Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

Inzwischen wissen unsere Leser, daß bereits einige 
unserer Brüder auf hierzu besonders geeigneten Plätzen 
die Sorge für die wirthschaftliche Erschließung des 
Grund und Bodens selbst in die Hand genommen 
haben. Wir haben schon öfter davon gesprochen. 
Neben den Bemühnngen, die Missionar Heinrichs 
in Bethanien auswendet, die Leute zum Körnerbau 
und zur Obstzucht anzutreiben, verweisen wir da vor 
allen Dingen auf die wiederholt erwähnte Stauanlage 
des Missionars Judt in Hoachanas. Missionar 
Albath von Gochas, der letzthin in Hoachanas war, 
war ganz erstaunt über „die großartige Leistung, die 
Missionar Judt mit verhältnißmäßig geringen Mitteln 
fertiggebracht hat“". Dieser imponirende Bau gebe 
der ganzen Station ein anderes Aussehen, und wenn 
vielleicht auch das Auge des geschulten Technikers noch 
manche Mängel entdecken würde, so erfülle er doch 
seinen Zweck. Es ist das ein Zeichen, daß sich 
wirklich etwas machen läßt, wenigstens da, wo die 
äußeren Vorbedingungen vorhanden sind, was leider 
nicht auf allen Stationen, z. B. auf Warmbad, der 
Fall ist. Aber selbst da, wo günstige Verhältnisse 
dergleichen Anlagen gestatten, ist mit einer Schwie- 
rigkeit zu kämpfen, die oft muthlos und verzagt 
machen könnte: das ist die bekannte, aber fast un- 
glaubliche Schlaffheit und Trägheit der Namas und 
ihre Gleichgültigkeit, mit der sie an die Zukunft 
denken. # 
RKus fremden Rolonien. 
Dandelsstatistik des Rongostaates. 
Die kürzlich erschienene Nummer 3 des Bulletin 
officiel de I’Etat Indépendant du Congo giebt 
in der Handelsstatistik des Kongostaates für das Jahr 
1897 ein glänzendes Bild des wirthschaftlichen Auf- 
schwunges. 
Der Generalhandel erreichte im Jahre 1897 
nahezu 41 Millionen Francs, wovon 
auf die Gesammtausfuhr 17 457 090,85 Fres., 
Gesammteinfuhr 23 427 197,85 = 
entfielen. Dies bedeutet eine Vermehrung um 31 
Prozent im Verhältniß zum Vorjahre, in dem der 
Generalhandel etwa 31 Millionen betrug. Der 
Handel in Waaren, die aus dem Gebiete des Kongo- 
staates selbst stammen oder zum Verkauf daselbst 
bestimmt sind, weist sogar eine Zunahme von mehr 
als 35 Prozent auf. 
Die Entwickelung des Ausfuhrhandels ist vor 
Allem auf die stetig wachsende Kautschukgewinnung 
zurückzuführen. Die Ausfuhr dieses Haupthandels- 
artikels bezifferte sich im Berichtsjahre auf 1662 
Tonnen, im Jahre 1893 auf 241 Tonnen. Die 
Einfuhr von Spirituosen ist weiter zurückgegangen 
und beträgt nur noch 0,94 Prozent des Gesammt- 
handelswerths. 
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Unter den Herkunftsländern nimmt, wie bisher, 
Belgien die erste Stelle ein; demnächst folgt England 
und an dritter Stelle Deutschland. Letzteres steht 
als Bestimmungsland an achter Stelle. 
Die eigenen Einnahmen des Kongostaates sind 
seit dem Jahre 1886 von 74 261 Frcs. auf 
9 183 360 Frcs. gestiegen; dazu treten die Zuschüsse 
des König-Souveräns und des Belgischen Staates. 
Wirthschaftliche Verbältnisse Madagaskars.“) 
Madagaskars Bevölkerung besteht, abgesehen von 
einer beschränkten Anzahl europäischer Kolonisten und 
Beamten, aus Negern, die den hauptsächlichsten Be- 
standtheil der Küstenbevölkerung bilden, und aus 
Hovas malatischer Rasse, die unter der Bevölkerung 
im Innern der Insel vorherrschend sind. Die Neger, 
welchem Stamme sie auch angehören, haben nur 
wenig Bedürfnisse, mit baumwollenen Geweben und 
Rum sind diese in der Hauptsache befriedigt. Die 
Hovas sind civilisirter als die Neger. Die Europäer 
sind zumeist Kolonisten von den Inseln Mauritius 
und Runion. Trotzdem hat Großbritannien seit 
einer Reihe von Jahren einen lebhafteren Handel mit 
Madagaskar unterhalten als Frankreich. 
Bei den Hovas ist neben baumwollenen Geweben, 
den einzigen Stoffen zu der Kleidung der niederen 
Klassen, auch Nachfrage nach Seide und Seidenwaaren, 
serner bei den reicheren Hovas auch nach anderen 
europäischen Artikeln. Da die reiche Klasse aber sehr 
in der Minderheit ist, so bilden gewöhnliche Baum- 
wollengewebe, aus welchen die Eingeborenen ihre 
Lamba (Kleid) fertigen, den hauptsächlichsten Ein- 
fuhrartikel. Im Jahre 1896 wurden von diesen 
Geweben für etwa 6252 000 Franken eingeführt. 
Großbritannien und Britisch-Indien lieferten den 
größten Theil hiervon, nämlich für etwa 3 777 000 
Franken, die Vereinigten Staaten von Amerika für 
etwa 2 150 000 Franken. Letzteres Land führt seit 
Langem Gewebe ohne Appretur ein, die von den 
Madegassen sehr geschätzt werden. Sie sind von 
überlegener Güte und haben vom Markt nicht ver- 
drängt werden können, obgleich ihr Preis infolge 
der großen Beförderungskosten höher ist als der für 
baumwollene Gewebe aus anderen Ländern. Frank- 
reich hat im Jahre 1896 für etwa 552 000 Franken 
baumwollene Gewebe nach Madagaskar eingeführt; 
die französischen ungebleichten Gewebe sind 20 pCt., 
die bedruckten 25 bis 30 pCt. theurer als die Ge- 
webe aus anderen Ländern. Auch Deutschland steht 
seit langer Zeit mit Madagaskar in Handelsverkehr, 
es führte im Jahre 1896 an baumwollenen Geweben 
für etwa 315 000 Franken ein. 
Getränke nehmen unter den madegassischen Ein- 
fuhrartikeln die zweite Stelle ein. Für diese ist 
Frankreich der hauptsächlichste Lieferant, die guten 
*) Aus dem Deutschen Handels-Archiv 1898, S. 202 ff.
	        
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