Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

sie künstlich mit · einer gelbgefärbten Leimmasse in- 
jicirt, um sie sichtbar zu machen. Ich erinnere mich 
nicht, jemals bei anderen Krankheiten auch nur an- 
nähernd ähnliche Bilder in Leberschnitten gesehen zu 
heben, und möchte deswegen dieses Verhalten der 
Gallenkapillaren als ein sicheres Kennzeichen für das 
Texasfieber halten. 
Das größte Interesse mußte sich natürlich der 
mikreskopischen Untersuchung des Blutes zuwenden, 
in welchem, wie bekannt, Th. Smith und F. L. Kil- 
borne einen Parasiten nachgewiesen haben, den sie 
für die Ursache des Texasfiebers halten. 
Dieser Parasit befindet sich in den rothen Blut- 
körperchen und hat im vollkommen entwickelten Zu- 
stand eine birnenförmige Gestalt. 
zwei solcher Parasiten dicht nebeneinander gelagert 
im rothen Blutkörperchen gefunden werden, so hat 
man diesem sonderbaren Mikroorganismus den Namen 
Pyrosoma bigeminum beigelegt. 
Nach Angabe der Entdecker des Pyrosoma soll 
der Parasit Jugendformen besitzen, welche wie äußerst 
seine Pünktchen aussehen oder höchstens sehr kleinen 
Mikrokokken an Größe gleichkommen. Dieselben sollen 
ausschließlich in den milden Fällen des Texasfiebers, 
dann aber in großer Zahl gefunden werden, so daß 
5 bis 50 Prozent der rothen Blutkörperchen davon 
besetzt sind. In den akuten schweren Fällen des 
Texasfiebers soll nur die große Birnenform des 
Parasiten vorkommen und nur ½ bis 2 Prozent 
der rothen Blutkörperchen damit inficirt sein. 
. In einer gewissen Anzahl der von mir unter- 
suchten Thiere konnte ich das ausgewachsene Pyrosoma 
bigeminum nachweisen. Dasselbe entsprach der Be- 
schreibung, welche Smith und Kilborne davon ge- 
geben haben, so vollkommen, daß gar kein Zweifel 
über die Identität des hier gefundenen und des bei 
den amerikanischen Rindern entdeckten Parasiten be- 
stehen konn. Nur in Bezug auf die Jugendformen 
des Pyrosoma und die Beziehungen derselben sowie 
der erwachsenen Parasiten zu dem milden und zu 
dem schweren Texasfieber bin ich zu anderen Resul- 
taten gekommen als die amerikanischen Forscher. 
Ich fand nämlich gerade bei den schweren, schnell 
tödlich verlaufenden Fällen in den rothen Blut- 
körperchen eigenthümliche Gebilde, welche stäbchenartig 
aussehen, so daß man sie für kleine Bazillen halten 
lönnte. Dieselben sind häufig etwas gekrümmt, mit- 
unter so stark, daß sie ringförmig werden und in 
diesem Falle den Parasiten der tropischen Malaria 
sehr ähnlich erscheinen. Oefters sind diese Stäbchen 
in der Mitte etwas dicker; sie zeigen dann deutlich 
eine doppelte Kontur und nehmen die Form eines 
Weidenblattes an. Zwischen solchen Formen und 
der Birnenform des erwachsenen Pyrosoma finden 
sich alle Uebergänge, und ich habe infolgedessen 
die Ueberzeugung gewonnen, daß die von mir ge- 
fundenen Parasiten die eigentlichen Jugendformen des 
Pyrosoma bilden. Sie sinden sich in den schwersten 
Fällen in außerordentlicher Menge; mitunter so 
Da in der Regel 
  
—— 
reichlich, doß 80 bis 90 Prozent aller rothen Blut- 
körperchen davon besetzt sind. Meistens enthält ein 
Blutkörperchen 2 oder 4 Parasiten, vielfach aber nur 
1 oder 3. Soweit meine Erfahrungen bis jetzt 
reichen, finden sich in den ganz akuten Fällen nur 
diese Jugendformen. Je langsamer der Verlauf ist, 
um so geringer wird die Zahl der Parasiten und 
um so sicherer kann man darauf rechnen, daß auch 
erwachsene birnenförmige Parasiten erscheinen. Im 
Blute derjenigen Thiere, welche die Krankheit über- 
standen haben oder von vornherein nicht merklich 
krank waren, aber zu einer inficirten Herde gehören, 
traf ich nur vereinzelte Jugendformen, gewöhnlich in 
Form von Ringen oder Halbringen. 
Um eine Vorstellung von den Formen der hier 
gefundenen Parasiten zu geben, erlaube ich mir eine 
Farbenskizze ganz gehorsamst beizufügen, welche von 
methyleublaugefärbten Präparaten angefertigt ist. 
Die obere Abtheilung der Skizze zeigt die 
Jugendformen, die untere das voll entwickelte Pyro- 
soma bigeminum. 
Ob diese Differenzen zwischen den Ergebnissen 
meiner Untersuchungen und denjenigen der amerika- 
nischen Forscher durch Verschiedenheiten der Jahres- 
zeit, des Klimas, der Viehrasse oder vielleicht der 
Untersuchungsmethode bedingt sind, vermag ich vor- 
läufig nicht zu entscheiden. 
Die hier gegebene Beschreibung der Parasiten 
bezieht sich auf die im Blut der lebenden Thiere 
vorkommenden. Im todten Thier und namentlich 
bei der Konservirung von Organstücken in Alkohol 
nahmen die Parasiten eine Kugelgestalt an, wie auch 
Smith und Kilborne bereits beobachtet haben 
Im Uebrigen konnte ich das sehr merkwürdige 
Verhalten dieser Krankheit, so wie es von den 
amerikanischen Forschern und im Anschluß an diese 
in Süd-Afrika, Australien, Italien, Donauländern 2c. 
beobachtet ist, vollkommen bestätigen. Dasselbe kommt 
bekanntlich darauf hinaus, daß in Gegenden, wo das 
Texasfieber endemisch ist, das Vieh mehr oder weniger 
immun geworden ist und von der Krankheit kaum 
merklich zu leiden hat. Solches Vieh kann vollkommen 
gesund und gut genährt aussehen; aber sobald es 
mit anderen nicht gegen Texasfieber immunen Rindern 
in Berührung gebracht wird, sei es, daß letztere in 
eine Texasfiebergegend versetzt werden oder daß 
scheinbar ganz gesunde Rinder aus einer Texasfieber- 
gegend nach anderen gesunden Gegenden gebracht 
werden, dann bricht nach einigen Wochen unter den 
nicht immunen Thieren die Seuche aus. Etwa ein 
Viertel bis ein Drittel der inficirten Rinder geht zu 
Grunde, die übrigen kommen im Ernährungszustand 
sehr zurück, erholen sich aber ganz allmählich und 
sind dann für die Zukunft geschützt. Die Infektion 
soll in diesem Fall nicht unmittelbar von einem Thier 
zum andern, sondern durch Vermittelung von Zecken 
vor sich gehen. 
Bis jetzt habe ich das Texasfieber bei 35 Thieren 
mit mehr oder weniger reichlichem Parasitenbefund
	        
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