Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

für bestimmte Einfuhrartikel zu gewähren seien, er- 
gaben sich innerhalb des Kolonialraths mancherlei 
Meinungsverschiedenheiten. 
Die Schlußsitzung des Kolonialraths am Sonn- 
abend Nachmittag brachte einen Vortrag des Geheim- 
raths Professors Koch über die außerordentliche 
Bedeutung einer wirksamen Bekämpfung der Malaria 
und die geeigneten Mittel und Wege hierzu. Es 
folgte die Fortsetzung der Berathung des Etats für 
das ostafrikanische Schutzgebiet, in deren Verlauf 
Gouverneur v. Liebert auf Anfragen u. A. bemerkte, 
daß für Vereinfachung des Zolldienstes das Mögliche 
geschehen sei, eine Verminderung der Gouvernements- 
Dampferflottille aus wirthschaftlichen Rücksichten für 
bedenklich erklärte und auf den großen Nutzen der 
in Aussicht genommenen Ansiedlung von indischen 
Ackerbauern im Schutzgebiete hinwies. Bei der Etats- 
forderung zur Herstellung einer Eisenbahn von Dar- 
es-Saläm nach Mrogoro erklärte der Direktor der 
Kolonial-Abtheilung, die Kolonialverwaltung habe 
geglaubt, dadurch, daß sie alternativ sowohl den Bau 
durch eine Privatgesellschaft, wie auf Reichskosten 
ins Auge gefaßt habe, Alles gethan zu haben, um 
die Verwirklichung des Eisenbahnprojektes zu er- 
reichen. Einer Reihe weiterer Anregungen, die noch 
aus dem Kolonialrath heraus gegeben wurden, sagte 
der Kolonialdirektor thunliche Berücksichtigung zu. 
Nach Beendigung der Etatsberathung, die bei sämmt- 
lichen Schutzgebieten zu erheblicheren Ausstellungen 
nicht geführt hatte, erledigte der Kolonialrath noch 
den letzten Punkt seiner diesmaligen Tagesordnung, 
die Frage der Ausfuhr von Eingeborenen aus den 
Schutzgebieten zum Zwecke der Schaustellung, und 
nahm dazu den Antrag an, die in der betreffenden 
Denkschrift der Deutschen Kolonialgesellschaft dar- 
gelegten Gesichtspunkte auch seinerseits der Kolonial-= 
verwaltung zur Nachachtung zu empfehlen. Damit 
hatte die Herbsttagung des Kolonialraths ihr Ende 
erreicht. 
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Die oben erwähnte, in der Kolonial-Abtheilung 
des Auswärtigen Amtes ausgearbeitete Uebersicht 
über die seit der letzten Tagung des Kolonialraths 
(9. und 10. November 1899) in den Schutzgebieten 
vorgefallenen wichtigeren Ereignisse hat folgenden 
Wortlaut: 
A. Eivil-Verwaltung. 
Deutsch-Ostafrika. 
Die in Verträgen durch Längen= und Breiten- 
grade bestimmten Grenzen des Schutzgebiets be- 
dürfen bekanntlich noch mehrfach der Festlegung durch 
Vermessungen im Gelände selbst, beziehungsweise der 
Regulirung. Diesem Bedürfniß ist an der deutsch- 
englischen Grenze zwischen Nyassa= und Tanganyika- 
See, sowie an der deutsch-englischen Grenze bei Jassin 
Rechuung getragen. Die von einer gemischten Kom- 
mission an den zuerst genannten Punkten vorgeschlagene 
Grenzlinie unterliegt zur Zeit noch einer Nachprüfung 
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durch die betheiligten Regierungen, die voraussichtlich 
zur Annahme der Kommissionsvorschläge führen wird. 
Bei Jassin ist die Grenze in einer den Wünschen 
des Kaiserlichen Gouvernements entsprechenden Weise 
durch Verhandlungen zwischen den betheiligten Lokal- 
behörden unter Zustimmung der Regierungen fest- 
gelegt worden. 
Behufs Regulirung der deutsch-kongolefischen Grenze 
am Kivu-See ist vor Kurzem eine Kommission unter 
Leitung des Haupim. Hermann von Dar-es-Saläm 
aus abgegangen, die am Kivu-See mit einer vom 
Kongostaat entsandten Kommission zu gemeinsamer 
Arbeit zusommentreffen soll. 
Die Ruhe im Innern ist mehrfach durch das 
Verhalten von Häuptlingen gestört worden, was ein 
Eingreifen der Schutztruppe erforderlich machte. Im 
Hinterlande von Lindi mußte gegen den unbotmäßigen 
Häuptling Machemba vorgegangen werden, und im 
Kilimandjaro-Bezirke waren verschiedene Straf- 
expeditionen gegen die räuberischen Aruscha-Leute 
ersorderlich. Machemba leistete keinen nachhaltigen 
Widerstand, sondern zog es vor, auf portugiesisches 
Gebiet zu flüchten. Am Kilimandjaro war der 
Charakter der Unruhen ein ernsterer, da festgestellt 
wurde, daß ein Ueberfall der Station Moschi in 
allen Einzelheiten vorbereitet war. Auch nach Be- 
strafung der Hauptschuldigen, bei der die Hinrichtung 
von drei Häuptlingen und sechzehn Unterführern sich 
als nothwendig erwies, war der Widerstand der 
Aruscha-Leute noch nicht völlig gebrochen. Um die- 
selben in Zukunft von räuberischen Einsällen in das 
benachbarte Gebiet abzuhalten, ist vom Gouvernement 
auf Antrag des Hauptm. Johannes die Gründung 
einer Militärstation am Meruberge in die Wege geleieet. 
Die in letzter Zeit in der Presse mehrfach wieder- 
holte Behauptung, daß ganz Deutsch-Ostafrika vor 
dem Aufruhr stände, kann nur als unbegründet be- 
zeichnet werden. Es ist im Gegentheil gelungen. 
den friedlichen Machtbereich der Stationen immer 
weiter auszudehnen. Am Tanganyika-See ist eine 
neue Station gegründet, die den Namen Bismarck- 
burg erhalten hat; durch Abzweigung von Theilen 
der Bezirke Langenburg und Udjidji ist für diese 
Station der neue Bezirk Ukonongo gebildet wordenr. 
Die Ausdehnung der Verwaltung auf das ganze Schutz- 
gebiet hat es auch ermöglicht, den früheren Unterschied 
zwischen eigentlichem Schutzgebiet und Interessensphäre 
endgültig zu beseitigen. Durch eine Reichskanzler- 
Verordnung ist die Zuständigkeit der beiden Bezirks- 
gerichte in Tanga und Dar-es-Saläm auf das ganze 
Gebiet von Deutsch-Ostafrika ausgedehnt worden. 
Was die wichtigste Aufgabe, welche für Deutsch- 
Ostafrika auf wirthschaftlichem Gebiete vorliegt, die 
Herstellung leistungsfähiger Verkehrswege, betrifft, so 
hatte der Oberstleutnant Gerding, à lu suite Eisen- 
bahn Regiments Nr. 1, wie bekannt, zunächst den 
Auftrag, sich über die vor einigen Jahren bereits 
stattgehabten allgemeinen Vorarbeiten für die Anfangs- 
strecke (Dar-es-Saläm — Mrogoro) einer das Schup-
	        
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