Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

auf dem sich die neuen Wege kreuzen, mißt in der 
Länge 1 km, in der Breite 600 m. Die Wege sind 
gerade und (wenn auch nur in ostafrikanischem Sinn) 
breit. Br. Meyer ließ sich bei ihrer Anlage nicht 
nur leiten von dem Gedanken, ungehindertes Gehen 
zu ermöglichen, sondern von dem weitsichtigeren, den 
Verkehr auf die Station zu leiten. 
Um die dritte große Arbeit der letzten Wochen, 
die Wasserleitungsanlage, voll würdigen zu können, 
müssen wir die genannte Stationsskizze näher an- 
sehen. Den Mittelpunkt derselben bildet naturgemäß 
das Christendörflein, die Stationsgebäude (mit den 
nächstliegenden Feldern ein Viereck von 100: 200 m) 
und das etwa gleich große Landstück des früheren 
Kibatata. Dieser Mittelpunkt nun wird von allen 
Seiten von Grasland umgeben, durch welches die 
erwähnten neuen Wege führen, die in ihrer Ge- 
sammtheit eine Länge von 3 km haben dürften. Im 
Norden wird das ganze Grasland (eine kleine Hoch- 
ebene) vom Thal des Kalabaches, im Süden von 
einem nicht benannten Wasserlauf begrenzt. Das 
Wasser dieses Kalabaches nun hat Br. Meyer durch 
das Stationsland bis dicht an die Missionsgebäude 
herangeführt und unterhalb der Häuser und Felder 
wieder in denselben Bach ausfließen lassen — eine 
anerkennenswerthe Leistung, denn mit ihren Windungen 
mißt diese Leitung in der Länge mehr als 1 km. 
Das Christendörflein vergrößert sich. Es sind 
jetzt 15 Hütten da, 2 davon für Träger und Rei- 
sende. Eine ganze Menge Leute wollen sich anbauen 
(vielfach freilich nur von dem Verlangen nach Ver- 
dienst getrieben), man kann aber nicht alle aufnehmen. 
  
Den „Berichten der Rheinischen Missionsgesell- 
schaft“ entnehmen wir den folgenden Jahresbericht 
des Missionsinspektors Dr. Schreiber über die 
Thätigkeit in Südwestafrika und in Neu-Guinea. 
In Deutsch-Südwestafrika hat das Jahr 
sehr viel Noth und Trübsal gebracht. Die Rinder- 
pest, von deren Auftreten schon vor einem Jahre 
hier berichtet werden mußte, hat ihren entsetzlichen 
Gang durch das ganze Hereroland in unglaublich 
kurzer Zeit vollendet und einen großen Theil der 
Herero zu Bettlern gemacht. Im Namalande ist 
sie dagegen viel weniger schlimm aufgetreten, was 
wohl an dem bedeutend geringeren Viehstande liegt. 
Aber mit dieser einen Plage ist es nicht genug ge- 
wesen. Als im Hererolande die Leute nun nach 
dem Verlust ihres Viehes doppelt fleißig gewesen 
waren mit Garten= und Ackerbau, da kamen die 
Heuschrecken und fraßen Alles auf. Und damit war 
es noch nicht genug, ja nun kam erst die aller- 
schwerste Heimsuchung. Eine Fieberepidemie so 
schwer und so allgemein, wie man sie dort noch nie 
gesehen hat, hat Tausende von den Eingeborenen 
dahingerafft und auch von unseren Geschwistern ist 
kaum ein einziges verschont geblieben. Nur dies 
war der Unterschied, daß die Eingeborenen wegen 
  
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ihrer schlechten Ernährung der Seuche weniger 
Widerstand leisten konnten und darum in so großer 
Zahl dahingerafft sind. In der Angelegenheitlder 
Reservate für die Eingeborenen sind wir nun doch 
insofern einen wichtigen Schritt weiter gekommen, 
als die Sache durch eine kaiserliche Verordnung fest 
geregelt und damit der Boden geschaffen ist, auf 
dem nunmehr solche Reservate gebildet werden können. 
Außer den von Gott über das Land verhängten 
Strafgerichten hat uns noch eine andere von Menschen 
veranlaßte böse Sache einen ganz unerwarteten 
großen Schmerz bereitet. Gerade die Gemeinde, die 
uns in den letzten Jahren so ganz besonders viel 
Freude gemacht hat, Franzfontein, wurde durch einen 
Aufstand gegen die deutsche Regierung ganz plötzlich 
nicht nur in zwei feindliche Parteien zerrissen, son- 
dern geradezu an den Rand des Unterganges ge- 
bracht. Die Veranlassung dazu waren Zwistigkeiten 
wegen der Häuptlingswürde. Erst nach großen An- 
strengungen gelang es, des Aufstandes Herr zu 
werden; Miss. Riechmann konnte auch noch dazu 
mithelfen, die Aufrührer dahin zu bringen, daß sie 
sich den Deutschen ergaben. Nur 200 Gemeinde- 
mitglieder sind dem Missionar einstweilen ver- 
blieben. 
Aber andererseits hat der Herr doch allerlei 
Segen geschenkt. Unter den Herero hat sich infolge 
der schweren Heimsuchung durch die Rinderpest doch 
hie und da entschieden eine größere Empfänglichkeit 
und Zukehr zum Wort Gottes gezeigt, wenn auch 
die großen Erwartungen, die man im Anfang an 
diese Bewegung knüpfte, nicht in Erfüllung gegangen 
sind. So konnte z. B. auf einem neuen Filial, das 
zu Okahandja gehört, Otjiruze, eine stattliche Schaar 
getauft werden in einer Kapelle, die die Leute selbst 
erbaut haben. Auf Otjihacnena war der Besuch 
von Kirche und Taufunterricht besser als je, und 
manche alten verhärteten Sünder kamen zur Be- 
kehrung. Besonders erfreulich ging es auch mit der 
Arbeit unter den Bergdamara voran. Nicht nur 
wurden auf den beiden Stationen Otjimbingue und 
Okombahe und auf Tsumamas, der früheren Station 
von Br. Kremer wieder größere Schaaren von Berg— 
damara in die Gemeinden aufgenommen, sondern auch 
auf Gaub, der jetzigen Station Kremers, haben sich 
etliche Bergdamara zur Taufe gemeldet, die Erstlinge 
der dortigen Arbeit. 
Ganz besonders wunderbar hat uns aber der 
Herr in unserer Ovambomission im letzten Jahre 
geführt. Da ist es durch große Nöthe und Gefahren 
gegangen, aber das Ende war ein entschiedener Fort- 
schritt der Arbeit. Daß dies Gebiet, was das Klima 
betrifft, unter unseren afrikanischen das bedenklichste 
ist, das mußten wir auch in diesem Jahre erfahren. 
Miss. Wulfhorst mußte mit seiner Frau das Land 
verlassen und kam schwerkrank im Hererolande an. 
Gut, daß Miss. Ickler inzwischen im Ovambolande 
eingetroffen war und die Station Omupanda über- 
nehmen konnte. Dieser junge Bruder hatte zum
	        
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