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viele Stecklinge nach Victoria zu bringen, zumal ich
nicht wissen konnte, ob die Früchte soweit nachreifen
würden, daß die Samen keimfähig würden. Eine
kleine Anzahl Früchte hatte ich übrigens für alle
Fälle an dem Baume gelassen, um sie eventuell im
Zustande der Vollreife holen zu können, falls die
Ueberführung der Art in den Versuchsgarten auf
andere Weise mißglückte. Die Stecklinge beschloß ich,
nach allen in den Tropen gemachten Erfahrungen,
aus altem Holze zu nehmen.
Am Morgen des 25. grub ich sieben kleine Kaut-
schukbäumchen mit Wurzelballen aus und verpackte
sie nebst einigen Bündeln frisch geschnittener, starker
Zweige in Bananenblätter. Ein tüchtiger Regen war
in diesem Falle sehr willkommen und nützlich. Als-
dann marschirten wir in fast ununterbrochenem schnellen
Marsche auf demselben Wege, den wir gekommen
waren, zurück bis Lisoka. Am nächsten Tage kurz
nach 4 Uhr nachmittags traf ich in Victoria ein,
und es war noch Zeit genug, die Bäumchen einzu-
pflanzen und auch noch die größte Anzahl der Steck-
linge in Beete zu bringen. Ich hoffe, daß Alles
gut gedeihen wird.
Die mitgebrachten Früchte sind inzwischen nach-
gereist, ausgesprungen und zeigen sehr wohl entwickelte
Samen, welche hoffentlich eine recht große Anzahl
junger Pflanzen liefern werden.*)
Erwähnen will ich noch, daß ich bei dem Rück-
marsche auch zwischen Nyoke und Mojuka zwei kleine
Kautschukbäume antraf. Später habe ich keine mehr
bemerkt, woran indessen die Schnelligkeit des Marsches
sowie der Regen und die schlechten Wege in Balung
schuld sein mögen.
In Victoria habe ich nun an der Hand des Kew
Bulletin und Englers „Notizblatt des botanischen
Gartens 2c. in Berlin“ Untersuchungen des mitge-
brachten Materials und Vergleiche desselben mit der
bei Victoria vorkommenden Kickxia angestellt und
bin zu folgenden, zweifellos richtigen Ergebnissen
gelangt:
Der am 24. November bei Malende am Mungo
von mir gefundene Kautschukbaum ist Kickxia-
africana Bentb. Es ist derselbe Baum, den ich
bereits 1889 bei der Barombistation entdeckte, und
der von den Fantis „Ofuntum“ genannt wird. Die
Eingeborenen der Dörfer bei Barombi begannen da-
mals bereits aus ihm Kautschuk zu gewinnen, und
die Kickxia africana ist also in Kamerun bereits
ebenso früh, vielleicht noch früher ausgebeutet worden
als in Lagos. Der Kautschuk, der seit 1889 am
Mungo und nördlich vom Kamerungebirge gesammelt
wurde, stammt hauptsächlich von dieser Art her.
Herr Regierungsrath Dr. Seitz hat auf einer Reise
durch das Gebiet im Norden des Kamerungebirges
im letzten Jahre an mehreren Stellen gefällte und
*) Diese Hoffnung hat sich in vollem Maße bestätigt,
während von den Stecklingen kein einziger ankam.
geringelte Kautschukbäume gefunden, welche zweifellos
derselben Art angehören.
Die Kickxia#africana Benth. liefert also in
der That guten Kautschuk und zwar, wie ich mich
überzeugt habe, in reichlicher Menge. Die Mitthei-
lungen über diese Pflanze im Kew Bulletin Nr. 106
vom Oktober 1896 sind daher nicht anzuzweifeln.
Die Angabe in dem „Notizblatt des bot. Gartens in
Berlin“, daß ich die Kickxia africana bereits früher
bei Victoria gefunden habe, beruht insofern auf einem
Irrthum, als die damals von mir gefundene Pflanze
eine neue, bisher unbeschriebene Kickxia-Art, die
zweite in Westafrika, darstellt, welche jedoch nach
allerdings unzureichendem Bestimmungsmaterial in
Berlin für Kickxia africana Benth. gehalten
wurde. Diese Art heißt bei den Fantis Okeng. Das
mir vorliegende Material beseitigt jeden Zweifel über
die Echtheit der neuen Art. Mit der letzteren sind
die von mir im „Tropenpflanzer“ Nr. 7 vom Juli
1898 beschriebenen Versuche angestellt worden. Es
ist höchstwahrscheinlich, daß auch der durch Henry
Lecomte in der „Revue des cultures Coloniales“
vom 5. Juli 1897 über Kickxia africana veröffent-
lichte Artikel nicht diese, sondern die neue Kickxia-
Art zum Gegenstande hat, denn die Resultate sind
dieselben, zu denen auch ich gekommen bin. Dasselbe
gilt für andere z. B. in Liberia durch Angestellte des
Herrn Woermann mit einer Kickxia angestellte
Experimente.
Die Kickxia africana Benth. scheint in der
unmittelbaren Nähe der Küste nicht heimisch zu sein,
jedoch bedarf sie offenbar zu ihrem Gedeihen keiner
besonderen Höhenlage. Ihr zahlreiches Vorkommen
auf dem Lateritboden, am Mungo sowohl als auch
auf dem vulkanischen Boden am Elefantensee rc., be-
weist, daß sie an eine bestimmte Bodenart nicht ge-
bunden ist. Ihre Kultur dürfte also in ganz Kamerun
möglich sein, was besonders für den Lateritboden des
südlichen Schutzgebietes von Bedeutung wäre.
Der Kautschuk, den die Kickxia liefert, muß
meines Erachtens bei geeigneter Präparation vorzüglich
sein, denn der von mir aus der an der Luft er-
starrten Milch hergestellte Wickelgummi besitzt eine
ausgezeichnete Elastizität. Die Milch ist weniger
wäßrig als diejenige von Manihot Glaziowüt und
fließt reichlicher als von Hevea brasiliensis. In
der Kickxia africana besitzen wir jedenfalls eine
Art, der bei der Frage der Kautschukkultur die höchste
Aufmerksamkeit zu schenken ist. Sie wird für unsere
Kolonie ohne Zweifel bedeutungsvoller werden als
die Hevea brasiliensis und kann eventuell auch in
Ostafrika kultivirt werden.
Die Vermehrung der Art und ihre Verbreitung
in ganz Kamerun betrachte ich zunächst als eine der
Hauptausfgaben des Versuchsgartens in Victoria.
Von größter Bedeutung, freilich gleichzeitig ungemein
schwterig, wäre es auch, geeignete Vorkehrungen zu
treffen, um den jungen Nachwuchs vor der Vernich-
tung zu schützen. Zu diesem Zwecke müßte zu-