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eine Arbeitsleistung im Werthe von zehn Mark ver-
richten müsse. Im Allgemeinen hat Br. Stolz den
Eindruck, daß die Christen sich das Christenthum
allmählich mehr aneignen und es besser verstehen
lernen. Vom Stationsgebiet Lobethal mit seinen
vielen Gemeindlein darf gesagt werden, daß es, von
wenigen derselben abgesehen, vorangegangen ist, mehr-
fach infolge der Gewinnung eines tüchtigen Lehrers
für sie. In Ndogotunda geschah das Ungewöhnliche,
daß die Christen ohne Nöthigung des Missionars
selbst den Vorschlag machten, ihre baufällige Blech-
kapelle, ehe sie einfalle, abzubrechen und neu auf-
zubauen.
Von der besseren Organisation und Ordnung des
Schulwesens wurde schon im letzten Bericht geredet.
Man spürt die guten Wirkungen, die sich freilich der
Natur der Sache nach nur allmählich geltend machen
können, doch jetzt schon. Aber auch das Verständniß
der Eingeborenen für die Schule nimmt zu. Die
unter Br. Gutekunsts Leitung stehende Schule des
evangelischen Afrikavereins in Bonabela hat sich be-
deutend gehoben, und 32 ihrer Schüler konnten ge-
tauft worden.
In Edie und Mangamba sind neue Knaben-
anstalten eingerichtet worden. Die Knabenanstalt
Buba hat sich erfreulich entwickelt. Im Jahre 1898
mußte sie noch um ihre Existenz ringen. Von Interesse
für das Lernen war bei den Schülern nichts zu sehen;
sie wollten lieber in den Pflanzungen Geld verdienen,
und es war schwer, sie zusammenzuhalten. Jetzt ist
es bedeutend besser geworden. Es ist ein Grundstock
von Schülern da, die Interesse am Lernen haben.
Einige Schüler konnten veranlaßt werden, sich auf
drei Jahre zu verpflichten. Ein Schüler konnte als
Lehrer in Sopo angestellt werden, zwei traten in die
Mittelschule in Bonaberi ein, zehn haben sich für den
Taufunterricht gemeldet. Auch im Innern, in Nya-
soso, ist mehr Sinn für die Schule erwacht. Im Ver-
kehr mit der Jugend des Abolandes wurde denen
von Nyasoso ihre Unwissenheit vorgeworfen; das
wollten sie sich nicht sagen lassen und begehrten nun
Unterricht. Nun konnte der Missionar sogar eine
Gegenleistung für den ertheilten Unterricht fordern,
nämlich in der Woche halbtägige Arbeit auf der
Station, der sich die Schüler freilich öfters zu ent-
ziehen suchten, worauf dann der Missionar den Unter-
richt einstellte. Schließlich half der Häuptling durch
ein Gesetz nach, in dem er die jungen Burschen auch zu
der vom Missionar geforderten Handarbeit verpflichtet.
Auch in der Erziehung der Mädchen ist man
etwas weiter gekommen. Die Zahl der Zöglinge
unserer Mädchenanstalt in Bonaku, die jetzt unter
der Leitung einer besonderen Vorsteherin, Fräulein
Ostertag, steht, hat sich auf 32 vermehrt. Auf
anderen Stationen nahmen sich die Missionarsfrauen
der Mädchen an. Man bemerkt, daß im weiblichen
Geschlecht ein Zug zum Lernen erwacht. Auch Heiden
wünschen, daß ihre Töchter etwas lernen, allerdings
aus dem unedlen Grund, weil sie ihre Töchter dann
theurer verkaufen können. Aber schon die Thatsache,
daß Mädchen, die etwas gelernt haben, gesuchter sind,
bezeugt einen Fortschritt.
Unser junges Lehrer= und Predigerseminar in
Bu-#a, das sich zuerst mit einem mehr als beschränkten
Lokal behelfen mußte, befindet sich seit Oktober in dem
neuerrichteten Seminargebäude. Es zählt 14 Zög-
linge, und man darf es nach den gemachten Erfab-
rungen für entschieden ansehen, daß es möglich ist.
die jungen Leute aus der Niederung in dem hoch-
gelegenen Bußa festzuhalten, obwohl ihnen das manche
Verleugnung auferlegt. Der Gesundheitszustand war
gut, und mit ihrem Betragen und Lerneifer durfte
man zufrieden sein. Auch Spuren geistlichen Lebens
lassen sich manchmal wahrnehmen. Es ist ein be-
scheidener, aber hoffnungsvoller Anfang.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben unsere
Brüder dazu geführt, dem Schulwesen eine besondere
Bedeutung beizulegen und von den Arbeiten der
Jugend vor Allem Erfolge zu erwarten. Die Alten,
die vielfach unter dem Bann des Branntweins und
der Vielweiberei stehen, werden schwerer gewonnen.
Die Erstlinge aus dem Stamm der Bakwiri in Busa
werden voraussichtlich die jetzt im Taufunterricht
stehenden Schüler werden. Auch in Nyasoso sind
die ersten, die für die Taufe vorbereitet werden,
Jünglinge. Gleichwohl wird die Schularbeit nicht
einseitig gepflegt, und die Willigkeit, mit der an
manchen Orten die erwachsenen Heiden zum Gottes-
dienst sich einfinden, wie das z. B. im Stationsgebie
Bombe berichtet wird, giebt auch hier Hoffnung. In
Nyasoso, wo mit der Duallasprache nicht mehr ge-
arbeitet werden kann, kann den Leuten nun von Br.
Dorsch in ihrer eigenen Sprache, der Nkosisprache,
gepredigt werden.
Leider wird die Missionsarbeit vielfach gehemmt
durch einen bösen Einfluß von Weißen. Es schodet
nicht nur das böse Beispiel, das durch Unsittlichkeit
gegeben wird, sondern manche suchen der Mission
geflissentlich entgegenzuwirken dadurch, daß sie den
Negern sagen, die Bibel sei nicht wahr, und die
Missionare seien arge Betrüger. Manche schaden
dadurch, daß sie bei Handelsgeschäften die Neger
nöthigen, einen Theil der Bezahlung in Branntwein
zu nehmen. Dagegen ist es erfreulich, daß die Re-
gierung den Kleinhandel mit geistigen Getränken unter
Kontrolle gestellt und stark besteuert hat.
Wir dürfen mit Dank auf das Ergebniß des
Jahres für die Kamerunmission blicken. Trotz großer
Schwierigkeiten, die in Busa in den Verhältnissen
der Kolonie mit den ausgedehnten Plantagengebieten
und namentlich dem verderbenbringenden Branntwein-
handel, wie in der tiefen Gesunkenheit der Eingebo-
renen liegen, ist doch ein stetiger Fortschritt unver-
kennbar, und die gesammte Lage erweckt den Eindruck,
daß für die Völker Kameruns, wenigstens für die
in der Nähe der Küste, die Zeit angebrochen ist, da
sie in das Reich Gottes eingeführt werden sollen
und können.