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Vom 26. Juni bis 26.Oktober 1897 unternahm der
apostolische Präfekt seine erste große Reise durch die
Präfektur. Der Weg führte von Windhoek über Otyim-
bingwe, Tsaobis, Swakopmund, Omaruru, Outjo,
Waterberg, Okahandja. Der erste Zweck dieser Reise
war, den katholischen Soldaten und Kolonisten Gelegen-
heit zur Erfüllung ihrer religiösen Pflichten zu geben.
Der zweite Zweck war die Gründung einer neuen Mission
nördlich von Grootfontein. Leider war der einzige
Führer in dem noch unbekannten Norden, der als
Unterhändler bei den Häuptlingen dienende Far-
mer Erikson, nach Angola gereist, und so konnte
Pater Herrmann die ersehnte Missionsgründung
noch nicht ins Werk setzen.
In der Hauptstation Windhoek beschäftigten sich
die Patres hauptsächlich mit der Seelsorge der katho-
lischen Weißen (Soldaten und Ansiedler). Einer der
Patres bekleidet die Stelle eines Feldgeistlichen. Pater
Filliung begleitet augenblicklich die Schutztruppe auf
ihrem Marsche gegen die aufständischen Zwartbois.
Auch mit der Schule ist der Anfang gemacht.
Für die Präfektur ist der plötzliche Tod des hoch-
würdigen Paters Schoch, apostolischen Präfelten von
Transvaal, der der Mission noch die größten Dienste
hätte leisten können, ein wahrer Verlust. (Vergl.
Kol. Bl. S. 432.)
Personal der Präfektur: Missionare: Pater
Herrmann, Propräfekt, Pater Kieger, Pater
Filliung; Laienbrüder: Bruder Pawollek, Bruder
Leuper und Bruder Havenith.
St. Bonifacius zu Hünfeld bei Fulda ist der Sitz
des Provinzials Pater Scharsch, der zugleich Su-
perior ist, und deutsches Scholastikat (Priesterseminar).
Personalien: 12 Patres, 9 Patres Scholastiker
(die zur völligen Ausbildung noch ein Jahr im
Missionshause verbleiben), 58 Alumnen, 4 Laienbrüder-
Professen, 6 Laienbrüder-Novizen.
Aus Urundi (Missionsgebiet der Weißen Bäter
im Nordosten des Tanganyikasees) wird in „Kreuz
*il Sässern- Folgendes mitgetheilt (vergl. Kol. Bl.
116):
Auf Befehl des Bischofs mußte ich mich von der
Station in Usige nach der Mission zum hl. Herzen
in Misugi (Ost-Urundi) zurückziehen. Um aber nicht
den großen Umweg durch den Süden zu machen,
entschloß ich mich, in gerader Richtung durch Mittel-
urundi auf Misugi zu marschiren, einmal weil da-
durch der Weg um die Hälfte verkürzt wurde, dann
aber auch, um so eine direkte Verbindung mit Uschi-
rombo zu eröffnen.
Am 1. Februar setzten wir uns in Marsch und
am 22. waren wir leidlich gut in Misugi angelangt.
Daß ich so viel Zeit gebrauchte, erklärt sich aus der
Unmöglichkeit, schnell zu gehen, da unsere Kinder den
Anstrengungen nicht gewachsen waren. Und dann
sind die Warungi auch nicht an das Tragen von
Lasten gewöhnt. Der Marsch an sich war ein kühnes
Unternehmen, aber es ist geglückt. Die Bevölkerung
zeigte sich überall friedlich, sogar freundschaftlich.
Es fehlt mir an Zeit, um Tag für Tag eine
Reise von Usige nach Misugi zu beschreiben. Die
ersten Märsche waren übermäßig anstrengend. Wir
mußten oft die mächtige Bergkette, welche den Tau-
ganyikasee einsäumt (2500 bis 3000 m hoch), fast
bis zur Spitze erklettern, marschirten deshalb auch
nur eine bis zwei Stunden am Tage. Alle diese
Gebirgsschluchten und Abhänge, bewässert von zahl-
reichen Bächen, beherbergen eine sehr dichte Bevölke-
rung. Fast überall Bananenpflanzungen und bebaute
Felder, herrliche Gegenden für die Missionare. Ein-
mal über den Gebirgsrücken hinweg, beginnen große
Hochebenen, durchschnitten hier und da von Bergketten
mit ihren Thälern. Die trockenen, mit kurzem Gras
bewachsenen Hochebenen sind fast ausschließlich von
den Watussi (Hirtenvolk) bewohnt, die hier prächtige
Weide finden. Da giebt es keine Bananen. Die
Thäler und Berghänge dagegen bewohnen die Wa-
hutu, die Ackerbauer (wörtlich Sklaven).
Es ist kalt auf jenen Hochebenen; mehrere Nächte
konnte ich nicht schlafen. Drei unserer Kinder sind
da gestorben, ich glaube vor Kälte. Aber das Klima
ist sicher ausgezeichnet; Fieber und Malaria dürften
da unbekannt sein. Die Luft ist rein, der Boden
trocken, Sümpfe giebt es nicht, überall aber Quellen,
die sich in Flüsse und Bäche ergießen. Welch reizen-
des Land, welcher Unterschied im Vergleich mit den
langweiligen menschenleeren Poris (Steppenwälder)
von Unyamwesil
Dieses Land Urundi beherbergt wirklich eine für
afrikanische Verhältnisse kolossale Bevölkerung. Diesen
Eindruck haben alle Europäer erhalten, die im Lande
reisten, so der Vizegouverneur v. Trotha und Herr
Ramsay. Stanley schätzte s. Z. die Bevölkerung
von Uganda auf 4 bis 5 Mill. Seelen; ich glaube,
daß die Bevölkerungsziffer von Urundi näher an
5 Millionen wie an 3 Millionen steht. Die Zukunft
wird lehren, ob sie nicht noch größer ist.
—
Personal-Nachrichten (aus „Kreuz und Schwert“):
Gestorben sind aus der Kongregation der Weißen
Väter Pater Capus und Pater van der Briesen.
Ersterer war mit Pater Loonus aus Afrika zurück-
gekehrt und starb im Mutterhause, Letzterer auf
seinem Posten in der Mission St. Antonius in
Usige-Urundi. ·
Weiße Schwestern. Die ehrwürdige Schwester
Felicia (aus Hülm), Schwester Paul vom hl. Kreuz
(aus Ruhrort) sowie zwei nichtdeutsche Ordensfrauen
sind seit Mai zur Gründung einer neuen Nieder—
lassung auf der Reise zum Tanganyika-See. Am
10. Juli reisten nach Uschirombo ab die Schwestern
Antonia (aus Lüchtringen), St. Marcus (aus
Wülperich) und eine französische Schwester.