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zwischen den Feldern vertheilten Trockenscheunen ge= stiegen aus. Nach kurzem Gange, erst durch Man-
bracht worden war, konnte man die Sorgfalt, mit
der die Felder bestellt waren, noch gut erkennen,
auch stand noch eine recht beträchtliche Menge großen-
theils ausgezeichnet aussehenden Krautes draußen.
Vielsach sah man auch die chinesischen Kulis bei der
Arbeit, neue Pflanzen einzusetzen, in der Hoffnung,
sie noch vor Schluß der Ernte zur Reife zu bringen.
Bekanntlich ist es in Sumatra, und nach dessen Vor-
bild auch in Borneo Gebrauch, den chinesischen Kulis
je ein oder einige Felder zu selbständiger Bepflanzung
zu überlassen und ihren Eifer dadurch anzuspornen,
daß ihnen Zahlung je nach Zahl und Güte der
von ihnen nach dem Schnitt eingereichten Pflanzen
geleistet wird. Auf diese Weise wird es möglich,
die Beaussichtigung über Hunderte von Kulis und
über die Bearbeitung weiter Landstrecken durch
wenige europäische Assistenten zu bewerkstelligen. In
den Trockenscheunen sah ich sorgfältig in langen
Reihen neben und übereinander aufgehängt die ab-
geschnittenen Pflanzen im Zustande des Trocknens,
nach dessen Beendigung die Blätter zum Fermentiren
in die Fermentirscheune gebracht werden. Nach der
Beendigung des Fermentirprozesses werden die Blätter
nach ihrer Güte, d. h. nach der Länge, Farbe, Frei-
heit von Löchern 2c. sortirt, dann in Ballen verpackt
und versandt. Das Sortiren konnte ich nicht sehen,
weil noch kein Tabak fertig fermentirt war. Wir
gingen am nächsten Morgen nach einem Stück Ur-
wald, das im nächsten Jahre zur Bebauung gerodet
werden sollte. Es waren jetzt Leute mit dem Fällen
herrlicher alter Billianbäume, deren Holz für fast so
werthvoll wie Teakholz gilt, beschäftigt. Leider wird
bei den Rodungen ungeheuer viel schönes Nutzholz
ein Raub der Flammen, lediglich, weil es im Urwald
an Mitteln sehlt, es auf den Markt, zu den Häsen
zu bringen. Bei der Rückkehr von dieser Exkursion
mußte ich mich von cinigen Blutegeln befreien, die sich
an meinen Beinen festgesogen hatten; die Stelle, wo
einer von ihnen gesessen hatte, war noch nach einer
Woche zu erkennen.
Am 8. September nachmittags 1 Uhr verließ ich
mit der inzwischen zurückgelehrten „Sabah“ Batu
Putch und erreichte am nächsten Vormittag wieder
Sandakan.
Meinen zweiten Ausflug von Sandakan aus, den
nach Byte Niver Estate, unternahm ich am 13. Sep-
tember in Begleitung des Advokaten aus Singapore,
des Herrn Lease, Verwalters des Koyah Cstate,
und eines Kaufmanns aus Sandakan, der die kauf-
männische Verwaltung von Byte Estate vertretungs-
weise leitete. Wir fuhren westlich von Balhalla hin-
durch und dann nordwestlich bis zu dem auf der
Karte Sibuga, sonst Byte genannten Fluß, der mit
den mit Mangroven und Nipa bewachsenen Usern
den gleichen Charakter zeigte, wie der Kinabatangan,
aber nur einen kurzen Lauf und ein schmales Bett
hat. Eine halbe Stunde stromaufwärts legten wir
an einer etwas primitiven Landungsbrücke an und
grovengebüsch, später durch Kaffeebusch, gelangte man
zu dem Hause des Verwalters Herrn Snell, der
hier mit seiner jungen Frau, einem zweimonatigen
Söhnchen und einem Assistenten, einem jungen Deut-
schen, wohnt. Er war auf den Besuch nicht vor-
bereitet, da keine Post nach dem Ort geht und man
ihn nur mit spezieller Gelegenheit erreichen kann.
Wir hatten aber durch Fürsorge des Gouverneurs
unsere Lebensmittel und Bedienung selbst mitgebracht.
Die Plantage gehört der British North Borneo
Development Corporation Limited, einer Aktiengesell-
schaft, die dazu ins Leben gerufen ist, um große
Länderstrecken zu erwerben und auf ihnen Versuchs-
kulturen anzulegen. Von dem im Ganzen 55 000
Acres betragenden Areal, ist bis jetzt nur ein kleiner
Theil bebaut und zwar hauptsächlich mit Kaffee,
daneben einige Acker mit Kokosnuß, Hanf, Gambier
und Pfeffer. Als Arbeiter fand ich hier wiederum
Hakka-Chinesen, die auch eine eigene Ansiedelung
hatten. Dort sah Alles wohl gepflegt aus und ge-
dieh vorzüglich.
Gegen 4 Uhr nachmittags machten wir uns zur
Rückfahrt auf und waren nach 2½ Stunden wieder
in Sandakan. Zu meinem Bedauern war es mir
nicht mehr möglich, noch eine Tour nach Darvelbai
zu unternehmen, da ich sonst meine Absicht, die
Pflanzungen an der Marudubai zu sehen, hätte auf-
geben müssen. Die Möglichkeit, auch die goldtragen-
den Theile des Landes an der Darvelbai kennen zu
lernen, schien ausgeschlossen, weil dazu eine besondere
Expedition nöthig gewesen wäre.
Am 16. September abends verließ ich Sandakan
mit einem Lokaldampfer, der am nächsten Morgen
8 Uhr an einem Dorfe Jembongon in der Schom-
burghbucht anlief, um einige eingeborene Passagiere
an Land zu setzen und einige Ladung zu löschen,
und uns abends, nachdem wir den Mallawallekanal
passirt hatten, wieder nach Kudat brachte. Hier war
der Resident gerade abwesend und zur Untersuchung
eines Mordes nach Pitas Estate gefahren. Ich
übernachtete im Hause des Regierungsarztes und
fuhr den nächsten Morgen ebenfalls nach Pitas Estate,
wo ich bis zum 20. September frühmorgens blieb,
um dann mit Herrn Little zunächst nach Taritipan
Estate und am gleichen Tage abends zurück nach
Kudat zu fahren. Am nächsten Tage, 21. Septem-
ber, saß ich gerade im Regierungsgebäude und sprach
mit dem Schatzmeister über den Haushaltsetat, als
das Haus heftig erschüttert wurde, wie wenn Jemand
mit aller Gewalt an den Grundpseilern rüttelte. Es
war ein Erdbeben, das sich zu gleicher Zeit — zehn
Minnten nach 1 Uhr — über den Norden Borneos
in südwestlicher und weithin über das Meer in öst-
licher Richtung erstreckt hat. In der Nähe der Insel
Labnan (etwa 150 englische Meilen südwestlich von
Kudat) hob sich zu gleicher Zeit eine Insel aus dem
Meere heraus, die etwa 250 m breit und 60 Fuß
hoch sein sollte. Um 5 Uhr nachmittags fuhr ich