Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

— 247 — 
Die Sisalagaven werden in Reihen, meist an 
solchen Plätzen ausgepflanzt, an welchen die Erd- 
oberflüche eine gewisse Gleichförmigkeit besitzt. 
Zwischen den einzelnen Reihen muß ein Zwischen- 
raum gelassen werden, ebenso innerhalb der Reihen 
zwischen den einzelnen Pflanzen. Wie groß diese 
Zwischenräume sein sollen, dafür giebt es auf den 
Pflanzungen der Bahamas keine allgemeine Regel. 
Einige Pflanzer lassen zwischen den Reihen einen 
Zwischenraum von 8 bis 9 Fuß stehen und pflanzen 
inerhalb der Reihen die Agaven in einem Abstand 
von 7 bis 8 Fuß, während Andere wieder einen 
Zwischenraum von nur 3 bis 5 Fuß zwischen den 
Reihen und einen Abstand von nur 4 Fuß von 
Pflanze zu Pflanze wählen. Jedenfalls sind die 
größeren Zwischenräume und Abstände vorzuziehen, 
wenn das Gebiet nicht beschränkt ist, denn sie ge- 
währen mehr Raum zum Nachpflanzen von jungen 
Pflanzen. In passenden Entfernungen müssen auch 
Uwischenräume gelassen werden, welche das Durch- 
fahren mit Wagen oder die Anlage einer Feldbahn 
gestatten. 
Nach vierjährigem Wachsthum oder, unter sehr 
günstigen Bedingungen, nach 3½ Jahren beginnen 
die Blätter sich aus ihrer aufrechten, geschlossenen 
Stellung rund um den Stamm in eine wagerechte 
Lage zu neigen und sind dann reif zum Schneiden. 
Die dem Boden zunächst befindlichen Blätter sollen 
zuerst geschnitten werden und zwar so nahe wie 
möglich beim Stamm; wenn Letzteres nicht geschieht, 
so geht ein beträchtlicher Theil der besten Fasern 
verloren, und die weitere Ausbeute ist ebenfalls be- 
hindert. Das Werkzeug, das man zum Schneiden 
der Blätter benutzt, kann ein einfaches Messer sein; 
man bedient sich dazu auch eines besonderen Messers 
mit einer Klinge, die fast im rechten Winkel zum 
Griff gebogen ist. 
Das Gewicht der Blätter schwankt zwischen 1 
und 2½ Pfund. Sie werden in Bündeln zu 50 Stück 
gesammelt und in das Arbeitshaus gebracht. Wenn 
mehr Blätter geschnitten worden sind, als die Ma- 
schine gleich bearbeiten kann, so sollen sie in offenen 
Schuppen gelagert werden und können 4 bis 5 Tage 
lang aufbewahrt werden; in trockenem Klima sind 
Schutzdächer nicht unbedingt nöthig. Da aber die 
Arbeit immer fortläuft, so erzielt man keinen greif- 
baren Vortheil, wenn man mehr Blätter schneidet, 
als an einem Tage durch die Maschine gehen 
können. 
Fasergewinnung. Im Arbeitshaus befindet 
sich die Entfaserungsmaschine, die durch einen Oel- 
oder Gasmotor getrieben wird, und die Packpresse. 
Die Maschine ist an einem Ende des Arbeits- 
hauses mit freier Verbindung nach außen aufsgestellt, 
wo sich ein erhöhter Standpunkt befindet, von dem 
aus die Maschine durch einen Arbeiter bedient wird. 
Ein dünner Wasserstrom wird ununterbrochen durch 
die Maschine geführt, um die Fasern beim Ent- 
faserungsprozeß rein zu waschen. 
  
Am anderen Ende der Maschine, innerhalb des 
Arbeitshauses, sitzt ein Arbeiter, der die Fasern, 
welche rein und weiß herauskommen, in Empfang 
nimmt. Durch andere Arbeiter werden die Fasern 
ins Freie getragen und zum Trocknen an der Sonne 
auf Gestellen ausgehängt. Die Fasern werden, wenn 
sie vollständig getrocknet sind, ins Arbeitshaus zurück- 
gebracht und mit Hilfe einer Presse, die ganz ähnlich 
beschaffen ist wie eine Wollpresse, zu Ballen gepackt. 
Hierbei ist darauf zu achten, daß die Enden der 
Fasern nach einwärts geschlagen werden, so daß der 
Ballen, wenn er aus der Presse herausgenommen 
wird, eine glatte Außenfläche besitzt. Die Ballen 
sind nicht von gleichem Gewicht; es schwankt zwischen 
350 und 500 Pfund. Die Maximalleistung der 
besten Maschinen ist etwa 1 Tonne Fasern pro Tag. 
An empfehlenswerthen Maschinen werden an- 
geführt: . 
Prieto. Eine in Barcelona hergestellte Maschine, 
welche in Yucatan im Gebrauch ist. 
Todd. Ein amerikanisches Patent. Mehrere 
solcher Maschinen sind auf den Bahamas in Gebrauch. 
Sie können als vollständig genügend angesehen 
werden, sind aber nicht so gut wie die patentirte 
Maschine Villamor, deren eine auf New Providence 
in Gebrauch steht. 
Villamor, eine leistungsfähigere und haltbarere 
Maschine als Todd; sie ist ein amerikanisches Fabri- 
kat, wird aber augenblicklich nicht mehr hergestellt; 
sie war bisher in Yucatan viel verwendet. 
Torvella, eine Maschine, die von derselben 
amerikansschen Firma hergestellt wird, wie die 
Villamor-Maschine. Torvella ersetzt jetzt die Villa- 
mor-Maschine in Bucatan und ist dort sehr ge- 
schäht. . 
Stephensor Theband, eine große, theure amerika- 
nische Maschine. 
Rautschukkultur in Annam. 
Während der Kautschuk in Cochinchina unbekannt 
ist, hat man in Annam vor drei bis vier Jahren in 
den entlegenen Gegenden dieser französischen Kolonie 
Kautschuklianen entdeckt, welche von den Eingeborenen 
in großen Mengen gesammelt wurden, ohne daß man 
eine Ahnung von ihrem Handelswerth hatte. Auf 
die Anregung des Residenten der Provinz Vinh 
haben einige französische Kaufleute sich mit den Ein- 
geborenen in Handelsbeziehungen gesetzt, den Kaut- 
schuk zum Preise von 100 Frcs. für den Pikul auf- 
gekauft und ihn um das Dreifache in Marseille 
wieder losgeschlagen. Wie das Deutsche Kolonial-= 
haus Bruno Antelmann, Berlin C. 19, mittheilt, ist 
hierin aber durch den Tod des Herrn Hennequin, 
der Seele dieses Unternehmens, und die Abreise 
seiner Gesellschafter zur Zeit eine Unterbrechung ein- 
getreten. Schon die Mission Raoul, welche im 
Jahre 1897 vom französischen Kolonialministerium 
nnach Java entsandt wurde, hatte die Aufgabe, dort
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.