Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

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51. 
Der Konsul ist befugt, für seinen Gerichtsbezirk oder einen Theil des Bezirkes polizeiliche Vor- 
schristen mit verbindlicher Kraft für die seiner Gerichtsbarkeit unterworfenen Personen zu erlassen und deren 
Nichtbefolgung mit Haft, Geldstrafe bis zum Betrage von eintausend Mark und Einziehung einzelner 
Gegenstände zu bedrohen. Diese Vorschriften sind sofort in Abschrift dem Reichskanzler mitzutheilen. 
Der Reichskanzler ist befugt, die von dem Konsul erlassenen polizeilichen Vorschriften aufzuheben. 
Die Verkündung der polizeilichen Vorschriften sowie die Verkündung ihrer Aufhebung erfolgt 
in der für konsularische Bekanntmachungen ortsüblichen Weise, jedenfalls durch Anheftung an die Gerichtstafel. 
Siebenter Abschnitt. 
Besondere Vorschriften über das Verfahren in Strafsachen. 
8 52. 
Der Konsul übt in Strafsachen die Verrichtungen des Amtsrichters und des Vorsitzenden der 
Straflammer aus. 
8 53. 
Die Zustellungen, die Ladungen, die Vollstreckung von Beschlüssen und Verfügungen sowie die 
Strafvollstreckung werden durch den Konsul veranlaßt. 
l 54.. 
Im vorbereitenden Verfahren ist die Beeidigung eines Zeugen oder Sachverständigen auch in den 
im § 65 Abs. 2 der Strafprozeßordnung bezeichneten Fällen zulässig. 
Die Vorschriften des § 126 der Strafprozeßordnung finden keine Anwendung. 
8 65. 
Erhält der Konsul von dem Verdacht eines zur Zuständigkeit des Reichsgerichts oder der Schwur- 
gerichte gehörenden Verbrechens Kenntniß, so hat er die zur Strafverfolgung erforderlichen Sicherheits- 
maßregeln zu treffen sowie die Untersuchungshandlungen, in Ansehung deren Gefahr im Verzug obwaltet 
oder die Voraussetzungen des § 65 Abs. 2 der Strasprozeßordnung zutreffen, vorzunehmen und demnächst 
die Akten der Staatsanwaltschaft bei dem zuständigen deutschen Gericht, in Ermangelung eines solchen 
dem Ober-Reichsanwalte zu übersenden. Im letzteren Falle wird das zuständige Gericht von dem Reichs- 
gerichte bestimmt. « 
56. 
Gehört die strafbare Handlung zur Zuständigkeit des Konsulargerichts oder des Konsuls, so ist 
an Stelle der Staatsanwaltschaft der Konsul zum Emschreiten berufen. Er stellt insbesondere die der 
Staatsanwaltschaft im vorbereitenden Verfahren obliegenden Ermittelungen an. 
§ 57. 
Eine Voruntersuchung findet nicht statt. 
58. 
An die Stelle der öffentlichen Klage tritt in den Fällen, in denen nicht sofort das Hauptverfahren 
eröffnet wird, die Verfügung des Konsuls über die Einleitung des Strafoerfahrens gegen den Beschuldigten. 
Diese Verfügung hat die dem Angeschuldigten zur Last gelegte That unter Hervorhebung ihrer gesetzlichen 
Merkmale und des anzuwendenden Strafgesetzes zu bezeichnen. 
Der Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet wird, hat auch die Beweismittel anzugeben. 
§ 59. 
Die Vorschrift des § 232 der Strafprozeßordnung findet auch dann Anwendung, wenn nach dem 
Ermessen des Gerichts die zu erwartende Freiheitsstrafe nicht mehr als sechs Monate beträgt. 
8 60. 
Den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht, ohne hierbei durch Anträge, Verzichte 
oder frühere Beschlüsse gebunden zu sein. 
« §61. ç 
In das Protokoll über die Hauptverhandlung sind die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen 
aufzunehmen. 
8 632. 
In den Fällen der §§ 45, 449 der Strafprozeßordnung beträgt die Frist zwei Wochen. 
8 63. 
Gegen die wegen Uebertretungen erlassenen Entscheidungen ist, sofern eine Verurtheilung auf Grund 
des § 361 Nr. 3 bis 8 des Strafgesetzbuchs erfolgt oder nur auf Geldstrafe oder auf Geldstrafe und 
Einziehung erkannt wird, ein Rechtsmittel nicht zulässig. 
Im Uebrigen findet in Strafsachen gegen die Urtheile des Konsulargerichts das Rechtsmittel der 
Berufung statt.
	        
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