Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

— 
So wurde denn, als man das Vertrauen der 
Bevölkerung hinlänglich gewonnen hatte, von den 
Missionaren Wittwer und Basedow im Februar 
d. Is. der Beschluß gefaßt, die längst gehegte Absicht 
auszuführen und den Gipfel des geheimnißvollen Kupe 
zu besteigen. Man erwählte hierzu einen möglichst 
klaren Tag und begann die nöthigen Zurüstungen. 
Allein der Beschluß war schneller gefaßt als aus- 
geführt. Denn als es galt, einige Träger für das 
unerläßlichste Gepäck anzuwerben, wollte sich Niemand 
für die gefürchtete Bergfahrt finden. Selbst die 
älteren Missionsschüler weigerten sich beharrlich oder 
wurden von ihren Eltern am Mitgehen verhindert. 
Mut vieler Mühe gelang es schließlich, vier junge 
Leute als Begleiter zu gewinnen. Wir lassen nun 
Missionar Basedow selbst über diese erste Bestei- 
gung des Kupe berichten. 
Um 8 Uhr morgens sollte der Marsch angetreten 
werden. Allein wir konnten erst um 10 Uhr auf- 
brechen, infolge der afrikanischen „Eile“ der Träger. 
Rüstig schritt der kleine Zug voran, einem alten 
Jägerpfade folgend, der aber leider nur zu bald ein 
Ende nahm. Dann galt es, sich einen neuen Weg 
in gerader Richtung zu bahnen. Bruder Wittwer 
und ich wechselten damit ab, uns mit dem Busch- 
messer durchzuhauen, während unsere Träger mit den 
Lasten hinterdrein marschirten. Der Weg war im 
Ganzen leicht hergestellt, da nur wenig Unterholz 
oder Gestrüpp vorhanden war. Nur an den Stellen, 
wo der Sturm größere Bäume entwurzelt hatte und 
wo den Sonnenstrahlen freier Zutritt gewährt war, 
erschwerte das wildwuchernde hohe Schils das Vor- 
wärtekommen. Auch das lockere, feuchte Erdreich, 
das den Füßen nicht genügend Halt bot, ließ uns 
den Marsch bei einer Steigung von etwa 30 Grad 
etwas sauer werden. 
Es galt zunächst einen Bergrücken zu erklimmen, 
der dem eigentlichen Kupe vorgelagert ist und von 
wo aus dann die Steigung bis zur höchsten nörd- 
lichen Spitze eine geringere ist. Endlich um 5 Uhr 
nachmittags wurde Halt gemacht. Es dauerte nicht 
lange, so war der Lagerplatz in der Urwaldung 
hergerichtet, und ein kleines Feuer flackerte lustig in 
unserer Mitte. Obschon das Thermometer nur 15° R. 
anzeigte, war die Kühle der Nacht nicht sonderlich 
zu spüren, da die Baumkronen mit ihrem dichten 
Laubwerk jeden Luftzug abhielten. So konnten wir 
uns denn erfrischt und gestärkt am Morgen von 
unserem Lager erheben. Die wohlthuende Ruhe hatte 
auch unseren eingeborenen Begleitern wieder einigen 
Muth eirgeflößt, so daß wir uns in aller Frühe 
auf den Weg machen konnten. 
Miist ging es durch dichtes Gestrüpp, darunter 
auch durch solches von Brombeeren, das besonders 
das Vorwärtskommen unserer unbeschuhten Leute sehr 
erschwerte. Indem wir eine südöstliche Richtung ver- 
folgten, kamen wir an verschiedenen Stellen vorbei, 
wo das Wild gelagert hatte, von dem wir aber kein 
einziges Stück erblickten, da es längst das Weite 
771 
r 
  
——“ 
gesucht hatte. An größerem Wild soll es hier be- 
sonders viele Büssel, Wildschweine und Antilopen 
geben. Auch zeigten uns zahlreiche tiefe Fallgruben, 
die von den im Osten des Kupe wohnenden Einge- 
borenen angelegt werden, daß das Wild hier oben 
häufig vorkommt. Merkwürdig ist auch, daß sich auf 
diesem Gebirgskamm, wie auf dem ganzen Wege, 
den wir bis jetzt zurückgelegt hatten, sehr wenig oder 
gar keine Felsen vorfanden, sondern daß die ganze 
Bergseite von einer tiesen, schwarzen Humusschicht 
bedeckt ist, was auch die vielen Fallgruben deutlich 
erkennen ließen, die alle 2 bis 3 m tief waren. Am 
meisten überraschte uns aber eine Quelle, auf die wir 
stießen, und die nur etwa 80 bis 100 m unterhalb 
des oberen Bergkammes entspringt. 
Hier und da zeigte sich uns beim Vordringen 
eine Baumlücke, die den schönsten Ausblick gewährte. 
Wir wurden dadurch nur um so mehr angespornt, 
nach einem freieren Aussichtspunkte zu fahnden. Nach 
einigem Suchen fanden wir denn auch einen solchen 
und zwar da, wo wir ihn nicht erwartet hätten. 
Denn kaum hatten wir uns eine Strecke weit durch 
dichtes Gestrüpp hindurch gearbeitet, als wir plötzlich 
einen kleinen schönen Grasplatz von etwa 5 m Flächen- 
gehalt vor uns erblickten, der den äußersten Rand 
einer 100 m senkrecht ins Thal abfallenden Felswand 
bildete. Wie gebannt blieben wir stehen, und über- 
wältigt von dem großartigen Anblick, beschlich uns 
eine Art von Grausen, als sich plötzlich vor uns der 
gähnende Abgrund aufthat. Der ganze Nordosten 
bis hin zum Süden wird von hier aus beherrscht. 
Von diesem Punkt aus erhält man wohl auch am 
besten einen Eindruck von der gewaltigen Höhe des 
Kupe, denn ohne irgendwelche vorgelagerte Bergrücken 
erhebt er sich hier unmittelbar aus der Mf un= und 
Fanebene, während nach Osten hin ihn eine tiefe 
Schlucht von einem ziemlich gleich hohen Höhenzug 
trennt. Was das für ein Bergrücken ist, ob der 
Manenguba oder Nlonako, das konnten wir wegen 
des vielen Nebels und wegen der Wolkenmassen, die 
der Wind wild durcheinander jagte, nicht entscheiden. 
Sehr wahrscheinlich ist es aber ein zum Kupe ge- 
höriger Gebirgsstock. 
Unterdes war es 12 Uhr mittags geworden, und 
wir mußten an den Weiterweg denken, denn unser 
eigentliches Ziel, der Krater des Kupe, war noch 
lange nicht erreicht. Als wir uns bald darauf wieder 
in dichtem Gebüsch befanden, gingen unsere Anfichten 
in Betreff des einzuschlagenden Weges auseinander, 
woraus unsere Leute sofort den Schluß zogen, daß 
wir uns verirrt hätten. Das genügte, um sie mit 
Schrecken zu erfüllen. Immer und immer wieder 
hieß es: Wir sind verirrt! Wir sind verloren! Wie 
erstaunt waren sie daher, als sie, oben angelangt, sich 
plötzlich klar wurden, daß sie am Rande des Kraters 
standen, auf den wir schon lange zugesteuert hatten. 
Auch hier gewährte uns die Berghöhe einen Blick 
in die Tiefe. Da lag dort unten, scheinbar ganz in 
der Nähe, unser Nyasoso mit dem Missionsgehöft,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.