Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

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a) Nichtzahlung der Löhnung; 
b) gewaltfame Zurückhaltung der Dienenden, 
wenn diese ihre pflichtmäßige Dienstzeit be- 
endet haben; 
e) schlechte Behandlung der Dienenden, wo- 
durch keine Arbeitsunfähigkeit erzeugt 
worden ist; 
d) Uebertretungen der Vorschriften des Art. 43. 
2. Seitens der Dienenden: 
a) Entweichen; . . 
b) hartnäckiger Ungehorsam oder Auflehnung, 
ohne persönliche Angriffe oder Beschädigung 
fremden Eigenthums; 
P) Arbeitsverweigerung; 
4) Laster oder schlechte eingewurzelte Gewohn- 
heiten, die Arbeitsunfähigkeit herbeiführen 
oder Fremden Nachtheil zufügen. 
§ 1. Die oben erwähnten Vergehen der Dienst- 
herren werden mit 5 bis 200 Milreis bestraft außer 
der schuldigen Entschädigung an die Dienenden, die 
geklagt haben, vorbehaltlich der Sonderbestimmungen 
des einzigen Paragraphen des Art. 43; die der 
Dienenden mit Besserungsarbeit bis zu 300 Tagen. 
s 2. Wenn die Uebertretungen oder Vergehen 
der Dienstherren gegen die Dienenden und umgekehrt 
über die in diesem Artikel bezeichnete Zuständigkeit 
der Anwälte hinausgehen, so haben diese Beamten. 
das Verfahren durch die ordentlichen Gerichte zu 
veranlassen. 
§ 3. Gegen die in diesem Artikel gestatteten 
Rechtsbeschlüsse der Anwälte kann an den Gouver- 
nementsrath Berufung eingelegt werden. 
§ 4. Die zwangsweise Dienenden, die entweichen, 
können, nach Verbüßung der Strafe für die Ent- 
weichung, gezwungen werden, zur Arbeit bei den- 
selben Dienstherren zurückzukehren, ausgenommen, 
wenn die Entweichung durch deren Verschulden ver- 
ursacht worden ist. 
Art. 46. Die Löhne der zwangsweise Dienenden 
werden durch öffentliche und feste Uebersichten ge- 
regelt und müssen im Mittel denen entsprechen, die 
in jedem Orte den Dienenden unter ähnlichen Ver- 
hältnissen gezahlt werden. 
Art. 47. Die Privatpersonen, die zwangsweise 
Dienende beantragen, zahlen für Jeden an die lie- 
fernde Behörde eine mäßige Summe im Ver- 
hältniß zu der beantragten Zeit, was durch örtliche 
Vorschriften geregelt wird. 
Art. 48. Die Strafe der Besserungsarbeit, die 
der Art. 2 des Dekreis mit Gesetzeskraft vom 
20. September 1894 für die Eingeborenen von 
Timor, S. Thomé und Principe und den Rüsten 
Ost= und Westafrikas aufstellt, kann in allen über- 
seeischen Provinzen, wo die vorliegende Vorschrift 
gilt, auf die Eingeborenen angewendet werden, die 
nach den Art. 1 und 3 der Arbeit unterworfen sind. 
Art. 49. Die Strafe der Besserungsarbeit wird 
stets für eine bestimmte Anzahl von wirklichen Ar- 
beitstagen auferlegt und gilt nicht als verbüßt, so 
  
lange der Verurtheilte, aus welchem Grunde es auch 
sei, alle diese Tage nicht thatsächlich gearbeitet hat. 
Art. 50. Die Strafe der Besserungsarbeit kann 
von den gewöhnlichen Gerichten, den Gemeinde- 
gerichten, den Anwälten für Dienende und Ansiedler, 
sowie von deren Beaustragten auferlegt werden. 
Art. 51. Die Gemeinderichter sind zuständig, 
15 bis 90 Tage Besserungsarbeit den Eingeborenen 
aufzuerlegen, die sich der im Art. 3 des genannten 
Dekrets vom 20. September 1894 erwähnten Ver- 
gehen und Uebertretungen schuldig machen. 
Art. 52. Die Uebertretungen der Vorschriften 
für die Arbeit der Eingeborenen, über die nach dem 
Dekret vom 20. September 1894 die Strafe der 
Besserungsarbeit von 15 bis zu 90 Tagen verhängt 
werden kann, werden stets von den Anwälten für 
Dienende und Ansiedler und ihren Beauftragten in 
den überseeischen Provinzen, wo die vorliegende Vor- 
schrift gilt, abgeurtheilt. 
Art. 53. Die Strafe der Besserungsarbeit, die 
nach Art. 33 gegen die Eingeborenen, die der Auf- 
forderung nicht Folge leisten und sich dem Zwang 
der Verwaltungsbehörde widersetzen, angewandt 
werden kann, beträgt 15 bis 300 Tage und wird 
von den Anwälten für Eingeborene und Ansiedler 
oder deren Beauftragte verhängt, wogegen Berufung 
an den Gouvernementsrath zulässig ist. 
Art. 54. Wen die Eingeborenen, die sich Ueber- 
tretungen und Vergehen, wie sie in den Nrn. 2 bis 7 
des Art. 3 des Dekreis vom 20. September 1894 
vorgesehen sind, zu Schulden kommen lassen, an 
Orten wohnen oder dort getroffen werden, die mehr 
als 20 km vom Sitze des Kreisgerichts oder nächst- 
gelegenen Gemeindegerichts entfernt sind, können 
auch die Beauftragten der Anwälte für Eingeborene 
und Ansiedler, die in diesen Oertlichkeiten zur Recht- 
sprechung zuständig sind, 15 bis 90 Tage Besse- 
rungsarbeit auferlegen, indem sie von dieser Strafe 
sofort der Anwaltschaft, von der sie abhängen, Mel- 
dung machen; gegen das Urtheil ist Berufung an 
den Gouvernementsrath zulässig. 
Art. 55. Die Beauftragten der Anwälte für 
Dienende und Ansiedler sind zuständig, die vertrags- 
mäßig oder zwangsweise Dienenden, die sich die in 
der Nr. 2 des Art. 20 und in der Nr. 2 des 
Art. 45, sowie im Art. 33 erwähnten Vergehen 
und Uebertretungen zu Schulden kommen lassen, mit 
Besserungsarbeit zu bestrafen, wenn sie im Gebiet 
ihrer Rechtsprechung wohnen oder betroffen werden. 
Die Uebertetungen und die Vergehen, die von 
Dienstherren und ihren Beauftragten begangen wer- 
den und in den Nrn. 1 der genannten Art. 20 und 
45 vorgesehen sind, werden stets durch die Anwälte 
abgeurtheilt, denen ihre Beauftragten Meldung davon 
erstatten, wenn sie in ihren eigenen Amtsbezirken 
begangen werden. 
§ 1. Die Beauftragten der Anwälte melden 
und begründen alle von ihnen verhängten Besserungs- 
strafen den Anwaltschaften.
	        
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