Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

des Stationschefs von Carnot bis nach Ouesso her- 
unter. 
Der Empfang, der mir in Ouesso von den Herren 
Monleur und Blom bereitet wurde, war ein un- 
gemein liebenswürdiger, und die Verhandlungen über 
die vorläufige Regelung der Zoll= und Grenzangelegen- 
heiten ließen sich im Wege besten Einvernehmens 
erledigen. 
Zur Sicherung der Elfenbeinzölle habe ich an- 
geordnet, daß seitens der Faktoreien alles Elsenbein, 
bevor es in der auf dem gegenüberliegenden franzö- 
sischen Ufer belegenen Faktorei niedergelegt wird, nach 
der deutschen Seite gebracht wird, wo von Seiten 
der hiesigen Verwaltung ein provisorisches Ursprungs- 
zeugniß für dasselbe ertheilt wird, das für die revi- 
direnden französischen Beamten bestimmt ist. Das 
für die Douane in Brazzaville bestimmte Ursprungs- 
zeugniß wird erst bei der Verschiffung des Elfenbeins 
für alles zu verschiffende Elfenbem gleichzeitig gegeben. 
Am 27. Juni verließ ich gleichzeitig mit dem 
„Fumcttango“, welcher das französische Kommando 
bis Bayanga bringt und welcher mein Boot bis zur 
Ngokomündung schleppte, Ouesso und erreichte am 
29. gegen Mittag wieder meine Station. Hier fand 
ich Alles in bester Ordnung, der Ausbau war rüstig 
vorgeschritten, und es waren Maisfarmen in Grösße 
von etwa zwei bis drei Morgen angelegt, die bereits 
aufgingen. Ich hoffe, daß in kurzer Zeit die Station 
ihren Bedarf an Lebensmitteln zum größten Theil 
selbst wird decken können. Der Direktor der Gesell- 
schaft Süd-Kamerun, Herr Langheld, wird in 
einigen Tagen hier oben erwartet, der hiesige von 
dieser Gesellschaft übernommene frühere Agent der 
Socicte Anonyme Belge, Classen, bereitet bereits 
das Uebersiedeln der Faktorei auf das linke Ufer vor. 
Günstiges Terrain ist auf dem Hang des Statious- 
berges nach dem Flusse hin reichlich vorhanden. 
Auch dieser Bericht läßt wieder in hervorragendem 
Maßee die außerordentliche Besähigung des verstorbenen 
Dr. Plehn für den Kolonialdienst erkennen. Durch 
seinen Tod hat die Verwaltung des Schutzgebietes 
Kamerun einen schwer zu ersetzenden Verlust erlitten. 
Bericht über die Ermordung des Faktoristen Conrau. 
Der Kaiserliche Gonverneur von Kamerun hat 
nunmehr über die Ermordung des Faktoristen 
Conrau, wie folgt, berichtet: 
Der Forschungsreisende G. Conrau war vor 
einigen Monaten aus dem Bang(Bangwa)lande zu- 
rückgekommen und hatte etwa 50 Arbeiter aus dem 
Dorfe des Banghäuptlings Fontem für die Victoria- 
Gesellschaft mitgebracht. 
Conrau, der mich hier oben aussuchte, war des 
Lobes voll gerade über die Bangwa, die er als 
freundliche und ruhige Menschen schilderte und mit 
deren Lberhäuptling Fontem er sogar auf Zintgraff- 
188 
Pflanzung zu holen. 
sche Manier Blutsbrüderschaft geschlossen hatte. Er 
war seiner Sache bei den Bangwas so sicher, daß 
er seine sämmtlichen werthvollen Sammlungen, über- 
flüssige Koffer und dergleichen bei Fontem zurück- 
gelassen hatte, als er zu seinem letzten kurzen Besuch 
zur Küste kam. 
Im November v. Is. von mir über die Station 
Johann Albrechtshöh zur Erkundung über das Schicksal 
des verunglückten Leutnants v. Queiß entsandt, hatte 
er, etwa 1⅛ Tagemärsche von Nakpe entfernt, mit der 
sicheren Nachricht von Queiß' Tod umkehren müssen 
und war dann in östlicher Richtung quer durch das 
Land marschirt, um bei seinen Bangwafreunden seine 
Sachen und noch mehr Arbeiter für die Victoria- 
Von heutigem Datum an war 
er mit einem festen Gehalt als Explorateur und 
Beamter für die Gesellschaft Nordwest-Kamerun 
engagirt. Er sollte die bevorstehende Bessersche 
Strafexpedition begleiten und im Anschluß an dieselbe 
mit Errichtung von Anlagen an den Croßschnellen 
für genannte Gesellschaft beginnen. Da erhielt ich 
am 24. Dezember morgens früh einen aus Fontems 
Gehöft vom 11. Dezember datirten Brief Conraus 
folgenden Inhalts: 
Zu den Bangwas sei das Gerücht gedrungen, 
daß einige ihrer als Arbeiter an der Küste befind— 
lichen Landsleute dort gestorben seien. Sie hätten 
daher beschlossen, ihn (Conrau) solange zu behalten, 
bis ihre Leute wiederkämen, und Fontem habe ihnen 
sogar erklärt, er werde ihn auch für die Verstorbenen 
verantwortlich machen. Seine Lage sei äußerst fatal, 
und er bäte deshalb, ihn durch eine etwa 20 Mann 
starke Polizeitruppe ohne Weißen befreien zu lassen. 
Im Widerspruch hiermit schloß sein Brief mit 
der Angabe, er werde einige Tage abwarten, um die 
Gemüther zu beruhigen, und dann versuchen, nachts 
durchzubrechen. Er schließt mit den Worten: „Wenn 
die Leute mich dabei bemerken, so muß ich mich auf 
meine Gewehre verlassen."“ 
Ich habe am 26. Dezember 20 zrverlässige 
Polizeisoldaten aus Victoria unter Führung eines 
erprobten farbigen Unteroffiziers zu Conraus Entsotz 
abgeschickt, obwohl dieselben auf alle Fälle zu spät 
kommen mußten, wenn Conrau den obigen Flucht. 
plan zur Ausführung brachte. Er war dann emi- 
weder todt oder in Bali in Sicherheit. Leider ist 
nun das Erstere in der That eingetroffen. Heute 
Morgen erhielt ich einen Bleistiftbrief des Conrau- 
schen Weyjägers Nobert, der meldet, daß sein Herr 
bei einem Fluchtversuch von Fontem eigenhändig er- 
schossen sei. 
An der Richtigkeit dieser Nachricht wird nicht zu 
zweiseln sein; nähere Angaben fehlen bis jetzt.
	        
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