Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

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Segawo ist ein lang gestrecktes Dorf mit breiter begrüßte mich der junge Chef des Dorfes und ließ 
Straße. An beiden Seiten stehen 10 bis 15 m 
lange, rechtwinkelig gebaute saubere Hütten, von 
denen das Dorf wohl 80 bis 100 besaß. Befestigt 
war das Dorf durch vier Pallisaden; die ersten 
beiden Pallisaden aus Stangen, die dritte aus be- 
hauenem Holz, die vierte aus Holz und gehäuften 
Steinen; außerdem sieben große Blockhäuser. Ich 
schätze das Dorf auf 500 bis 600 Einwohner. 
Der größte Theil der Weiber und Kinder war auf 
die Nachricht von dem Herannahen der Expedition 
in Sicherheit gebracht. Durch das rasche Umsich- 
greifen des Feuers war es mir leider nicht möglich, 
ethnographisch zu sammeln, da die Hitze zu groß 
war, um in die Häuser zu gehen. Wohl auch dem 
Umstande schreibe ich es zu, daß nicht mehr Elfen- 
bein gefunden wurde. Ziegen und Hühner waren 
in Unmengen vorhanden. 
Wie sich hier herausstellte, war das nächste 
Dorf der Nzymu von Segawo noch zwei sehr starke 
Tagemärsche entfernt nach Osten zu marschiren. Da 
das ganze Verfahren sich nur gegen das Dorf 
Segawo richtete und die Bangandus nicht weiter 
führen wollten, so beschloß ich am nächsten Tage 
zurück zu marschiren. Ein weiteres Vordringen nach 
Osten wäre wegen der schwer Verwundeten, die 
sämmtlich getragen werden mußten, und wegen der 
Gefangenen nicht rathsam gewesen, abgesehen von der 
geringen Stärke der Expedition. Der Verwundeten 
wegen ging ich auf den Vorschlag des Chefs von 
Nadia, Bussi und Bokungo ein, über ihre Dörfer 
den Rückmarsch anzutreten. 
Am 24. April brach die Expedition unter 
Führung des Eingeborenen des Dorfes Nadia von 
Segawo auf. Der Marsch war sehr beschwerlich, 
da die Wege seit langer Zeit unbenutzt, theil- 
weise verwachsen waren. Das Gelände wurde 
sehr flach, und hatten wir durch Schlamm, 
Sumpf und kleinere Wasserläufe zu waten. 
Transport der Kranken wurde dadurch ungemein 
schwierig. Nachdem wir ein verlassenes Nzymudorf 
passirt hatten, überschritten wir den Lipundschi und 
schlugen nach weiterem zweistündigen Marsch auf 
dem Platz des früheren Nadiadorfes das Nachtlager 
auf. Nach kurzem Marsch erreichten wir am nächsten 
Tage das Dorf Nadia, dessen Chef mich freundlich 
willkommen hieß. Das Dorf hat etwa 50 große 
Hütten und mag an 200 bis 250 Einwohner stark 
sein. Es ist gut befestigt, da es immer schon unter 
den Näubereien der Nzymus zu leiden gehabt hat. 
Die Weiber, die noch nie einen Weißen gesehen 
hatten, waren zuerst in die Farmen geflüchtet, ließen 
sich jedoch bald beruhigen und brachten Verpflegung 
für die Leute. Nach 1½ stündiger Rast marschirten 
wir weiter und erreichten nach 2½ stündigem Marsch 
Bussi. Bussi ist ein Dorf ungefähr in derselben 
Größe wie Nadia, jedoch weit schöner angelegt. In 
der etwa 10 m im Quadrat großen Palaverhütte 
Der 
  
Geschenke an Hühnern, Zuckerrohr und Bananen 
heranschaffen. Zwei Stunden verblieb ich in diesem 
Dorfe und brach dann wieder auf, um noch am 
selben Tage in dem Dorf Bokungo zu übernachten. 
In drei Stunden war das auf einem Berge liegende 
Dorf erreicht. Bokungo ist ein Dorf von etwa 
30 Hütten und macht in seiner ganzen Anlage einen 
armseligen, schmutzigen Eindruck. Der Chef des 
Dorfes bemühte sich, allen Wünschen gerecht zu 
werden, und brachte Verpflegung, soviel er aufzu- 
treiben im Stande war. Der dritte Marschtag 
führte uns dann wieder über die Dörfer Bussi und 
Buenga nach Tschimbuli zurück. Der letzte Marsch- 
tag war sehr anstrengend. Starker Regen machte 
die Lehmwege so glatt, daß es für die Soldaten 
schwer war zu marschiren; Sümpfe und das Ueber- 
schreiten des Lipundschi auf fürchterlicher Brücke 
thaten ihr Uebriges, die Energie der Leute nieder- 
zudrücken. In Anbetracht dieser Ermattung machte 
ich den 27. April Ruhetag. Die Chefs Busse, 
Buenga und Tschimbuli kamen mit Geschenken und 
bedankten sich für die Unterwerfung der Segawo. 
Die Bangandu sind mehr Handelsleute als Krieger, 
und es ist daher verständlich, daß dieselben trotz 
ihrer Mehrzahl an Kriegern sich den nur 500 bis 
600 Krieger starken NO.-Nzymu gegenüber zu 
schwach fühlten. Für den Handel sind die Ban- 
gandus der Gesellschaft „Süd-Kamerun“ sehr viel 
werth, und ist es daher stets nothwendig, dieselben 
gegen Uebergriffe der sehr kriegerischen Nachbarn zu 
schützen. 
In den durchzogenen Gebieten wurden Elefanten 
in großer Zahl gespürt, und ist mir der Elefanten- 
reichthum seitens der Eingeborenen bestätigt worden. 
Kickria sowohl wie Lianen habe ich auf der ganzen, 
bis dahin unbekannten Strecke nur in ganz geringer 
Zahl gesehen. 
Der Unterdirektor der Gesellschaft „Süd-Kamerun"“, 
Herr Graf v. Schlippenbach, sowie dessen Agent, 
Herr Kalmar, haben mich auf der ganzen Ex- 
pedition begleitet. Herr Graf v. Schlippenbach 
hatte die Güte, den Weg aufzunehmen. Herr 
Kalmar hat mir durch die Kenntnisse der Landes- 
sprache und der Leute sehr viel genützt. 
Am 28. v. Mts. brachen wir von Tschimbuli 
wieder auf und erreichten nach 9½ stündigem, sehr 
anstrengendem Marsch das Dorf Ginda. Der nächste 
Tag brachte uns bis Faktorei Dangolo. Hier 
hörte ich, daß der Nzymuchef des Dorfes Tschim-= 
buli am Bumba mich begrüßen wolle. Ich schickte 
den Chef des Dorfes Dangolo nach Tschimbuli und 
ließ den dortigen Chef von meiner Ankunft benach- 
richtigen. Am nächsten Tage erschien der Chef, 
brachte zwei Ziegen und Lebensmittel als Geschenk. 
Er versicherte mir, daß seine Leute nicht mit den 
Segawo-Nzymu gemeinsame Sache gemacht hätten 
und auch nie die Absicht hatten, mit den Bangandus 
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