Inzwischen wissen unsere Leser, daß bereits einige
unserer Brüder auf hierzu besonders geeigneten Plätzen
die Sorge für die wirthschaftliche Erschließung des
Grund und Bodens selbst in die Hand genommen
haben. Wir haben schon öfter davon gesprochen.
Neben den Bemühnngen, die Missionar Heinrichs
in Bethanien auswendet, die Leute zum Körnerbau
und zur Obstzucht anzutreiben, verweisen wir da vor
allen Dingen auf die wiederholt erwähnte Stauanlage
des Missionars Judt in Hoachanas. Missionar
Albath von Gochas, der letzthin in Hoachanas war,
war ganz erstaunt über „die großartige Leistung, die
Missionar Judt mit verhältnißmäßig geringen Mitteln
fertiggebracht hat“". Dieser imponirende Bau gebe
der ganzen Station ein anderes Aussehen, und wenn
vielleicht auch das Auge des geschulten Technikers noch
manche Mängel entdecken würde, so erfülle er doch
seinen Zweck. Es ist das ein Zeichen, daß sich
wirklich etwas machen läßt, wenigstens da, wo die
äußeren Vorbedingungen vorhanden sind, was leider
nicht auf allen Stationen, z. B. auf Warmbad, der
Fall ist. Aber selbst da, wo günstige Verhältnisse
dergleichen Anlagen gestatten, ist mit einer Schwie-
rigkeit zu kämpfen, die oft muthlos und verzagt
machen könnte: das ist die bekannte, aber fast un-
glaubliche Schlaffheit und Trägheit der Namas und
ihre Gleichgültigkeit, mit der sie an die Zukunft
denken. #
RKus fremden Rolonien.
Dandelsstatistik des Rongostaates.
Die kürzlich erschienene Nummer 3 des Bulletin
officiel de I’Etat Indépendant du Congo giebt
in der Handelsstatistik des Kongostaates für das Jahr
1897 ein glänzendes Bild des wirthschaftlichen Auf-
schwunges.
Der Generalhandel erreichte im Jahre 1897
nahezu 41 Millionen Francs, wovon
auf die Gesammtausfuhr 17 457 090,85 Fres.,
Gesammteinfuhr 23 427 197,85 =
entfielen. Dies bedeutet eine Vermehrung um 31
Prozent im Verhältniß zum Vorjahre, in dem der
Generalhandel etwa 31 Millionen betrug. Der
Handel in Waaren, die aus dem Gebiete des Kongo-
staates selbst stammen oder zum Verkauf daselbst
bestimmt sind, weist sogar eine Zunahme von mehr
als 35 Prozent auf.
Die Entwickelung des Ausfuhrhandels ist vor
Allem auf die stetig wachsende Kautschukgewinnung
zurückzuführen. Die Ausfuhr dieses Haupthandels-
artikels bezifferte sich im Berichtsjahre auf 1662
Tonnen, im Jahre 1893 auf 241 Tonnen. Die
Einfuhr von Spirituosen ist weiter zurückgegangen
und beträgt nur noch 0,94 Prozent des Gesammt-
handelswerths.
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Unter den Herkunftsländern nimmt, wie bisher,
Belgien die erste Stelle ein; demnächst folgt England
und an dritter Stelle Deutschland. Letzteres steht
als Bestimmungsland an achter Stelle.
Die eigenen Einnahmen des Kongostaates sind
seit dem Jahre 1886 von 74 261 Frcs. auf
9 183 360 Frcs. gestiegen; dazu treten die Zuschüsse
des König-Souveräns und des Belgischen Staates.
Wirthschaftliche Verbältnisse Madagaskars.“)
Madagaskars Bevölkerung besteht, abgesehen von
einer beschränkten Anzahl europäischer Kolonisten und
Beamten, aus Negern, die den hauptsächlichsten Be-
standtheil der Küstenbevölkerung bilden, und aus
Hovas malatischer Rasse, die unter der Bevölkerung
im Innern der Insel vorherrschend sind. Die Neger,
welchem Stamme sie auch angehören, haben nur
wenig Bedürfnisse, mit baumwollenen Geweben und
Rum sind diese in der Hauptsache befriedigt. Die
Hovas sind civilisirter als die Neger. Die Europäer
sind zumeist Kolonisten von den Inseln Mauritius
und Runion. Trotzdem hat Großbritannien seit
einer Reihe von Jahren einen lebhafteren Handel mit
Madagaskar unterhalten als Frankreich.
Bei den Hovas ist neben baumwollenen Geweben,
den einzigen Stoffen zu der Kleidung der niederen
Klassen, auch Nachfrage nach Seide und Seidenwaaren,
serner bei den reicheren Hovas auch nach anderen
europäischen Artikeln. Da die reiche Klasse aber sehr
in der Minderheit ist, so bilden gewöhnliche Baum-
wollengewebe, aus welchen die Eingeborenen ihre
Lamba (Kleid) fertigen, den hauptsächlichsten Ein-
fuhrartikel. Im Jahre 1896 wurden von diesen
Geweben für etwa 6252 000 Franken eingeführt.
Großbritannien und Britisch-Indien lieferten den
größten Theil hiervon, nämlich für etwa 3 777 000
Franken, die Vereinigten Staaten von Amerika für
etwa 2 150 000 Franken. Letzteres Land führt seit
Langem Gewebe ohne Appretur ein, die von den
Madegassen sehr geschätzt werden. Sie sind von
überlegener Güte und haben vom Markt nicht ver-
drängt werden können, obgleich ihr Preis infolge
der großen Beförderungskosten höher ist als der für
baumwollene Gewebe aus anderen Ländern. Frank-
reich hat im Jahre 1896 für etwa 552 000 Franken
baumwollene Gewebe nach Madagaskar eingeführt;
die französischen ungebleichten Gewebe sind 20 pCt.,
die bedruckten 25 bis 30 pCt. theurer als die Ge-
webe aus anderen Ländern. Auch Deutschland steht
seit langer Zeit mit Madagaskar in Handelsverkehr,
es führte im Jahre 1896 an baumwollenen Geweben
für etwa 315 000 Franken ein.
Getränke nehmen unter den madegassischen Ein-
fuhrartikeln die zweite Stelle ein. Für diese ist
Frankreich der hauptsächlichste Lieferant, die guten
*) Aus dem Deutschen Handels-Archiv 1898, S. 202 ff.