Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

so kurze Fasern, daß man für dieselben keine Ver- 
wendung finden kann. Nach ihm wird nur die 
wilde Ananas, Bromelia sylvestris oder B. pin- 
guin als Faserpflanze verwendet und liefert in 
Mexiko die sogenannte Istlesaser. Dem „Kew 
Bulletin“ (Oktober 1890) zufolge wird jedoch die 
Istle aus Agave heteracantha obder Agave 
Lechugilla hergestellt. Offenbar ist man sich hier- 
über noch nicht einig. 
Bananen (Musa paradisiaca und 
M. sapientium). 
Diejenige Bananenart, deren Faser eine große 
Bedeutung auf dem Weltmarkt gewonnen hat, d. h. 
die den Manilahanf liefernde Musa textilis, wird 
im botanischen Garten in Victoria nicht kultivirt, 
dagegen die oben genannten M. paradisiaca und 
NA. sapientium in mehreren Spielarten. Die Fasern 
der Bananen werden vor allen anderen Faserarten 
am häufigsten zum Anbinden von Pflanzen wie 
Pfeffer, Vanille und im Allgemeinen von Zweigen 
und Bäumchen im Garten beuntzt. Sie sind stets 
zur Hand, denn abgehauene Bananenstämme liegen 
überall umher. Im Handel jedoch haben dieselben 
wenig Bedeutung. Es ist dieses um so auffallender, 
wenn man bedenkt, daß die Banane wohl überall 
in den Tropen ein Hauptuahrungsmittel ist und 
man die abgehauenen Stämme überall zu Tausenden 
vermodern läßt. Jedoch sind bisher alle Versuche, 
die Bananenfaser im Großen herzustellen, völlig 
mißlungen. Einestheils liegt es wohl daran, daß 
noch keine gute Entfaserungsmaschine gefunden ist. 
Der Haupthinderungsgrund aber wird wohl der 
sein, daß die Bananenstämme ein zu kolossales Ge- 
wicht und im Verhältniß dazu eine viel zu kleine 
Fasermenge besitzen, um die Rentabilität irgendwie 
wahrscheinlich zu machen. Ein Bananenstamm liefert 
etwa 1,50 bis 1,80 pCt. vom Grosgewicht Faser, 
d. h. etwa 2 kg. Unter guten Umständen sind 
Bananenfasern nicht mehr werth als 240 bis 
300 Mark die Tonne, und sind unverkäuflich, wenn 
Sisalhanf und Manilahanf niedrig stehen. Bananen= 
fasern sollen leicht Farbstoffe annehmen. Die süße 
Banane M. sapientium liefert weniger und minder- 
werthige Fasern als die Plautane M. paradisiaca. 
Pandanus utilis. 
Von dieser durch ihre charakteristischen Stelz- 
wurzeln und die ins Auge fallende schraubige An- 
ordnung der Blätter ausgezeichnete, schöne Pflanze 
befindet sich nur ein gut gedeihendes, über 2 m 
hohes Exemplar im botanischen Garten. Auf Ver- 
mehrung dürfte zunächst nicht zu rechnen sein. Diese 
Art wird in Mauritius kultivirt und die Fasern zu 
Säcken verarbeitet. Eine Pflanze liefert im Jahre 
das Rohmaterial für zwei Säcke. 
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Sechium edule (die Choux-Chouxpflanze 
oder Pipinella). 
Als Faserpflanze wird diese Art, welche der 
eßbaren Knollen wegen seit langen Jahren in Bra- 
silien, Westindien, Mcxiko und Madeira angebaut 
worden ist, auf Reunion kultivirt. Der Bast soll 
sehr weiß und fest sein und sich sehr leicht färben 
lassen. Die Pflanzer auf Rennion geben angeblich 
die Kaffec= und Vanillekultur zu Gunsten der Choux- 
Chonxpflanze auf. Im botanischen Garten in Vic- 
toria ist diese Art in zwei Exemplaren vorhanden, 
die anfangs langsam wuchsen, sich jetzt aber sehr 
üppig entwickeln. Für eine Anpflanzung in größerem 
Maßstabe wird Sorge getragen werden. 
Arenga saccharilera. 
Von dieser Palmenart befindet sich gleichfalls 
nur ein gut gedeihendes Exemplar im Garten. Die 
Fasern sind sehr grob, aber fest und werden zu 
groben Seilerartikeln verarbeitet. Auch können sie 
als Piassava verwendet werden, und eventuell ist 
diese Pflanze im Stande, die Piassavapalmen 
(Attalea und Leopoldinia), die verhälnißmäßig 
selten und wenig verbreitet sind, zu ersetzen. 
Thrinax argentea (Besenpalme). 
Eine niedere Palme mit fächerförmigen, gelb- 
grünen Blättern. Hiervon befinden sich mehrere 
Exemplare im botanischen Garten, welche besonders 
an etwas schattigen, windgeschützten Stellen sehr 
üppig wachsen und zahlreiche Wurzelschößlinge 
treiben, durch welche die Art leicht vermehrt werden 
tann. Aus den Blättern werden Besen angefertigt, 
auch dienen sie zur Herstellung der Panamahüte. 
Chamacerops excelsa (Zwergpalme). 
Nur zwei Exemplare dieser aus Nordchina 
stammenden Art enthält der botanische Garten. Sie 
wachsen verhältnißmäßig langsam. Vielleicht ist dieser 
Art das Klima zu feucht. Aus den Blättern werden 
Fasern gewonnen, welche, gleich Pferdehaaren, zum 
Stopfen von Matratzen rc. benutzt werden. Auch 
werden sie zu Seilerwaaren und Papier verarbeitet 
und die Chinesen und Japaner stellen alle möglichen 
Flechtwerke und Gewebe daraus her. 
Cocos nucilera (Kokospalmeh. 
Unter die Faserpflanzen im umfassenderen Sinne 
ist die Kokospalme zu rechnen, weil aus der faserigen 
Fruchthülle das sogenannte Coir bereitet wird. Das 
Coir wird theils zu Bürsten, theils zu Matten ver- 
arbeitet und zwar: zu Bürsten die langen, zu 
Matten die kürzeren Fasern. Beide müssen bei der 
Coirpräparation voneinander geschicben werden. Auf 
dem fruchtbaren vulkanischen Boden des Kamernn- 
gebirges gedeiht die Kokospalme ungemein üppig 
und beginnt bereits im vierten bis fünften Jahre 
zu blühen. Trotzdem das Kamerungebiet sehr aus- 
gedehnte Strecken Landes an der Grenze der Man-
	        
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