Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

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§ 2. Die von den Beauftragten zu Besserungs- 
arbeit verurtheilten Eingeborenen können stets bei 
den Anwaltschaften, von denen sie abhängen, Be- 
rufung einlegen, wodurch die Strafe aufgehalten 
wird. 
Art. 56. Die zu Besserungsarbeit verurtheilten 
Eingeborenen werden der Verwaltungsbehörde über- 
geben, die die erforderlichen Vorsichtsmaßregeln er- 
greift, damit sie nicht von der Arbeit entweichen. 
§ 1. Die Besserungsarbeit wird, vorbehaltlich 
der Bestimmungen des § 2, in der Provinz und 
stets, soweit es möglich, in dem Bezirk geleistet, wo 
das Gericht oder die Behörde, die sie als Strafe 
auferlegt haben, thätig sind. 
§ 2. Der zur Besserungsarbeit verurtheilte 
Eingeborene, der sich hartnäckig weigert, zu arbeiten, 
und der, der entweicht und ergriffen wird, werden 
dem Gouverneur der Provinz zur Verfügung gestellt, 
der sie in die Listen der militärischen Körperschaften 
einträgt oder zu inneren Arbeiten eines festen Platzes 
verwenden oder nach einer anderen Provinz senden 
lassen kann, damit sie dort eine dieser Bestimmungen 
erhalten. 
Art. 57. Die zu Besserungsarbeit verurtheilten 
Eingeborenen werden vom Staat oder der Gemeinde, 
die sie beschäftigt, erhalten und untergebracht und 
erhalten Lohn in Geld, der dem dritten Theil der 
Vergütung entspricht, die nach Art. 46 den zwangs- 
weise Dienenden gewährt wird. 
Art. 58. Wenn der Staat und die Gemeinden 
die zu Besserungsarbeit verurtheilten Eingeborenen 
nicht verwenden können, so können diese gezwungen 
werden, bei Privaten zu dienen, die sie als Dienende 
beantragen. 
§ 1. Diese Anträge können nur von denjenigen 
Personen gestellt werden, die nach den Art. 35 und 
36 berechtigt sind, zwangsweise Dienende zu be- 
antragen. 
§ 2. Die Personen, die zu Besserungsarbeit 
verurtheilte Eingeborene beantragen, haben mit Bezug 
auf diese dicselben Rechte und Pflichten wie die 
Dienstherren der zwangsweise Dienenden, ausge- 
nommen bezüglich der Vergütung, die sie ihnen gemäß 
dem Art. 5 zahlen müssen. 
8 3. Die zu Besserungsarbeit verurtheilten 
Eingeborenen, die bei Privaten dienen, werden dem 
Schutz und der Bewachung der Dienstherren über- 
geben, die sie jedoch außerhalb der Arbeitsstunden 
nach besonderer Uebereinkunft mit der Behörde in 
dem öffentlichen Gefängniß unterbringen lassen 
können. 
§ 4. Die Privaten, die zu Besserungsarbeit 
verurtheilte Eingeborene verwenden, haben sich der 
gestellenden Behörde gegenüber zu verpflichten, sie 
am Ende der Dienstzeit oder, wenn es die Behörde 
verlangt, bei Strafe von 100 Milreis für jeden, 
der nicht verstorben ist, vorzuführen. 
§ 5. Die Bestimmungen des Art. 7 des Dekrets 
vom 20. September 1894 werden widerrufen. 
—. 
  
Art. 59. In jeder überseeischen Provinz, deren 
Gebiet mehr als einen Gerichtsbezirk bildet, giebt 
es einen Generalanwalt für Dienende und Ansiedler, 
der in der Hauptstadt wohnt, und einen Anwalt 
für Dienende und Ansiedler in jedem Bezirk; in 
jenen, wo es nur einen Bezirk giebt, ist nur einer 
dieser letzteren Beamten thätig. 
§ 1. Der Generalanwalt ist der Kron= und 
Finanzanwalt der Provinz in den Provinzen, wo 
dieses Gerichtk besteht; in den anderen mit mehr als 
einem Bezirk ist es der Beauftragte des Bezirks der 
Hauptstadt. 
8§ 2. In jedem Gerichtsbezirk ist der Anwalt 
für Dienende und Ansiedler der Beauftragte des 
Kron= und Finanzanwalts dieses Bezirks, und wenn 
es mehr als eine Abtheilung in diesem Bezirk giebt, 
so werden die Anwaltsgeschäfte abwechselnd nach § 1 
des Art. 6 des Dekrets mit Gesetzeskraft vom 29. Te- 
zember 1898 wahrgenommen. 
§ 3. In den Bezirken, wo es dem Beauf- 
tragten nicht möglich ist, seine eigenen Dienstgeschäfte 
mit denen der Anwaltschaft zu verbinden, soll es 
einen besonderen Anwalt geben, dessen Ernennung 
auf eine geeignete Person fällt, die die für das Amt 
des Beauftragten des Kron= und Finanzanwalts ge- 
forderten Bedingungen erfüllt. 
§ 4. Die Bestimmungen des Art. 48 des Dekrets 
vom 20. Februar 1894 bleiben in Kraft. 
8 5. Der Geschäftsbetrieb der Anwaltschaften 
erfolgt durch die Kreisverwaltung am Sitze der Be- 
zirke mit Ausnahme derjenigen Loandas, für die 
das Dekret mit Gesetzeskraft vom 29. Dezember 
1898 gilt. 
Art. 60. Der Anwalt jedes Bezirks hat seine 
Beauftragten in allen Gemeindegerichten und in allen 
Gebietsverwaltungen dieses Bezirks, wo eine bürger- 
liche oder militärische Verwaltungsbehörde ist. In 
jenen Gerichten ist der Subdelegirte des Kron= und 
Finanzanwalts der Beauftragte, in den Gebiets- 
verwaltungen ist es der bürgerliche oder militärische 
Vorstand. 
Art. 61. Die Anwaltschaften und ihre Unter- 
behörden leisten den unbemittelten Eingeborenen, von 
Amtswegen und kostenlos, vor den Gerichten alle 
Rechtshülfe, deren sie bedürfen, unter den von den 
Vorschriften bestimmten Umständen, sofern jene Dienste 
mit den Berufspflichten des öffentlichen Amtes nicht 
unvereinbar sind. 
Art. 62. Der Generalanwalt ist der Vorstand 
aller Dienstzweige der Anwaltschaften der Provinz. 
ihm liegt die Oberaufsicht dieser Dienstzweige ob, 
damit sie regelmäßig versehen werden, er verbessert 
oder veranlaßt die Abstellung von Mängeln und 
Mißbräuchen, die die Anwälte der Bezirke begehen. 
Ihm liegt ob: 
1. Die zwischen den Anwälten der Bezirke oder 
zwischen diesen und den übrigen Beamten entstehen- 
den Streitfragen über Rechtsprechung zu entscheiden 
oder deren zuständige Entscheidung zu veranlassen:
	        
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