Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

Marienfluß und Gogol über Jomba hinaufgehend, 
ziemlich weit westlich überschreiten muß, um die nach 
der Küste zu in weiter Ausdehnung sumpfigen Fluß- 
gebiete zu vermeiden. 
Am anderen Morgen gingen Boether und ich 
in südwestlicher Richtung mit einer zehn Mann 
starken Polizeitruppe, Polizeimeister Fitsch und 
Kompagniebeamter Kleinschmidt der Olrtschaft 
Bauo zu. Wir kamen dort unbemerkt an, und es 
gelang uns daher, zwei Leute festzunehmen. Bauo 
besteht aus drei Siedelungen mit zusammen 30 Hütten. 
In den Hütten wurden so viele Chinesen zugehörige 
Sachen oder der Kompagnie gestohlene Werkzeuge 
und aus den Fermentirscheunen entwedeter Tabak 
gefunden, daß ersichtlich war, daß hier ein richtiges 
Chinesennest ausgefunden war. Chinesen selbst fanden 
wir nicht und nahmen daher die beiden ergriffenen 
Männern als Geiseln für die spätere Herausgabe 
der Chinesen mit. Von Bauo marschirten wir auf 
das südlich von Stephansort auf einem eiwa 300 m 
hohen steilen Berge gelegene Dorf Wange. Zunächst 
war der sehr stark angeschwollene Minjin zu passiren, 
was besonders für die Europäer und für die schwere 
Lasten tragende Leute eine schwierige Aufgabe war. 
Der Weg führte weiter meist durch dichten Urwald 
mit sehr fruchtbarem Untergrunde und reichlichen 
Wasseradern. Wange wurde nach beschwerlichem 
Marsche erst gegen 6 Uhr abends erreicht und in 
dem Unterdorse mit 17 Hütten Halt gemacht. Die 
Eingeborenen wurden anfangs sichtbar, ließen sich 
aber durch kein Zureden bewegen, näher zu kommen, 
da sie wohl Strafe fürchteten, denn eine Durchsuchung 
ihrer Hütlen ergab auch hier den sicheren Beweis 
der Beherbergung von Chinesen. Am folgenden Tage 
in aller Frühe wurde durch Assessor Boether das 
Oberdorf, aus sieben Hütten bestehend, durchsucht 
und hierbei zur Strafe eine einzeln stehende Hütte, 
die ihrer Einrichtung nach entschieden lediglich zum 
Aufenthalt von Chinesen diente, abgebrannt. 
Um 2 Uhr ward Stephansort, nachdem der 
Minjin nochmals an einer anderen Stelle mit vieler 
Mühe überschritten war, erreicht. Es wurde als- 
dann in dem bei Stephansort belegenen Dorfe 
Bogadjim mit den Bewohnern desselben, die eine 
weitgehende Gewalt über die Innendörfer ausüben, 
verhandelt und ihnen aufgegeben, binnen einer be- 
stimmten Zeit die Auslieferung von sortgelaufenen 
Chinesen durchzusetzen. Erfüllten sie diese Aufgabe 
nicht, so würden ein halbes Dutzend angesehener 
Bogadjimleute als Geiseln nach Friedrich-Wilhelms- 
hafen gebracht werden. Ich hoffe mit den Beamten 
der Neu-Guinea-Kompagnie zuversichtlich, daß als 
Erfolg dieser Expedition der größte Theil der fort- 
gelaufenen Chinesen angebracht und auch für die 
Zukunft die Wegläufer nicht mehr Unterkommen in 
den Tamuldörfern finden werden. Bei meiner Ab- 
reise am 23. waren schon vier chinesische Ausreißer 
durch die Bogadjimleute angebracht worden. 
In Stephansort wird eifrig an den Saatbeeten 
  
6 — 
und dem Auspflanzen der kleinen Tabakpflänzlinge 
für die diesjährigen Tabakselder gearbeitet. Nebenher 
werden die Palmen= und Kaffeepflanzung und die 
Pflanzgräben gereinigt. An Tabak sollen in diesem 
Jahre 140 Felder ausgepflanzt werden. Der zum 
Tabakbau bereitete Boden und die jungen Pflänzlinge 
sehen ausgezeichnet aus. 
Der Gesundheitszustand unter den Europäern 
und Farbigen war, obwohl der Monat Februar zu 
den ungesundesten gehört, und dies Jahr den 
Witterungsverhältnissen nach besonders ungesund sein 
müßte, wohl wegen des energischen Vorgehens Geheim- 
rath Kochs und seines Assistenten gegen die Malaria 
ein ausgezeichnetes. 
– —— 
Strafexpedition nach Neumecklenburg und den 
Admiralitäts- Inseln. 
Der Kaiserliche Gouverneur berichtet über eine 
Expedition nach den Admiralitäts-Inseln, die in 
erster Linie die Bestrasung der Mörder des Händlers 
Maetzke zum Zweck hatte, wie folgt: 
Als ich am 1. Januar 1900 von meiner Reise 
zur Uebernahme des Inselgebietes der Karolinen, 
Palau und Marianen in Herbertshöhe wieder eintraf, 
nahm ich alsbald die Vorbereitungen für die nach 
den Admiralitäts-Inseln wegen verschiedener Räube- 
reien und Mordthaten auszuführende Expedition in 
Angriff. Die Firmen Hernsheim & Co. und Forsayth, 
die an einem energischen Vorgehen in den Admira- 
litäts-Inseln ein lebhaftes Interesse hatten, stellten 
mir eine Anzahl leidlich im Schießen ausgebildeter 
Buka= und Neumecklenburg-Leute unentgeltlich zur 
Verfügung, wodurch die Polizeitruppe auf rund 70 
Mann verstärkt wurde. Zum Transport dieser ver- 
stärkten Truppen erschien die Charterung eines be- 
sonderen Schiffes erforderlich; der der Firma Herns- 
heim & Co. gehörige Motorschuner „Mascotte“ 
wurde zu einem mäßigen Satze für die Dauer der 
Expedition gemiethet. Mit diesem Fahrzeug fuhr 
am 10. Januar morgens der Kaiserliche Richter 
Dr. Schnee, nachdem die gesammte Polizeimannschaft 
an Bord gebracht war, nach Neumecklenburg ab. Die 
Gelegenheit, daß eine starke Polizeitruppe und cin 
Schiff zur Verfügung stand, sollte, was schon seit 
Monaten dringend nothwendig war, benutzt werden, 
um auch in Neumecklenburg an einigen Punkten 
Ordnung zu schaffen. Als Sammelplatz in der Ad- 
miralitätsgruppe war die Insel Alim (St. Elisabeth) 
bestimmt worden. Ich blieb einstweilen in Herberts- 
höhe zurück, um die Ankunft des „Seeadler“ ab- 
zuwarten. 
An das Kommando S. M. S. „Möwe“ war von 
mir das Ersuchen gestellt worden, gegen die ver- 
brecherischen Admiralitäts-Insulaner zwecks ihrer 
Bestrafung militärisch vorzugehen, und mitgetheilt 
worden, daß zu diesem Zwecke in den Admiralitäts- 
Inseln an dem zum Sammelplatzc bestimmten Orte
	        
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