Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

clendron), dessen Milch als Erfrischungs- und 
Nahrungsmittel getrunken wird, ferner zahlreiche 
Palmen, Baumfarne und ein Heer epiphytischer 
Orchideen, Bromeliaceen, Aroideen 2c. 
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Die ein- 
geschnittenen Thäler, die sich nach der See hin 
öffnen, sind sehr wasserreich und ungemein fruchtbar. 
Sie liefern den bekannten Kakao de la Costa, den 
besten Kakao Venezuelas. An den Abhängen liegen 
die Plantagen von arabischem Kaffee bis zu einer 
Höhe von 1700 m hinauf, deren Produkt ein sehr 
gutes ist. 
In den Kakaopflanzungen findet man hier und 
dort Castilloa elastica, von welcher man sich sehr 
viel verspricht und welche z. B. in Okumare ganz 
vorzüglich gedeiht. Achtjährige Bäume haben dort 
eine Höhe von mehr als 20 m. Auch in den schon 
genannten Kaffeeplantagen Curamata und Cataure 
sind bei etwa 800 m Höhe kleine Pflanzungen von 
Castillog angelegt. Die jungen Bäunchen sehen 
vorläufig kräftig und gut entwickelt aus, ob sie aber 
dauernd in diesem Klima gedeihen werden, bleibt 
abzuwarten. 
Kolanuß. Ferner findet man überall die Kola- 
nuß angepflanzt. In Patanehmo giebt es sogar 
schon ältere, fruchttragende Bäume. Auch von dieser 
Kultur erhofft man sehr viel, meiner Meinung nach 
zu viel. 
Muskatnuß. Auf einer Pflanzung in Bor- 
burata wird auch die Muskatnuß kultivirt, welche 
jedoch in dem Küstenklima nicht zu ihrer besten 
Entwickelung gelangen dürfte. 
Tonkabohne. Sehr interessant war es mir, 
auf derselben Pflanzung die Tonkabohne in Kultur 
zu sehen. Die Bäume (Diptery#K odorata = „Zir- 
rapia“ oder „Sarapia“) sind ziemlich groß, haben 
eine schöne, volle Krone und prachtvolles dunkel- 
grünes Laub. Aus den vieoletten Schmetterlings- 
blüthen entwickeln sich längliche Früchte, welche die 
Größe mittlerer Mangofrüchte erreichen, denen sie 
auch in der Gestalt ähnlich sehen. Das gelbe, etwas 
widerlich riechende Fruchtfleisch umfaßt eine sehr 
starkfaserige, harte Samenschale, in welcher der 
bräunlichviolette, lange, flache Samen, die „Tonka- 
bohne“, liegt, welche in Europa zu Parsümerie= 
zwecken benutzt wird. Man sagte mir, daß ein aus- 
gewachsener Baum bis 100 Pfund Bohnen geben 
könne. Dies scheint mir jedoch übertrieben zu sein. 
Die Dipteryr braucht zu ihrem Gedeihen, wie es 
scheint, dieselben Lebensbedingungen wie der Kakao, 
zwischen den sie auch gleichsam als Schattenbaum 
gepflanzt war, jedoch sagte der Pflanzer, sie wachse 
auch gut auf den trockeneren Bergen. Sie wird 
meines Wissens sonst nirgendwo in der Welt kultivirt, 
scheint mir aber außerordentlich der Beachtung werth 
zu sein. In einer der letzten Nummern des 
„Tropenpflanzer“ fanden sich, meiner Erinnerung 
nach, Tonkabohnen mit 200 bis 750 Mark notirt.?) 
*) Im Januar gingen die Preise sogar bis 1100 Mark 
für 100 kg herauf. 
– — 
  
— –. 
Ich habe einige Samen an die botanischen Gärten 
nach Berlin und Kamerun gesandt. Die Reife der- 
selben findet etwa im August statt, jedoch scheint sie 
sich über eine lange Zeit des Jahres auszudehnen, 
denn ich sammelte gleichzeitig auch Blüthen. Das 
Holz der DipterrX odorata wird als Nutzholz 
sehr geschätzt. 
Mais. Als wichtigstes Produkt der Ackerwirth 
schaft ist der Mais zu nennen. Er wird sowohl 
im Tieflande als auch in den Bergen bis zu 2000 m 
Höhe angebaut, und zwar in mehreren Varietäten. 
Der Maisbau ist ein sehr lohnender. Auf gutem 
Boden erhält man bis 3800 kg pro Hektar. Dennoch 
produzirt Venezuela oft nicht einmal genug für seinen 
eigenen Gebrauch, denn der Bedarf ist ein sehr 
großer, da das Maisbrot, „Aprepa“, bei keiner 
Mahlzeit fehlen darf. In Kaffeepflanzungen wird 
der Mais meist als Vorfiucht gewonnen. Da dieses 
aber auch an sehr steilen Hängen und drei= bis 
viermal hintereinander gethan wird, so wird der 
Boden gleichzeitig sehr ausgesogen und abgewaschen, 
zum Schaden der Kaffeepflanzen. 
Bohnen. In großem Maßstabe werden ferner 
Bohnen kultivirt und zwar ein Dutzend verschiedene 
Varietäten bezw. Arten. Die einen wachsen besser 
im Tieflande; hierzu gehören drei Varietäten von 
„Frijoles“, ferner die sogenannten „Papiramos? 
und „Gueracaros“, die anderen werden nur im 
Hochlande kultivirt, und hierzu gehören die schwarzen 
Bohnen, „Caraoatas negras“, die beliebteste Art 
von allen, welche die fast alltägliche Speise der 
Landbevölkerung ist, ferner die „Caraotas rosadas“, 
eine rosafarbene Varietät, die gleichfalls sehr wohl- 
schmeckend ist. Samen von Caraotas negras und 
rosadas habe ich nach Kamerun gesandt. — In 
Okumare wird versuchsweise die richtige Sojabohne, 
Glrcine hispida, angebaut. 
Zuckerrohr. Das Zuckerrohr nimmt unter den 
Kulturpflanzen Venezuelas eine der ersten Stellen 
ein. Die Emfuhr von Zucker aus dem Auslande 
ist durch riesenhafte Einfuhrzölle unmöglich gemacht, 
deshalb deckt Venezuela seinen ganzen Bedarf durch 
eigene Produktion. Jedoch giebt es keine guten 
Raffinerien, und es wird als reinstes Produkt eine 
Art bräunlich-weißen Zuckers in unregelmäßig ge- 
formten kleinen Stücken und ein ebenso gefärbter 
Streuzucker hergestellt. Weit mehr Zucker kommt 
aber als sogenannter „Papelon", eine braune, in 
kegelförmige Formen von Thon oder Holz gegossene 
Zuckermasse, zum Verbrauch. Aus dem Papelon 
wird mit Wasser ein beliebtes, erfrischendes Getränk, 
„Guarazo“, hergestellt. — Außer dem Zucker und 
Papelon werden auch Aguardiente und Rum aus 
Zuckerrohr hergestellt. 
Das in Venezuela kultivirte Zuckerrohr soll aus 
Otaheiti stammen. Es braucht 16 bis 18 Monate 
und im Hochlande noch längere Zeit zur Reife. 
Von einem Hektar soll man etwa 15 000 Stück im 
Gewicht von 60 000 kg schneiden können, und diese
	        
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