Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

anderen auf 2 sh; die erste Zahl ist um mehr als 
die Hälfte geringer als der jetzige Preis für Castilloa- 
kautschuk in London, der andere steht noch immer 
4 4 unter ihm. Daß Kautschuk billiger kultivirt 
werden kann, als man es von eingeborenen Sammlern 
kauft, ist ein absolutes Faktum, und es ist klar, daß 
die Qualität jedem wilden Produkt sehr überlegen 
sein muß, mit Ausnahme vielleicht von dem Para- 
kautschuk, dessen Bereitungsmethode keiner Verbesserung 
mehr fähig zu sein scheint. Für Gesellschaftsunter- 
nehmungen bietet die Kautschukkultur in Mexiko ein 
vorzügliches Feld, da es kein der Rede werthes Sub- 
stitut für Kautschuk giebt und ein solches auch kaum 
gesunden werden dürfte.“. 
Der „Tropical Agriculturist“ giebt den von einer 
Kautschukpflanzung von 100 000 Bäumen nach acht 
Jahren zu erwartenden Profit an auf 44 337 Pffd. 
Sterl. 10 sh, nach neun Jahren auf 47 620 Pfd. 
Sterl. bei einer ursprünglichen Nettokapitalsanlage 
von 3625 Pfd. Sterl.; die Regierungsprämie ist 3 d. 
Nach der „Rangoon-Gazette“ geben bei niedriger 
Berechnung 100 000 Bäume nach Abzug der Kosten 
eine jährliche Revenue von 25 000 bis 30 000 
Pfd. Sterl. 
Dr. Morris, der Sachverständige des Kew 
Gardens für tropische Landwirthschaft, sagt: „Wenn 
in nur wenigen Jahren Kautschuk im Werth einer 
halben Million an zwei kleinen Stellen Afrikas ge- 
wonnen werden konnte, so denke ich, daß die Leute, 
die für Kautschukpflanzungen in der ganzen Welt 
eintreten, etwas tiefer in die Sachlage eindringen 
sollten. Wir wissen, daß in Brasilien das Amazo- 
nosthal und beide Seiten der Anden sich stark. der 
Kautschukindustrie hingeben. In Centralamerika, 
Mexiko und in anderen Theilen der Welt wird 
Kautschuk gleichfalls als Waldprodukt in großen 
engen erzeugt. Bevor wir zum Kautschukpflanzen 
in unseren eigenen Kolonien und speziell auf Land, 
welches werthvollere Dinge erzeugen kann, übergehen, 
sollten wir uns überzeugen, daß die Kautschukindustrie 
nicht möglicherweise der Cinchonaindustrie folge, die 
den Pflanzern Westindiens, Indiens und Ceylons so 
große Verluste beigebracht hat.“ " 
Die Redaktion des „Tropical Agriculturist“ glaubt 
nicht, daß ein Grund zur Besorgniß ist, daß die 
Pflanzer sich kopflos in die Kautschukkultur stürzen 
werden; dazu ist die Kultur zu mühsam und der 
Ertrag zu spät. Andererseits ist Kautschuk ein Pro- 
dukt, welches, einer bestehenden Thee-, Kaffee= oder 
Kakaopflanzung hinzugefügt, nach der Aupflanzung 
längs der Wege, Grenzen oder in den Feldern bis 
zur Ernte nur sehr wenig Mühe macht, so daß die 
Gesammtkosten sehr mäßig sein dürften. „Zwar 
unterliegt es kaum einem Zweifel, daß Westafrika 
mit dem Amazonasthal als Heimath für Kautschuk 
wetteifere; aber Jahr für Jahr wird die Gans, 
welche die goldenen Eier legt, mehr aufgebraucht, 
und wenn der Bedarf an Kautschuk, wie es scheint, 
weiter zunimmt, so sehen wir keinen Grund, daß sich 
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Pflanzer entmuthigen lassen sollen, Kautschukbäume 
einzusetzen, speziell als Nebenprodukt, wo schon Pflan- 
zungen von Thee, Kaffee, Kakao oder selbst Kokos 
als Stapelprodukte existiren.“ 
Thatsache ist jedenfalls, daß augenblicklich die 
Kautschukkultur überall noch im Kindheitsstadium ist, 
daß ihre Rentabilität immerhin zweifelhaft ist, und 
daß es erst der praktischen Durchführung der Kultur 
vorbehalten bleibt, zu definitiven Ergebnissen zu 
gelangen. 
Deutsch -Ostafrikanische Gesellschaft zu Berlin. 
Im Jahre 1897 haben die Unternehmungen der 
Gesellschaft, wie wir dem Geschäftsberichte entnehmen, 
befriedigende Fortschritte gemacht. Nach wie vor ist 
die Entwickelung der Gesellschaft in erster Linie von 
den Erfolgen der Plantagenthätigkeit abhängig. Die 
Ausdehnung der landwirthschaftlichen Betriebe Deutsch- 
Ostafrikas ist die Grundlage für die Erhöhung der 
Fähigkeit des Landes zur Waarenaufnahme und für 
die Steigerung seines Wirthschaftslebens im Allge- 
meinen. Die auf dem Handei-Hochlande befindlichen, 
mit dem Gesammtnamen Union belegten Pflanzungen 
von Coffea arabica sind weiter ausgestaltet worden. 
Auf der Kokosnußplantage Muoa ist das Wachsthum 
der Palmen nach Wunsch gewesen, indessen ist ein 
Theil der Kulturen von der ganz außergewöhnlich 
langen Dürre mitgenommen worden. In Kikogwe 
hat die Sisalkultur eine stattliche Ausdehnung ge- 
wonnen. Auch die Entwickelung der Liberiakaffee- 
Plantage Mwera hat den Erwartungen bisher voll 
entsprochen. Der Waarenbedarf Deutsch-Ostafrikas 
ist im Berichtsjahre, da die Eingeborenen dank gutem 
Ausfall ihrer Ernten kaufkräftiger waren, ein größerer 
gewesen. Auf der anderen Seite war für die von 
den Eingeborenen gelieferten Produkte, insbesondere 
Kautschuk und Wachs, auf dem europäischen Markt 
recht befriedigende Nachfrage vorhanden. Auch auf 
dem Sansibarmarkte hat die Gesellschaft mit höherem 
Nutzen gearbeitet. Die Bilanz der Anstalten auf 
Madagaskar weist einen bescheidenen Gewinn auf. 
Die Festigkeit der englischen Regierungspolitik hin- 
sichtlich des indischen Währungswesens, insbesondere 
in dem Grundsatz, die indischen Münzstätten geschlossen 
zu halten, hat den Kurs der indischen Rupie während 
des Berichtsjahres in langsamer Steigerung gehalten. 
Der Preis von 1 Schill. 4 Pce. ist nunmehr erreicht, 
und die Aufwärtsbewegung darf damit nach dem 
Programm der englischen Regierung einstweilen als 
abgeschlossen gelten. In Deutsch-Ostafrika hat die 
deutsche Rupie mit der indischen gleichen Schritt ge- 
halten. Zu Ende des Jahres 1897 war der Kurs 
1,38; nichtsdestoweniger hat die Gesellschaft den 
Debet-Saldo der Generalvertretung nicht höher als 
zum Kurse von 1,10 bewerthet. 
Dem Bedürfnisse des Verkehrs dienend, hat die 
Gesellschaft in 1897 244 030 Ganzrupienstücke und
	        
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