Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

Am 25. Dezember trafen der von Osten des Nord- 
bezirks aus Grootfontein herangezogene Feldwebel 
Froede mit 20 Reitern und Assistenzarzt Dr. Kuhn 
ein. Die Kompagnie verfügte jetzt über eine ge- 
nügende Kopfzahl, war aber immer noch schwer 
beweglich, weil die vorhandenen Pferde sich bei der 
schlechten Weide nicht erholen konnten, sondern im 
Gegentheil immer schwächer wurden. 
Eine eingehende Darstellung der Ereignisse vom 
23. Dezember 1897 ab giebt der nachstehende Bericht 
des Hauptmanns v. Estorff, d. d. Franzfontein, 
den 6. Januar 1898: 
„Am 1. Januar 1898 ging Lieutenant Eggers 
mit 25 Reitern und 15 Eingeborenen nach Groß- 
Tsaub, um von dort aufzuklären. Auf seine Meldung 
vom 2. Januar abends, daß die Spuren eines starken 
Kommandos Hottentotten in seiner Nähe, namentlich 
bei Klein-Tsaub, gefunden seien, traf ich mit den 
berittenen Mannschaften der Kompagnie am 3. Januar 
früh in Groß-Tsaub ein und vereinigte dort 70 Köpfe. 
Der Marsch hatte jedoch im Schritt ausgeführt 
werden müssen, wobei die sehr schwachen Pferde ab- 
wechselnd geführt wurden. 
Klein-Tsaub wurde durch einen Unteroffizier- 
posten besetzt, vom Feinde wurde nichts weiter be- 
merkt. In Groß= und Klein-Tsaub war nicht genügend 
Wasser, die Pferde satt zu tränken. 
Am 4. Januar nachmittags meldete der Posten 
in Klein-Tsanb, daß eine Abtheilung Hottentotten 
von Groß-Omaruru her in Anmarsch sei. Der 
Posten wurde daraufhin verstärkt. Am Nachmittage 
fielen in Klein-Tsaub Schüsse, und die Kompagnie, 
welche nach einer Stunde eintraf, erfuhr, daß die 
feindliche Abtheilung, aus Reitern und Fußmann- 
schaften bestehend, in weit ausgedehnter Schützenlinie 
etwa 40 Mann stark gegen den Berg vorgegangen 
war, auf welchem sich der Posten befand. 
Nach wenigen Schüssen jedoch war sie in nord- 
westlicher Richtung in das dichte Buschwerk zurück- 
gewichen. Ich ging nun mit der Kompagnie in der 
angegebenen Richtung auf eine Gebirgspforte zu, 
welche sich 3/4 Stunden nordwestlich von Klein-Tsaub 
befand. Groß= und Klein-Tsaub blieben besetzt, die 
Kompagnie war daher nur noch 40 Köpse stark. 
Die Pforte war auf beiden Seiten von Bergen ein- 
gefaßt, der westlich gelegene Berg war etwa 250 m 
hoch, ziemlich spitz und sehr steil. Etwa 1 km vor 
der Pforte wurden einige Hottentotten auf dem 
Berge westlich bemerkt; daraufhin wurde abgesessen. 
Die Züge der Lieutenants Eggers und Bensen 
bildeten eine Schützenlinie, welcher die Richtung auf 
die Pforte gegeben wurde, die Pferde folgten 300 m 
hinter dem linken Flügel, eine kleine Abtheilung unter 
Feldwebel Koczy ging links rückwärts hinter der 
Schützenlinie gestaffelt, links neben den Pferden vor. 
Die Kompagnie benutzte zu ihrem Vorgehen eine 
flache Geländesenkung, welche jedoch in der Nähe 
der Pferde aufhörte. Etwa 600 m voar dieser wurde 
der Schützenlinie die Richtung auf den hohen Spitz- 
420 
  
berg gegeben. Sie erhielt jetzt Feuer aus einer 
Stellung, welche sich an dem hohen Spitzberg über 
die Pforte bis zu dem Berge westlich derselben er- 
streckte, etwa 900 m lang, vom Feinde war jedoch 
nichts zu sehen. Die Schützenlinie blieb im lang- 
samen stetigen Vorgehen mit vorgenommenem linken 
Flügel. Nach ¾ stündigem Feuergefecht erreichte der 
Lieutenant Eggers die Spitze des Berges und ver- 
trieb die Hottentotten von dort. Diese hatten den 
Angriff bis auf 10 Schritt ertragen, wandten sich 
dann aber zur Flucht, unter den Klippen ver- 
schwindend. Es wurde hier ein Mann vom Feinde 
getödtet und zwei Pferde erbeutet, welche der Feind 
mit auf den Berg heraufgenommen hatte. Der Zug 
des Lieutenants Bensen war ebenso in stetigem 
Vorgehen geblieben, indem er sich links nach dem 
Berg heranzog. Lieutenant Bensen wurde jedoch 
hierbei schwer verwundet. 
Die Abtheilung des Feldwebels Koczy schob 
sich in eine Lücke zwischen beiden Zügen. Die 
Schützenlinie stand auf diese Weise so, daß sie den 
linken Flügel der feindlichen Stellung der Länge 
nach beschießen konnte, indessen ohne sichtbaren Er- 
folg, weil der Feind sich in dem Geröll des Berges 
ausgezeichnet gedeckt hatte und nichts von ihm zu 
sehen war. Das Feuergefecht dauerte noch etwa 
eine halbe Stunde, bis die Dämmerung sich sehr 
stark bemerklich machte. Dann verließ der Feind 
erst auf dem linken Flügel und zuletzt von dem 
rechten Flügel in raschem Lause das Gesechtsfeld. 
Bei dieser Flucht war er nur für geringe Theile 
der Schützenlinie sichtbar, verschwand sehr schnell in 
den Büschen oder legte sich hinter dem Geröll nieder, 
um von dort gedeckt wegzukriechen. So hatte auch 
dieses Feuer, welches mit Visir 450 abgegeben 
wurde, keinen sichtbaren Erfolg. Einzelne Feinde 
schossen noch von verschiedenen Stellen aus den 
Felsen heraus. Nachdem die Dunkelheit völlig herein- 
gebrochen war, verstummte das Gefecht. 
Assistenzarzt Dr. Kuhn hatte den Verbandplatz 
bei den Pferden, hinter dem rechten Flügel der Kom- 
pagnie, eingerichtet; diese verblieb in der Nacht in 
ihrer Stellung. 
Verluste: 
Todt: Reiter Mauß, 
-Geißler. 
Schwer verwundet: Lieutenant Bensen. 
Am 5. Januar früh wurde das Gefechtsfeld ab- 
gesucht, todte Feinde wurden nicht mehr gefunden, 
die Fußspuren ließen seine eilige Flucht nach Klein- 
Omaruru erkennen. Die Zahl des Feindes schätzte 
ich auf ca. 60 Mann. Kurz vor Mittag ging die 
Kompagnie zum Wasser nach Klein-Tsaub zurück. 
Die Pferde waren nur noch im Schritt zu reiten, 
sie waren seit drei Tagen nicht satt getränkt. Eine 
Verfolgung des flüchtigen Feindes hätte unter diesen 
Umständen nicht weit gereicht und die Kompagnie 
in einen fast bewegungslosen Zustand gebracht. Ob- 
wohl ich daher das Geschütz und Graf v. Bethusy-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.