Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

lungen werden seit Jahren nur in Rupien geleistet. 
Der Irrthum des Verfassers des Aufsatzes mag da- 
durch veranlaßt sein, daß hier bei Berechnungen im 
Großhandel der Dollar zu 100 Cents seiner beque- 
meren Eintheilung wegen angewandt wird. Dieser 
Dollar ist aber ausschließlich Rechnungsmünze und 
wird mit 2 Rupien 2 Anna berechnet. In Deutsch- 
Ostafrika und in Britisch-Ostafrka ist der Maria 
Therefienthaler ebenfalls durch die Rupie verdrängt 
worden. Nur in den Somaliländern hat er sich 
noch behauptet und ist dort das beliebteste, häufig 
das ausschließliche Zahlungsmittel. Allmählich, wenn 
auch langsam, beginnt jedoch die Rupie auch hier 
einzudringen, wozu der niedrige Kurs des Thalers 
beiträgt. Der Werth desselben ist soweit gesunken, 
daß 100 Thaler nur mehr 128 bis 132 Rupien 
kosten und daß die Händler an der Benadirküste, 
welche ihr Baargeld in Thalern angelegt hatten, 
große Verluste erlitten haben. 
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Tilterakur. 
Dr. Alfred Zimmermann: Die Europischen 
Kolonien. Schilderung ihrer Entstehung, Ent- 
wickelung, Erfolge und Aussichten. Zweiter Band. 
Erster Theil: Die Kolonialpolitik Groß- 
britanniens. Von den Ansängen bis zum Abfall 
der Vereinigten Staaten. Mit drei farbigen Karten. 
Berlin 1898. E. S. Mittler & Sohn. 
Der vorliegende zweite Band des großange- 
legten Werkes behandelt Dinge, die dem deutschen 
Interesse im Allgemeinen näher liegen wie die 
spanische und portugiesische Kolonialgeschichte. Gilt 
doch in vielen Kreisen die englische Kolonialpolitik 
als Muster, dem unbedingt nachzueifern ist, wenn 
man auf Erfolge rechnen will. Bei dem Studium 
der sachlich und rein reserirend gehaltenen Schil- 
derung der Entwickelung, welche die englische 
Kolonialpolitik seit ihren Anfängen bis zum Ende 
des vorigen Jahrhunderts genommen hat, wird 
man aber den Eindruck gewinnen, daß auch in 
England in dieser Richtung vielfach nur mit Wasser 
gekocht worden ist, daß von Seiten englischer Staats- 
männer mannigfache und solgenschwere Fehler be- 
gangen worden sind, daß vielfache Schwankungen in 
den Zielen stattgefunden haben, daß die Kolonial- 
politik mehrfach sehr bedenkliche, das Allgemeinwohl 
schwer schädigende Auswüchse gezeitigt hat und daß 
in den kritischsten Momenten nicht selten mehr das 
Ungeschick der Feinde Englands zu einem schließlichen 
Erfolge dieses Landes auf kolonialem Gebiete bei- 
getragen hat als die eigene Kraft oder größere Be- 
fähigung für koloniale Ausgaben. Was würde z. B. 
aus dem wichtigsten englischen Kolonialbesitz, aus 
Ostindien, geworden sein, wenn Frankreich Dupleix, 
den erfolgreichsten Gegner der englischen Bestrebungen 
daselbst, thatkräftiger unterstützt und in dem entschei- 
  
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denden Augenblick nicht sallen gelassen hätte? Die 
ersten Kapitel behandeln die Anfänge der englischen 
klolonialen Unternehmungen, das Vordringen englischer 
Fischer als der ersten Pioniere der kolonialen Thätig- 
keit Englands über den Atlantischen Ocean, John 
Cabots und Raleighs Fahrten, den Beginn der Kolo- 
nisation Nordamerikas, Akadiens und Westindiens 
sowie die Entstehung der East India Company. In 
dem zweiten Abschnitt verfolgen wir die Entwickelung 
und Erweiterung des englischen Besitzes in Nord- 
amerika, Westindien und Ostindien unter den Stuarts 
zur Zeit des Kampfes mit Holland um die See- 
herrschaft. Wie ein rother Faden zieht sich durch 
die Geschichte der nordamerikanischen Kolonien der 
stille, aber unnnterbrochene Kampf zwischen dem 
Mutterland und den auf ihre Freibriefe sich steifenden 
Kolonien um die in diesen Charters gewährten Frei- 
heiten und Rechte, die Parlament und Krone mit 
wechselndem, aber bei der allmählichen Erstarkung 
der Niederlassungen immer geringer werdenden Er- 
folge einzuschränken bestrebt waren. Die Gegensätze 
entsprangen hauptsächlich dem Umstande, daß England 
die Kolonien durch Schifffahrtsakte und Ausfuhr= 
beschränkungen handelspolitisch auszunutzen bestrebt 
war, während diese, vor äußeren Feinden sich sicher 
fühlend, für den ohnehin kaum jemals geleisteten 
Schutz des Mutterlandes keine Opfer zu bringen ge- 
neigt waren und, den Ausfuhrbeschränkungen trotzend, 
wirthschaftliche Unabhängigkeit anstrebten. Der engli- 
schen Regierung waren durch den Umstand, daß sie 
zwar die Gouverneure und Richter ernennen konnte, 
die Kolonien aber deren Gehälter zu bewilligen 
hatten, was bei Streitfällen vielfach nicht geschah, 
ziemlich die Hände gebunden. 
Die Lage der englischen Unternehmungen in In- 
dien war in jener Zeit im Allgemeinen keine glück- 
liche. Nicht nur bekämpften sich die verschiedenen 
Gesellschaften unter sich, bis es endlich gelang, sie 
zu verschmelzen, sondern sie litten auch schwer unter 
den fortgesetzten Kämpfen mit den Portugiesen und 
Holländern. Die Gehälter der Beamten waren 
llägliche, so daß dieselben geradezu auf Durchsteche- 
reien und heimlichen Handel angewiesen waren. Dabei 
fehlte es vielfach an einer einheitlichen, kundigen, 
zielbewußten Leitung, die Macht der einheimischen 
Fürsten war noch ungebrochen, die Handelsfaktoreien 
eben nur geduldet. 
Der dritte Theil behandelt die Kämpfe mit Spa- 
nien und Frankreich um die Weltherrschaft. Hier ist 
eines der interessantesten Kapitel dasjenige, welches 
die im Zusammenhang mit dem Krieg gegen Spanien 
vor sich gehende Entstehung der Südsee-Gesellschaft 
behandelt, welche sich auf die Hoffnung der Oeffnung 
der spanischen Besitzungen in Amerika für den engli- 
schen Handel gründete. Die höchst lesenswerthe 
Schilderung dieser Unternehmungen, welche ein maß- 
loses Spekulationsfieber in England (1720) entfachten, 
bildet im Hinblick auf die Bestechungen und Geld- 
zuwendungen, mit welchen die Company die Förde-
	        
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