Telegraphenbeamten, Forstbeamten und Verkehrs-
beamten auszubilden. Sie ist Staatsanstalt und
wird vom India Oltice unterhalten. Da der
englische Staat im Allgemeinen sich nicht für ver-
pflichtet hält, für die Ausbildung seiner Beamten
zu sorgen, so verdient dieser Umstand besonders
hervorgehoben zu werden, weil er zeigt, welchen
Werth man gerade der geeigneten Vorbildung für
den Kolonialdienst beilegt. Die Schule deckte früher
den größten Theil des Bedarfs an technischem
Beamten für Indien und sandte jährlich zwischen
40 und 50 Bewerber aus. Jetzt ist der Besuch
der Anstalt nur noch für die Forstbeamten obliga-
torisch, welche nur aus ihr hervorgehen können.
Der Bestand der übrigen Beamten ergänzt sich aus
verschiedenen Quellen, das India Oflice entnimmt
aber jährlich eine bestimmte Anzahl Techniker aus
den Reihen der Schüler, welche sich zu diesem
Zwecke einer Wettbewerbsprüfung unterwersen. Ein
bedeutender Bruchtheil der Schüler verfolgt später
inländische Laufbahnen.
Die Anstalt ist im Allgemeinen auf der Grund-
lage der Colleges an den Universitäten Orford
und Cambridge aufgebaut. Hier wie dort wohnen
die Schüler in der Anstalt, stehen gruppenweise
unter der Aussicht von Lehrern und widmen einen
für unsere Begriffe ungemein großen Theil ihrer
Zeit dem Sport. Die Aufnahme wird von einer
Prüfung abhängig gemacht, welche sich auf Elementar=
fächer, besonders aber elementare Mathematik, erstreckt.
Der Kursus ist für alle Fächer, mit Ausnahme des
Telegraphenfaches, dreijährig, für das letztere zwei-
jährig. Am Ende desselben werden Prüfungen ab-
gehalten auf Grund deren Diplome ertheilt werden.
An die für den indischen Staatsdienst auszuwählenden
Bewerber werden außer dem Bestehen dieser Prü-
fungen vor Allem auch sehr strenge gesundheitliche
Forderungen gestellt. Ferner dürfen sie eine be-
stimmte Altersgrenze nicht überschritten haben (sie
dürsen beim Eintritt in die Anstalt nicht unter
17 Jahre und nicht über 21 Jahre sein) und
müssen einige körperliche Fertigkeiten (Reiten, Ge-
brauch von Waffen, Turnen, militärisches Exerziren 2c.)
nachweisen.
Was das Lehrprogramm der Anstalt anbetrifft,
so übernimmt sie es, ihre Schüler, welche ohne fach-
liche Vorkenntnisse eintreten, von Grund auf aus-
zubilden, legt jedoch weniger Gewicht auf theoretische
als auf angewandte Wissenschaft.
Beim Vortrag des Lehrstoffses werden immer
die für Indien vorliegenden besonderen Verhältnisse
in Betracht gezogen. So in der Baumaterialien-
lehre, der Baukonstruktion 2c. Einzelne Abtheilungen
beziehen sich ganz auf Indien, wie z. B. die Vor-
lesungen über indische Bewässerungswerke, die über
Geschäftsführung in der indischen Bauverwaltung 2c.
Mit der Anstalt sind Werlstätten verknüpft, in
welchen an einem oder mehreren Nachmittagen in
der Woche dem Schüler Gelegenheit gegeben wird,
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sich einige Uebung in der Handhabung der Werk-
zeuge des Schmiedes, Mechanikers 2c. anzueignen;
zwei Stunden in jeder zweiten Woche sind obliga-
torisch. Chemische und physikalische Laboratorien
sind gleichfalls vorhanden und mit 2¾ Stunden in
der Woche obligatorisch. In einem mechanischen
Laboratorium werden im dritten Ausbildungsjahre
die Schüler im Prüfen von Baumaterialien, ganz
besonders in Festigkeitsuntersuchungen von Metallen,
unterrichtet.
Gerade in Bezug auf den letzteren Punkt, die
praktische Beschäftigung der Schüler, bleibt die An-
stalt indessen hinter dem zurück, was man in Eng-
land von ihr voraussetzen sollte und was thatsächlich
andere Ingenieurschulen bieten. Denn gerade der
Beschäftigung in den Werkstätten wird in England
durchgehend große Aufmerksamkeit zugewendet.
Wie in Deutschland die Ingenieurwissenschaften
sich mehr aus den rein wissenschaftlichen Fächern
heraus entwickelt haben, so ist die englische Ingenieur-
wissenschaft durchaus aus der Praxis hervorgegangen,
und dieser Umstand prägt sich heute noch darin aus,
daß in England die Werkstätten einen wesentlichen
Bestandtheil der Ingenieurschulen ausmachen, wie
der Unterricht in denselben als für den Ingenieur
unerläßlich betrachtet wird. Eine der ältesten
Ingenieurschulen in England, Kings College, hat
mit ihren ausgedehnten Werkstätten das Beispiel für
alle in der Folge gegründeten Anstalten gegeben.
Kings College hat nicht nur Werkstätten für
Ingenieure, wo Tischlerei, Schmiede= und Mechaniker-
arbeit, ferner Maschinenbau und die Arbeit an
allerhand Holz= und Metallbearbeitungsmaschinen
gelehrt wird, sordern sogar Werkstätten für Archtekten,
in welchen die Zöglinge im Mauern, in Steinmetz-
und Klempnerarbeit unterrichtet werden. Lehr-
versuchsanstalten für Baumaterialienprüfung fehlen
nicht.
Im Lehrplan dieser Anstalt nimmt der Werk-
stättenunterricht in den ersten beiden Unterrichts-
jahren für alle Schüler wöchentlich 3½ Stunden
ein, im dritten Jahr, wo sich der Unterricht in
Sonderkurse für Maschinenbauer, Bauingenieure,
Elektriker und Architekten scheidet, sind sogar acht
bis zehn Stunden für die praktische Beschäftigung
in den Werkstätten, Laboratorien und Versuchsan-
stalten angesetzt. Aehnlich liegen die Verhältnisse in
der unter Leitung des Professors W. C. Unwin
stehenden Ingenieurabtheilung des Central Technical
College des Cit and Guild of London Institute
in Sonth Kensington. Diese Anstalt hat im Unter-
geschoß geräumige und vorzüglich ausgestattete Werk-
stätten und Versuchsanstalten für den praktischen
Unterricht, an welchem alle Schüler obligatorisch
Theil zu nehmen haben.
Auch die aus den gewöhnlichen Ingenieurschulen
hervorgehenden Ingenieure sind somit für einen
Aufenthalt in den Kolonien, der bhatsächlich das
Ziel eines großen Theils derselben bildet, ziemlich