Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

Deufsch-Neu-Guinra. 
Ueber einen Zesuch bei den Rabienleuten (Neu- 
Pannover) 
entnehmen wir dem Dezemberheft der Marine- 
Rundschau folgende interessante Schilderung: 
Unter den zahlreichen Requisitionen, die beim 
Eintreffen S. M. S. „Falke“ in Matupi für die 
bevorstehende Rundreise durch das Schutzgebiet vor- 
lagen, war auch der Wunsch ausgesprochen, Frieden 
zu stiften zwischen den verfeindeten Stämmen, die 
im nördlichen Neu-Mecklenburg, auf Neu-Hannover 
ud den umliegenden Inseln sitzen. Die hier aus- 
gebrochenen Streitigkeiten waren für den Handel in 
jenen Gegenden sowie für die Anwerbung von 
Plantagenarbeitern von nachtheiligen Folgen gewesen. 
Der Kaiserliche Richter hatte bereits durch Plan- 
tagenarbeiter, die nach dem Ablaufen ihres Vertrages 
in ihre Dörfer zurückkehrten, dorthin die Botschaft 
ergehen lassen, daß er kommen wolle, um Frieden 
zu machen. 
Als S. M. S. „Falke“ die Rundreise antrat, 
war in Herbertshöhe die aus 24 Eingeborenen be- 
stehende Schutztruppe an Bord genommen worden; 
in Stephansort hatte sich dann der Kaiserliche Richter 
eingeschifft, um unter dem moralischen Druck, den 
die Anwesenheit des Kriegsschiffes auf die Kanaken 
jederzeit ausübt, seines Amtes zu walten. 
Nachdem an der Küste von Neu-Guinea die vor- 
liegenden Aufgaben erledigt waren, ging S. M. S. 
„Jalke“" nördlich der Admiralitätsinseln nach Neu- 
Hannover und ankerte am 27. August in der Höhe 
don Nusa. Von hier aus sollte die Friedens- 
Apedition unternommen werden. Als Vorbereitung 
waren am Tage vorher einige ortskundige Ein- 
geborene aus der Umgegend an Bord genommen 
und die umwohnenden deutschen Händler benach— 
rictigt worden. Der Expedition schlossen sich der 
Kommandant und einige Offiziere an. 
Am 28. mit Sonnenaufgang wurde aufgebrochen. 
Ei geschlepptes Boot nahm die schwarze Schutz- 
kuuppe auf, ein zweites Boot mit einigen deutschen 
Händlern wurde unterwegs in Schlepp genommen. 
Nach dreistündiger Fahrt durch den Albatroß-Kanal 
kamen wir an den Ort unserer Bestimmung; die 
Landschaft Kabien mit gleichnamigem Dorf, dem Sitz 
der Hauptunruhestifter. Mit Hülfe der Führer 
wurde die Landung trotz der der Küste vorgelagerten 
Korallenriffe ermöglicht, und auf dem Rücken unserer 
Schwarzen gelangten wir trockenen Fußes an Land. 
Da ein gemeinsamer Vormarsch die Eingeborenen 
wahrscheinlich verscheucht haben würde, rückte der 
ichter mit den eingeborenen Führern voraus, um 
das Gelände aufzuklären. 
Nach kurzem Marsch an der Küste traf er 
an der Mündung eines Baches mit den Kabien- 
leurn zusammen, die beim Sichten der fremden 
Boote durch Trommelruf ihre streitbaren Männer 
gesammelt hatten. Da der Vortrupp keinerlei Waffen 
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mit sich führte, konnte den Leuten durch Vermittelung 
der Führer bald verständlich gemacht werden, daß 
der weiße Mann in friedlicher Absicht gekommen sei. 
Beruhigt legten die Eingeborenen ihre Speere hin 
und wateten durch den Bach den Ankömmlingen 
entgegen; einer der Männer kam auf den Richter 
zu und begrüßte ihn hocherfrent als einen alten 
Bekannten, indem er ihn wiederholt versicherte, seine 
Stammesgenossen warteten schon seit Wochen auf 
ihn; sie hätten die Kunde erhalten, daß er kommen 
wolle, um die Ruhe im Lande wieder herzustellen. 
Dann wurde der weiße Mann zu den Häuptlingen 
geführt, die am Strande seiner harrten. Ganz war 
jedoch der Argwohn der Eingeborenen noch nicht 
beseitigt, denn als nach der ersten Begrüßung der 
Kaiserliche Richter erklärte, er müsse zu den weiteren 
Verhandlungen seine Truppe und die Häuptlinge 
vom Kriegsschiff haben, behielt man seine Begleiter 
als Geiseln zurück und ließ ihn mit einigen Ein- 
geborenen gehen, um uns abzuholen. 
Der Marsch am Ufer über Korallen bei glühen- 
der Hitze war nur kurz. Am Versammlungsort an- 
gelangt, stellte uns der Kaiserliche Richter den an- 
wesenden beiden großen Kriegern in aller Form 
vor. Durch Händedruck wurde die Bekanntschaft 
geschlossen, dann nahmen wir, der Kommandant in 
der Mitte, in bunter Reihe auf einem umgefallenen 
Baum Platz. Vor uns wurde ein von Bord mit- 
gebrachter Friedensspeer in die Erde gestoßen, um 
ihn lagerten sich einige Krieger, während das Gros 
sich in ehrerbietiger Entfernung seitwärts auf den 
Boden kauerte und schweigend der kommenden Dinge 
harrte. - 
Nachdem so Alles nach Rang und Würden 
Platz genommen hatte, trat der Kaiserliche Richter 
vor und hielt eine längere Ansprache an das Volk. 
Die Rede wurde den Kriegern verdolmetscht und 
von diesen mit beifälligem Gemurmel aufgenommen; 
daun nahm der Richter den Friedensspeer, zerbrach 
ihn und warf die Stücke vor den Häuptlingen auf 
die Erde, indem er dabei die Namen aller Dörfer 
aufzählte, die in diesen Frieden eingeschlossen sein 
sollten, gab jedem der Häuptlinge zur Bekräftigung 
seiner aufrichtigen Gesinnung einen Faden Aapsoka 
(einheimisches Muschelgeld) und vertheilte unter die 
Krieger Tabak und rothe Lawa-lawa. 
Im Namen der Leute von Sandwich und La- 
musmus mußten von dort stammende Schutztruppen- 
Soldaten, für Kabotteron zwei dort ansässige Leute, 
die mit einem der weißen Händler gekommen waren, 
ebenfalls Aapsoka und Tabak an die Häuptlinge und 
die Krieger vertheilen. 
Damit war die Zeremonie beendigt, und wir 
folgten nun der Aufforderung der Häuptlinge, ihrem 
Dorf einen Besuch abzustatten. Eine halbstündige 
Wanderung auf steilen Buschpfaden führte uns zu 
einer Zahl von Hütten, die unter hohen Palmen 
um einen sauber gehaltenen freien Platz gruppirt 
lagen. Durch lauten Zuruf wurden die Weiber und
	        
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