Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

schiedenartigen Materialien gesichtet und verwerthet 
sind. Nur der Fachmann kann beurtheilen, welche 
Mühe und welche umfassende Vertiefung in die 
Verhältnisse, Sprachen und Beschaffenheit jener 
Länder dazu nöthig ist, um aus dem Wust von sich 
oft widersprechendem Material das Brauchbare 
herauszufinden und die Widersprüche in einer der 
Wahrheit möglichst nahekommenden Weise zu lösen. 
Die Unzuverlässigkeit der Neger, die dem Weißen 
die Namen und geographischen Daten liefern, die 
eigenthümliche Veränderlichkeit der Letzteren in diesem 
Theile Afrikas — Orte verschwinden, neue entstehen 
oder wechseln ihren Platz, ebenso die Wege — und 
die klimatischen Verhältnisse — in der Trockenzeit, 
wo die Flüsse versiegen, ist es unmöglich eine fehler- 
freie Uebersicht des hydrographischen Systems zu 
gewinnen, in dem dicken Dunst der Trockenheit kann 
man nahe an Gebirgen vorüberziehen, ohne sie zu 
bemerken — verursachen zahlreiche Widersprüche in 
den Aufnahmen der verschiedenen Reisenden, auch 
wenn sie genau den gleichen Weg zogen. Es ist 
Sache des wissenschaftlichen Kartographen, diese 
Widersprüche aufzuhellen, Irrthümer herauszufinden 
und schließlich alles vorliegende Material zu einem 
der Wirklichkeit möglichst entsprechenden Bild des 
Landes zu gestalten. Sämmtliche an der Erforschung 
dieser Gebiete betheiligt gewesene Reisende werden 
Herrn Sprigade zu besonderem Danke verpflichtet 
sein für die große Sorgfalt, die er ihren Mate- 
rialien beim Aufbau dieser Karte, welche naturgemäß 
bei ihrem durch die Verhältnisse bedingten Maßstab 
noch bei Weitem nicht alle beigebrachten geographi- 
schen Unterlagen verwerthen konnte, hat angedeihen 
lassen. Dr. H. Gruner. 
Beutsch-Neu-Guinea. 
Unruben auf der Gazelle= Dalbinsel. 
Etwa Mitte April d. J. war dem Kaiserlichen 
Richter in Herbertshöhe seitens des Häuptlings 
Tokitang von Paparatawa am Varzinberg (Gazelle- 
Halbinsel) die Meldung zugegangen, daß die Leute 
von Tamanairiki mit denen von Wiwiren im Kampfe 
stünden. Letztere übertrugen, der Sitte der Ein- 
geborenen folgend, den Streit auf die Taulil, jenseits 
des Kerawat; letztere schlugen nun auf Weiriki und 
Taptawul. — Der eine der Zusammenstöße in der 
Landschaft Taptawul fand nur etwa 7 km von der 
Pflanzung Gunamur der Kompagnie entfernt statt. 
Die sletige Wiederkehr heftiger andauernder, mit 
aller Grausamkeit geführter Buschkämpfe in nächster 
Nähe der Verwaltung, mit Uebertragung oft noch 
in das derselben ergebene Gebiet wurde zu einer 
steten Gefahr. Zur Abschreckung der Eingeborenen 
südlich des Varzin richtete deshalb der Kaiserliche 
Richter Dr. Hahl im August d. J. an den Komman-= 
danten S. M. Krzr. „Falke“, Korvettenkapitän Wall- 
mann, das Ersuchen, mit einem Landungskorps 
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und der Polizeitruppe bis zum Varzin zum Zwecke 
einer friedlichen Demonstration vorzudringen. 
Die Straße reicht bis an die Grenze von 
Tamanairiki und ist fahrbar bis auf den vom Var- 
zin gegen Norden abzweigenden Höhenkamm. Die 
letzte Strecke von 5 km etwa ist gut marschirbar, 
aber für Fuhrwerk noch nicht zu benutzen. 
Korvettenkapitän Wallmann war daher in der 
Lage und zeigte sich gern bereit, dem Ersuchen des 
Dr. Hahl Folge zu geben, umsomehr, als an ihn 
seitens verschicdener deutscher Ansiedler die Anregung 
herantrat, mit dieser Expedition auch eine patriotische 
Ehrung des Fürsten Bismarck auf dem Varzinberge 
zu verbinden. Kapitän Wallmann hat darüber 
folgenden Bericht an das Oberkommando der 
Marine erstattet: 
„Gelegentlich eines Besuchs Einiger Herren des 
Archipels bei mir an Bord — es varen der Ver- 
treter der Firma Hernsheim & Co., Herr Max 
Thiel und Herr Parkinson aus Rslüm — kam 
das Gespräch auf den in einigen Tagen gitattfindenden 
Ausmarsch des Landungskorps nach d em Varzin. 
Der erstgenannte Herr brachte ein läng k geplantes 
Unternehmen in Anregung, dahingehend, dem Alt- 
reichskanzler Fürsten Bismarck auf dem Warzin ein 
Denkmal zu errichten, zu dessen Grundstsinlegung 
dieser für den Archipel wichtige Moment eimer ersten 
Truppenentfaltung im Innern sehr geeignet erschien. 
Ich versprach sofort zu dem patriotischen Werk die 
größtmögliche Unterstützung, welche in Anfdrriigung 
einer provisorischen Gedenktafel als Vorarbeit- und 
in Mitwirkung der Landungstruppe bei der Feier- 
lichkeit bestand. 
Ein schnell sich bildendes Komitee, bestehend aus 
dem Kaiserlichen Richter Dr. Hahl, den oben ce- 
nannten beiden Herren, welchen als vierte Pers on 
der Vertreter der Neu-Guinea-Kompagnie, Her 
Geisler beitrat, nahm die Angelegenheit in die 
Hand. Die Feier wurde für den 11. vormittags 
anberaumt und die Ansiedler des Archipels zur Theil 
nahme aufgefordert, soweit dies in der kurzen Zeir 
von zwei Tagen möglich war. Der vereinbarte Plau 
war der, auf dem Varzin an einer geeigneten Stelle 
die fragliche Tafel zu errichten, welche vorerst aus 
Holz hergestellt, demnächst durch eine solche aus Erz 
oder Stein ersetzt werden sollte. Als Inschrift wurde 
bestimmt: 
„Der Archipel seinem großen Pathen Otto 
v. Bismarck. Auf dem Varzin im Bismarck- 
Archipel am 11. August 1898.“ 
Als Programm für die Feier wurde vereinbart, 
daß zur Einleitung einige Verse aus dem Choral 
„Nun danket Alle Gott“ gesungen werden sollten, 
darauf der deutsche Missionar Fellmann ein kurzes 
Gebet zu sprechen habe, dem sich unter präsentirtem 
Gewehr ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser, 
ausgebracht von mir, anschließen, und dem als Schluß 
eine Ansprache des Kaiserlichen Richters Dr. Hahl,
	        
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