432
§ 2. Die von den Beauftragten zu Besserungs-
arbeit verurtheilten Eingeborenen können stets bei
den Anwaltschaften, von denen sie abhängen, Be-
rufung einlegen, wodurch die Strafe aufgehalten
wird.
Art. 56. Die zu Besserungsarbeit verurtheilten
Eingeborenen werden der Verwaltungsbehörde über-
geben, die die erforderlichen Vorsichtsmaßregeln er-
greift, damit sie nicht von der Arbeit entweichen.
§ 1. Die Besserungsarbeit wird, vorbehaltlich
der Bestimmungen des § 2, in der Provinz und
stets, soweit es möglich, in dem Bezirk geleistet, wo
das Gericht oder die Behörde, die sie als Strafe
auferlegt haben, thätig sind.
§ 2. Der zur Besserungsarbeit verurtheilte
Eingeborene, der sich hartnäckig weigert, zu arbeiten,
und der, der entweicht und ergriffen wird, werden
dem Gouverneur der Provinz zur Verfügung gestellt,
der sie in die Listen der militärischen Körperschaften
einträgt oder zu inneren Arbeiten eines festen Platzes
verwenden oder nach einer anderen Provinz senden
lassen kann, damit sie dort eine dieser Bestimmungen
erhalten.
Art. 57. Die zu Besserungsarbeit verurtheilten
Eingeborenen werden vom Staat oder der Gemeinde,
die sie beschäftigt, erhalten und untergebracht und
erhalten Lohn in Geld, der dem dritten Theil der
Vergütung entspricht, die nach Art. 46 den zwangs-
weise Dienenden gewährt wird.
Art. 58. Wenn der Staat und die Gemeinden
die zu Besserungsarbeit verurtheilten Eingeborenen
nicht verwenden können, so können diese gezwungen
werden, bei Privaten zu dienen, die sie als Dienende
beantragen.
§ 1. Diese Anträge können nur von denjenigen
Personen gestellt werden, die nach den Art. 35 und
36 berechtigt sind, zwangsweise Dienende zu be-
antragen.
§ 2. Die Personen, die zu Besserungsarbeit
verurtheilte Eingeborene beantragen, haben mit Bezug
auf diese dicselben Rechte und Pflichten wie die
Dienstherren der zwangsweise Dienenden, ausge-
nommen bezüglich der Vergütung, die sie ihnen gemäß
dem Art. 5 zahlen müssen.
8 3. Die zu Besserungsarbeit verurtheilten
Eingeborenen, die bei Privaten dienen, werden dem
Schutz und der Bewachung der Dienstherren über-
geben, die sie jedoch außerhalb der Arbeitsstunden
nach besonderer Uebereinkunft mit der Behörde in
dem öffentlichen Gefängniß unterbringen lassen
können.
§ 4. Die Privaten, die zu Besserungsarbeit
verurtheilte Eingeborene verwenden, haben sich der
gestellenden Behörde gegenüber zu verpflichten, sie
am Ende der Dienstzeit oder, wenn es die Behörde
verlangt, bei Strafe von 100 Milreis für jeden,
der nicht verstorben ist, vorzuführen.
§ 5. Die Bestimmungen des Art. 7 des Dekrets
vom 20. September 1894 werden widerrufen.
—.
Art. 59. In jeder überseeischen Provinz, deren
Gebiet mehr als einen Gerichtsbezirk bildet, giebt
es einen Generalanwalt für Dienende und Ansiedler,
der in der Hauptstadt wohnt, und einen Anwalt
für Dienende und Ansiedler in jedem Bezirk; in
jenen, wo es nur einen Bezirk giebt, ist nur einer
dieser letzteren Beamten thätig.
§ 1. Der Generalanwalt ist der Kron= und
Finanzanwalt der Provinz in den Provinzen, wo
dieses Gerichtk besteht; in den anderen mit mehr als
einem Bezirk ist es der Beauftragte des Bezirks der
Hauptstadt.
8§ 2. In jedem Gerichtsbezirk ist der Anwalt
für Dienende und Ansiedler der Beauftragte des
Kron= und Finanzanwalts dieses Bezirks, und wenn
es mehr als eine Abtheilung in diesem Bezirk giebt,
so werden die Anwaltsgeschäfte abwechselnd nach § 1
des Art. 6 des Dekrets mit Gesetzeskraft vom 29. Te-
zember 1898 wahrgenommen.
§ 3. In den Bezirken, wo es dem Beauf-
tragten nicht möglich ist, seine eigenen Dienstgeschäfte
mit denen der Anwaltschaft zu verbinden, soll es
einen besonderen Anwalt geben, dessen Ernennung
auf eine geeignete Person fällt, die die für das Amt
des Beauftragten des Kron= und Finanzanwalts ge-
forderten Bedingungen erfüllt.
§ 4. Die Bestimmungen des Art. 48 des Dekrets
vom 20. Februar 1894 bleiben in Kraft.
8 5. Der Geschäftsbetrieb der Anwaltschaften
erfolgt durch die Kreisverwaltung am Sitze der Be-
zirke mit Ausnahme derjenigen Loandas, für die
das Dekret mit Gesetzeskraft vom 29. Dezember
1898 gilt.
Art. 60. Der Anwalt jedes Bezirks hat seine
Beauftragten in allen Gemeindegerichten und in allen
Gebietsverwaltungen dieses Bezirks, wo eine bürger-
liche oder militärische Verwaltungsbehörde ist. In
jenen Gerichten ist der Subdelegirte des Kron= und
Finanzanwalts der Beauftragte, in den Gebiets-
verwaltungen ist es der bürgerliche oder militärische
Vorstand.
Art. 61. Die Anwaltschaften und ihre Unter-
behörden leisten den unbemittelten Eingeborenen, von
Amtswegen und kostenlos, vor den Gerichten alle
Rechtshülfe, deren sie bedürfen, unter den von den
Vorschriften bestimmten Umständen, sofern jene Dienste
mit den Berufspflichten des öffentlichen Amtes nicht
unvereinbar sind.
Art. 62. Der Generalanwalt ist der Vorstand
aller Dienstzweige der Anwaltschaften der Provinz.
ihm liegt die Oberaufsicht dieser Dienstzweige ob,
damit sie regelmäßig versehen werden, er verbessert
oder veranlaßt die Abstellung von Mängeln und
Mißbräuchen, die die Anwälte der Bezirke begehen.
Ihm liegt ob:
1. Die zwischen den Anwälten der Bezirke oder
zwischen diesen und den übrigen Beamten entstehen-
den Streitfragen über Rechtsprechung zu entscheiden
oder deren zuständige Entscheidung zu veranlassen: