Usambara - Cisenbahn.
Aus Dar-es-Saläm wird berichtet, daß der Ver-
kehr auf der Usambarabahn in letzter Zeit wesentlich
zugenommen hat. Jeden Dienstag und Sonnabend
fährt ein Zug Tanga-—Muhesa und zurück und nach
Erforderniß auch zweimal an den genannten Tagen.
Ramerun.
Bericht des stellvertretenden Gouverneurs Dr. Feitz
über eine Expedition in das Batangaland.
Dem Berichte des stellvertretenden Kaiserlichen
Gouverneurs von Kamerun vom 16. August d. Js.
über eine Expedition in das Batangaland wird Fol-
gendes entnommen:
Eine Reihe Beschwerden, welche der stellvertretende
Generalkonsul in Old-Calabar wegen angeblicher
Uebergriffe der Station Rio del Rey und der seit
kurzer Zeit weiter in das Innere vorgeschobenen,
mit einem schwarzen Zollgehülfen besetzten Zollstation
Okobo geführt hatte, veranlaßten mich, die Untersuchung
über die fraglichen Vorfälle selbst an Ort und Stelle
zu führen, um zu gleicher Zeit den Vorschlag des
Stationsleiters Romberg, eine weitere Zollstation
nach dem Innern vorzuschieben, einer Prüfung zu
unterziehen.
Da die ganze Reise nur eine Orientirungsreise
sein sollte, und mir von allen Seiten die Verhältnisse
in den Gegenden, die ich besuchen wollte, als ruhig
geschildert und besonders betont worden war, daß
an der Nordgrenze und im Gebirge überall Träger
von den Eingeborenen leicht zu bekommen seien, so
nahm ich außer einem Detachement von 30 Mann
der Schutztruppe unter dem Befehl des Lieutenants
v. Arnim von Kamerun nur 32 Träger mit, neben
sechs Aboleuten lauter Duallas.
Am 14. Juni verließ die Expedition mit dem
Dampfer „Nachtigal“ Kamerun und traf am 15.
vormittags 11 Uhr auf der Station Rio del Rey ein.
Dort schloß sich derselben der mit den Verhältnissen
an der Grenze und im Binnenlande vertraute Sta-
tionsleiter RKomberg an. Die Station Rio del Rey
wurde einstweilen dem Zollgehülsen Akovi übergeben.
Am nächsten Morgen 6 Uhr 20 Min. wurde auf dem
neu geschlagenen Wege nach der Zollstation Okobo
aufgebrochen, welche am 19. Juni vormittags 10 Uhr
erreicht wurde, nachdem vom 18. auf den 19. Juni
im Urwald im Lager übernachtet worden war. In
Okobo, wo sich der von Rio del Rey aus vorgescho-
bene, mit einem farbigen Zollgehülfen besetzte Zoll-
posten befindet, hat der Häuptling Amoêfiem zwei
neue Lehmhäuser der Regierung zur Verfügung ge-
stellt. Das Dorf selbst, welches etwa 1 1½8 Tagereisen
von der deutsch-englischen Grenze liegt, hat lediglich
Bedeutung durch den Handelsweg, welcher von hier
aus nach dem englischen Gebiet führt. Noch vor
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ganz kurzer Zeit waren die Calabarhändler die un-
bestrittenen Herren der Gegend. Wie sehr sie sich
als solche betrachteten, zeigt eine neuerdings bei dem
Generalkonsul in Old-Calabar von Calabarhändlern
eingereichte Beschwerde, deren Thatbestand ich, wie
folgt, feststellte: Der Stationsleiter Romberg nahm
gelegentlich seiner Anwesenheit in Okobo einen Calabar--
stlaven, Mfam Idigbe, fest, welcher in das deutsche
Gebiet Waaren einschmuggelte. Der Herr dieses
Sklaven, Ndomo Eijo, griff mit mehreren anderen
Calabarleuten den deutschen Zollgehülfen Brohm
gelegentlich eines Patrouillenganges thätlich an, entriß
ihm seinen Hirschfänger, wurde jedoch, da die Ein-
geborenen dem Brohm zu Hülfe kamen, in die Flucht
geschlagen. Diesen Vorfall benutzten die Calabar-
händler zu einer Beschwerde wegen Vergewaltigung
durch den deutschen Zollposten. Dabei stellte sich bei
näherer Untersuchung heraus, daß der Sklave Mfsam
Idigbe aus deutschem Gebiet geraubt war. Er wurde
für frei erklärt. Die sämmtlichen von mir vernom-
menen Leute, darunter die Häuptlinge Amoéfiem von
Okobo, Arong Njo von Kunda-Kunda, Akama Odgum
von Okpohobet, Otu Epuenam von Rkuru, sagten
übereinstimmend aus, daß die Calabarleute früher
ganze Züge von Sklaven, eskortirt durch Bewaffnete,
aus dem Lande ausführten. Auch wurden mir eine
Reihe Leute namentlich bezeichnet, die noch in letzter
Zeit von den Calabarhändlern mit Gewalt oder List
entführt wurden und in Calabar festgehalten werden.
In allen diesen Händeln spielt der jetzt verstorbene
fromme King Ekanemessin eine für einen Christen
recht bedenkliche Rolle. Ich werde in meiner Ant-
wort auf die Beschwerden der Calabarhändler
dem Generalkonsul in Old-Calabar diese That-
sachen mittheilen und insonderheit um Nachforschung
über den Verbleib der aus deutschem Gebiet entführten
Personen ersuchen.
Ich bemerke, daß Okobo, Kunda-Kunda und die
übrigen genannten Ortschaften zweifellos zum deutschen
Gebiet gehören. Sie liegen weit diesseits der seiner
Zeit von Hauptmann v. Besser vorgeschlagenen
Grenzlinie.
Dem Handel der Calabarleute, die bisher gegen
Rum, Capguns und Caps Sklaven und Gummi nach
dem Akwa Jasé und Calabar hinüberführten, ist
durch die Anlage des Zollpostens in Okobo ein
schwerer Schlag versetzt, dessen Folgen sich schon jetzt
für den deutschen Handel im Rio del Rey fühlbar
machen. Im Interesse des Handels aus dem Hinter-
lande der Rombiberge bedarf es indessen noch von
deutscher Seite der Anlage einer weiteren Zoll=
station und zwar an den Croßfällen selbst, wo sich
zur Zeit schon englische Faktoreien befinden. Im
Verlauf meiner Reise bin ich zu der Ueberzeugung
gekommen, daß nicht nur die Calabarleute ihre Han-
delswege weiter landeinwärts, nach den Croßfällen
zu, verlegt haben, sondern auch die im Banjanglande
in Menge sich herumtreibenden Weyjungen — ihre
Zahl wurde mir von 200 bis 400, letztere zweifellos