Randbemerkungen
des Reichskanzlers:
also auch von uns.
Dazu mußten wir
entweder Besitz er-
greisen oder Lüderitz
als Souverän
anerkennen.
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Lüderitzschen Besitzung im Innern gelegenen Mine zu gestatten, deren Exploitirung in
dem Kontrakt vom Jahre 1864 für eine Zeit von 40 Jahren (bis 1. Januar 1904) dem
2c. Spence zugestanden worden ist.
Herr Lüderitz nimmt, solange ihm die rechtmäßige Erwerbung der an der Küste
seines Gebietes innerhalb der drei Seemeilen-Zone gelegenen Inseln durch die Engländer
nicht nachgewiesen wird, auch für diese Inseln das volle Eigenthumsrecht in Anspruch.
Das Kap-Gouvernement hat elf solcher Inseln, von denen zwei in der Angra
Pequena-Bucht liegen, vor Jahren der Firma Spence verpachtet. Das Recht zur Ver-
pachtung hat der Kolonialsekretär in Kapstadt Herrn Lüderitz gegenüber auf eine Besitz-
ergreifungsakte des Kommandanten eines Britischen Kriegsschiffes vom Jahre 1866 gestützt.
Derselbe versuchte aus der bezüglichen Proklamation das Recht Englands auch auf den
Hafen von Angra Pequena herzuleiten, obwohl, wie der Kaiserliche Konsul in Kapstadt unter
dem 22. Januar d. J. berichtete, die Inbesitzuahme dieses Hafens schon damals ausdrücklich
als Kompetenz-Ueberschreitung des hierzu nicht angewiesenen Kommandanten annullirt wurde,
und die Einverleibungsakte der Kapkolonie vom Jahre 1873 sich auf keinen Punkt an der
Küste, sondern nur auf jene elf Inseln erstreckte.
Auf die Frage des Herrn Lüderitz, ob England oder die Kapkolonie die Inseln
gekauft habe, antwortete der Kolonial-Sekretär, dies sei nicht nöthig gewesen, denn die
Hottentotten seien „Savages“, deren Land von irgend einer zivilisirten Macht annektirt
werden könne.
Diesen neuesten Behauptungen der Kolonialbehörden gegenüber, welche wegen ihres
posthumen Charakters mindestens auffällig sind, können wir uns auf die, in unserer noch
unbeantworteten Note schon benutzte Erklärung der Großbritannischen Regierung vom
30. Dezember 1880 beziehen, welche eine Ausdehnung der Britischen Jurisdiktion jenseits
des Orangeflusses nur für die Walfisch-Bai zuläßt. ·
Während Herr Lüderitz sonach auf Grund seines Kaufvertrages zugleich mit dem
Gebiete auf dem Festlande auch die fraglichen Inseln mit allen Privat- und Hoheitsrechten
für sich reklamirt, erklärt er sich bereit, Herrn Spence, da dieser s. Z. bona fide Pächter
der Inseln geworden zu sein scheine, die aus dem angeblichen Pachtvertrage (ein solcher ist
englischerseits bisher nicht produzirt worden) fließenden Rechte bis zum Ablaufe der Pacht-
zeit nicht streitig zu machen, falls von Seiten der Engländer im Uebrigen seine Rechte
respektirt werden.
Was nun den erbetenen Schutz des Reiches anbelangt, so hat Herr Lüderitz
vor Allem daran erinnert, daß er s. Z. ausdrücklich erklärt habe, es komme ihm darauf an,
außerhalb der Machtsphäre einer dritten Nation sein Unternehmen zu begründen. Er glaubt
den Beweis geliefert zu haben, daß das von ihm erworbene Gebiet dieser Voraussetzung
vollkommen entspreche.
Eines schriftlichen Antrages über die Form des zu gewährenden Schutzes hat er
sich enthalten zu sollen geglaubt, weil er nach den ihm gemachten Andeutungen besorgt, daß
sein Wunsch wegen Inbesitznahme seines Gebietes oder Uebernahme eines Protektorats über
dasselbe durch das Reich sich nicht ersüllen werde. Er hofft aber, daß die Kaiserliche
Regierung irgend eine Form finden werde, um die Annexion des fraglichen Gebietes durch
eine andere Macht zu verhüten.
Der großbritannischen Regierung gegenüber können wir, außer auf das in Angelegen-
heiten der Karolinen= und Pelew-Inseln von England gemeinsam mit uns vertretene und in
der unbeantwortet gebliebenen Note in Erinnerung gebrachte Prinzip, daß nur die effektive
Okkupation und faktisch ausgeübte Souveränität Anspruch auf Anerkennung begründe, uns
auch auf den jüngsten Schriftwechsel zwischen den Kabineten von London und Lissabon über
die Kongofrage berufen.
In dem englischen Blaubuch Afrika Nr. 2 1884 findet sich Seite 34 unter Nr. 21
eine Depesche Lord Granvilles vom 7. Januar d. J., worin die englische Regierung die
Anerkennung der Souveränität Portugals über die Kongo-Mündung u. A. an die Begrenzung
der Souveränität Portugals über den oberen Schire-Fluß (Nebenfluß des Zambesi) knüpft.
Diese Forderung wird einfach durch den Hinweis begründet, daß sich an den Seen Nyassa
und Schirwa, wo Portugal bisher keine Hoheitsrechte ausgeübt habe, seit einiger Zeit eng-
lische Handels= und Missionsniederlassungen befänden, mit deren Interessen die portugiesische
Herrschaft nicht verträglich sein würde. Z .
In Groß-Namaqua und Damara (Herrero) giebt es aber so gut wie leine englischen
Interessen, dagegen befinden sich daselbst seit mehr als 40 Jahren viele deutsche Handels-