Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

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dorthin gesandt. Während das Schmiedehandwerk 
dort keinen rechten Boden fand, entwickelte sich die 
Schreinerwerkstätte in Verbindung mit Backstein- 
brennerei und Maurerhandwerk trotz mancher 
Schwierigkeiten in erfreulicher Weise. Einige An- 
gaben hierüber enthält auch der Jahresbericht über 
die Entwickelung der deutschen Schutzgebiete für 
1897/98 S. 178, wo Missionar Bohner bemerkt, 
daß Industrie und Plantagenbau von einer Meission 
zwar nie als Selbstzweck betrachtet werden dürften, 
wohl aber als Erziehungsmittel, als Mittel zur 
Schaffung neuer Erwerbszweige und zur wirth- 
schaftlichen Hebung des Volkes unter dem man 
missionirt. Näheres enthält nebst einer Abbildung 
der Industriewerkstätte der Basler Mission in 
Bethel die Nr. 1 des „Evangelischen Heidenboten“ 
von 1899.2) Auch die amerilanische presbyteria- 
nische Mission in Kamernn bildet, wie in der Denk- 
schrist S. 184 erwähnt wird, Eingeborene zu Bau- 
arbeitern heran. 
Auch die katholischen Missionen haben der 
Ausbildung von Handwerkern in Westafrika ihre 
Aufmerksamkeit bereits zugewendet. Es ist bekannt, 
daß decselben ihren Statronen in der Regel in 
Handwerken ausgebildete Laienbrüder beigeben, welche 
alsdann die Lehrmeister der Missionszöglinge werden. 
In Togo besitzt die noch junge Steyler Mission in 
Adjido eine Handwerkerschule mit 20 Schülern, 
welche als Schremer, Schuster, Schneider und 
Schlosser ausgebildet werden. 77) 
Nach dem Jahresberichte der Pallotiner-Mission 
in Kamerun für 1897,98 sucht diese die Schüler 
durch Erlernung von Handwerken und Farmanlage 
auch praktisch fürs Leben zu erziehen. In Marien= 
berg am Sannaga erlernten etwa 9 Schüler die 
Schremerci, ebensoviel die Schlosserei, andere wurden 
Maurer, Schmiede oder Blecharbeiter, auch die 
Schusterei findet begeisterte Anhünger. Die Brüder 
in Edea waren in den verschiedenen Handwerten 
thäng, wobei ihnen die Schüler je nach Neigung 
und Fahigkeiten zugetheilt waren. In Kribi wurden 
die Kmder im Anbau von Kaffec und Gemüsen 
unterweesen. 
Seitens der Verwaltung sind in Kamernn und 
Togo besondere Handwerkerschulen bisher nicht ein- 
gerichtet worden. Doch besteht in Kamerun eine 
Maschinenwerkslätte, in welcher auch eingeborene 
Handwerker beschäftigt werden. In Togo slehen in 
der Regierungsschule den Schülern Werkzeuge zur 
Verfsügung und an vier Nachmittagen der Woche 
arbeiten und lernen die Schüler bei den Schremern, 
Schlossern und Schneidern) 
In Ostafrika. 
In Ostafrika bestand schon seit längerer Zeit zu 
Dar-es-Sulam ein Bauhof mit Handwerkerstätten, 
*) Auszug s. Kol. Bl. Nr. 2 von 18909. 
*) Jabresbrricht über die ECntwickelung der Schutz= 
gebiete. 
***) S. 14 ebenda. 
  
  
l 
  
Bell. zum „Deutschen Kolonialblatt“ 1899, S. 16. i 
— 
in welchem ein Zimmermann, ein Tischler, ein Klempner 
und ein Mechaniker gewissermaßen als Vorarbeiter 
für die heimischen Handwerker beschäftigt wurden. 
Die vorliegende Frage ist für dieses Schutzgebiet 
auch bereits Gegenstand der Verhandlungen des 
Kolonialrathes gewesen. Das Gouvernement hatte 
in einem Bericht vom 5. Februar 18977) die Er- 
richtung einer Handwerkerschule nach dem Muster 
der in Mozambtque bestehenden, militärisch organi- 
sirten Anstalt beantragt. Die Kosten für den Bau 
wurden auf 120 000 Mk., die für den Betrieb bei 
einer Schülerzahl von etwa 100 auf etwa 70 000 Mk. 
veranschlagt. Es wurde zur Begründung des An- 
trags darauf hingewiesen, daß sowohl an der Küste 
als auch auf den Binnenstationen der Bedarf an 
Handwerkern ein immer steigender sei, und daß auch 
Prwatunternehmungen sehr oft unter dem Mangel 
an tüchtigen Kräften in dieser Hinsicht leiden. Die 
Handwerkerlöhne für Farbige könnten nur als über- 
trieben bezeichnet werden. Es sei zu erwarten, daß 
die Schule durch eigene Arbeiten Einnahmen erzielen 
werde. Der Hauptgewinn aber liege auf kulturellem 
Gebict, indem eine Anzahl von Eingeborenen durch 
Gewöhnung an Arbeit zu ordentlichen Menschen und 
guten Handwerkern erzogen werde. Daß die Ein- 
geborenen Ostafrikas, insbesondere die Wasuaheli, 
ein ganz außerordentliches Talent zur Erlernung von 
Handwerken zeigten, könne kaum mehr bestritten 
werden. 
Bei der Erörterung der Angelegenheit im 
Kolonialrathe #) wurde zwar das Bedürfniß nach 
guten und billigeren Handwerkern allgemein aner- 
kannt, indessen der Vorschlag des Gouvernements 
als zu kostspiclig abgelehnt. Insbesondere wies der 
Vertreter der katholischen Missionen darauf hin, mit 
welch erheblich billigeren Mitteln die Missionen in 
Deutsch-Ostafrika arbeiteten; auch bezeichnete er vom 
religiös-moralischen Standpunkt aus eine lediglich 
techusche Heranbildung der Emgeborenen als erfolg- 
los; ohne Missionsthatigkeit sei eine Erziehung des 
Negers zur Kulturfähigkeit nach irgend welcher Rich- 
tung ausgeschlossen. Die Handwerkerschule müsse sich 
deshalb aus praktischen und moralischen Gründen an 
die bisherige Missionsthätigkeit anlehnen. Der Hand- 
werkermangel an der Küste sei zum Theil auch darauf 
zurückzuführen, daß die Missionen die von ihnen 
ausgebildeten Handwerker zum Ausbau ihrer Sta- 
tionen meist selbst nöthig hätten. Von anderer Seite 
wurden in demselben Sinne die schon geschilderten 
guten Erfahrungen der Basler Mission an der west- 
afrikanischen Küste hervorgehoben. 
Nach längerer Debaite wurde folgende Resolution 
angenommen: „Der Kolonialrath empfiehlt der Re- 
gierung, dem Karserlichen Gonverneur eine bestimmte 
Summe zur Errichtung von Handwerkerschulen zur 
Verfügung zu stellen und ihn anzuweisen, sich hier- 
*) Kolonialrath, vierte Sitzungsperiode, Vorlage 26. 
*7) Vierte Sibungoperiode, Protokoll 17.
	        
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