie 
wachsen. 
Nun könnte man einwenden, daß ja eine ratio- 
nelle Tabakkultur sehr ähnliche Bedingungen stellt 
wie die erstgenannten Faserpflanzen, und daß Tabak 
ja im Schutzgebiete kultivirt wird. Dagegen ist aber 
zu erwidern, daß eine eigentliche reguläre Tabak- 
kultur in großem Maßstabe aus eben den er- 
wähnten Gründen nicht betrieben wird und auch 
theilweise wegen der Unsicherheit der Arbeits- 
kräfte nicht betrleben werden kann. Auf dem 
vorzüglichen und wenig steinigen, meist nur mit 
Busch und Gras bestandenen Boden in Bibundi 
aber wird Tabak als Vorfrucht gewonnen auf dem 
Boden, der mit Kakao bestellt werden soll, und dieses 
hat ja etwas für sich, wenn man mit verhältniß- 
mäßig geringem Kapital arbeitet und auf schnelle 
Erträge angewiesen ist. Der Boden wird aber hier 
nur mit Hacke und Spaten bearbeitet, und das ist 
sehr kostspielig. Ebenso gut könnte man — an 
weniger regenreichen Strichen als Bibundi —-#aller- 
dings Baumwolle als Vorfrucht nehmen, aber durch 
solche Vorfrüchte, welche an und für sich schon viel 
Aufmerksamkeit und Mühe und eventuell Maschinen- 
betrieb erfordern und zeitweilig alle Arbeitskräfte 
der Plautage völlig in Anspruch nehmen, werden 
die leteren so zersplittert, daß man nicht recht vor- 
wärts kommt und der erhoffte hohe Reingewinn 
länger ausbleibt, als es sonst der Fall sein würde. 
Exempla docentl! 
Bibundi und Kriegsschiffhafen. Beim Kakao 
und Kaffee kommt Alles darauf an, in den ersten 
Jahren mit allen Kräften zu pflanzen und immer 
nur zu Pflanzen. 
Von größter Bedeutung ist ferner die Frage 
der Arbeitskräfte. Die Arbeiterfrage liegt zwar 
jetzt in Kamerun schon bedeutend günstiger als noch 
z. B. vor zwei Jahren, da jetzt die Eingeborenen, 
wie Bakwilis, Batangas, Mabeas, ja selbst die 
Duallas, anfangen zu arbeiten und zwar zu annehm- 
baren Löhnen. Als gelöst wird sie eventutll zu 
betrachten sein, wenn es gelungen sein wird, die 
Stämme aus dem sehr reichbevölkerten und ver- 
hältnißmäßig armen Graslande nach der Küste zu 
ziehen und einen dauernden Zuzug von genügenden 
Arbeitskräften zu ermöglichen. Der Versuch wird 
gegenwärtig von Dr. Zintgraff gemacht. Gelingt 
er, so hieße das einen guten Schritt in der Ent- 
wickelung des Schutzgebietes vorwärts gethan. Vor-
	        
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