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7. Das an Bord befindliche Trink= und Gebrauchswasser ist, sofern es nicht völlig unverdächtig
rscheint, nach erfolgter Desinsektion auszupumpen und durch unverdächtiges Wasser zu ersetzen.
In allen Fällen ist darauf zu achten, daß Absonderungen und Entleerungen von Pestkranken,
"erdächtiges Wasser und Abfälle irgend welcher Art nicht undesinfizirt in das Hafen= oder Fluß=
vasser gelangen.
§ 14c. Sind auf einem Schiffe bei der Abfahrt oder auf der Fahrt Pestfälle vorgekommen,
edoch nicht innerhalb der letzten zwölf Tage vor der Ankunft, so gilt dasselbe als verdächtig. Nach
kiolgter ärztlicher Untersuchung (§ 6), ist die Mannschaft, sofern der beamtete Arzt dies für nothwendig
rachtet, hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes einer Ueberwachung, jedoch nicht länger als zehn Tage, von
#er Stunde der Ankunft des Schiffes an gerechnet, zu unterwerfen. Das Anlandgehen der Mannschaft
ann während der Ueberwachungszeit verhindert werden, soweit es nicht zum Zwecke der Abmusterung ge-
chieht oder Gründe des Schiffsdienstes entgegenstehen. Den Reisenden ist die Fortsetzung ihrer Reise zu
zestatten, jedoch hat, wenn der beamtete Arzt ihre fernere Ueberwachung für nothwendig erachte, die Hafen-
Vehörde unverzüglich der für das nächste Reiseziel zuständigen Polizeibehörde Mittheilung über die bevor-
tehende Ankunft derselben zu machen, damit sie dort der gesundheitspolizeilichen Ueberwachung unterworfen
verden können. Begründet das Ergebniß der ärztlichen Untersuchung den Verdacht, daß Insassen des
Schiffes den Krankheitsstoff der Pest in sich ausgenommen haben, so können dieselben auf Anordnung des
deamteten Arztes wie die Personen eines verseuchten Schiffes (14b 1 und 3) behandelt werden.
Im Uebrigen gelten die Vorschriften des § 14b Nr. 4 bis 7.
§ 144. Hat das Schiff weder vor der Abfahrt, noch während der Reise, noch auch bei der
Ankunft einen Pest-, Todes= oder Krankheitsfall an Bord gehabt, so gilt dasselbe auch wenn er aus einem
Hafen kommt, gegen dessen Herkünfte die Ausübung der Kontrole angeordnet worden ist, als „rein“ und
ist, sofern die ärztliche Untersuchung (§ 6) befriedigend ausfällt, sofort zum freien Verkehr zuzulassen, nach-
dem die in § 14b unter Nr. 4, Absatz 1 bis 3 und Nr. 5 bis 7 bezeichneten Maßnahmen ausgeführt
vorden sind, soweit der beamtete Arzt dies für erforderlich erachtet. Begründet das Ergebniß der ärztlichen
Untersuchung den Verdacht, daß Insassen des Schiffes den Krankheitsstoff der Pest in sich ausgenommen
jaben oder hat die Reise des Schiffes seit Verlassen eines Hafens der oben bezeichneten Art weniger als
zehn Tage gedauert, so können die Reisenden und die Mannschaft auf Anordnung des beamteten Arztes
nach Maßgabe der Bestimmungen des § 14c weiterhin einer gesundheitspolizellichen Ueberwachung, bis zur
Daner von 10 Tagen von dem Tage der Absfahrt des Schiffes an gerechnet, unterworfen werden.
§ 14e. Gegenüber sehr stark besetzten Schiffen, namentlich gegenüber folchen, die Auswanderer
ind Nückwanderer befördern, sowie gegenüber Schiffen, die besonders ungünstige gesundheitliche Verhältnisse
mfweisen, können weitere, über die Grenzen der SS140 bis 144 hinausgehende Maßregeln von der
Hafenbehörde getroffen werden.
§ 14f. Die Ein= und Durchfuhr von Waaren und Gebrauchsgegenständen aus den in den
&§ 14b bis e bezeichneten Schiffen unterliegt nur insoweit einer Beschränkung, als seitens des Kaiser-
iichen Gouvernements besondere Bestimmungen getroffen werden. Jedoch sind Gegenstände, die nach
Ansicht des beamteten Arztes als mit dem Ansteckungsstoff der Pest behaftet zu erachten sind, vor der Ein-
und Durchfuhr zu desinfiziren.
§ 148g. Will ein Schiff in den Fällen der §§ 14b bis 14e sich den ihm auferlegten Maß-
regeln nicht unterwerfen, so steht ihm frei, wieder in See zu gehen. Es kann jedoch die Erlaubniß er-
halten, unter Anwendung der erforderlichen Vorsichtsmaßregeln (Isolirung des Schiffes, der Mannschaft
und der Reisenden, Verhinderung des Anspumpens des Bilgewassers vor erfolgter Desinfektion, Ersatz des
im Bord befindlichen Wasservorrathes durch gutes Trink= und Gebrauchswasser und dergl.) seine Waaren
zu löschen und die an Bord befindlichen Reisenden, sofern sich diese den von der Hafenbehörde getroffenen
Anordnungen fügen, an Land zu setzen.
§ 15. Läuft ein Schiff, nachdem es in einem Hafen des Schutzgebietes der gesundheitspolizei-
lichen Kontrole (§§ 6, 9, 13, 14) unterworsen und zum freien Verkehr zugelassen worden ist, demnächst
einen weiteren inländischen Hafen an, so unterliegt es in diesem einer abermaligen Kontrole nicht, es sei
denn, daß seit der Ausfahrt aus dem zuletzt angelaufenen Hafen Fälle von Cholera, Gelbfieber oder Pest
an Bord sich ereignet haben, oder daß gegen Herkünfte aus diesem Hafen eine gesundheitspolizeiliche
Kontrole gemäß § 1, Nr. 2 angeordnet ist.
8 16. Auf das Lootsen-, Zoll= und Sanitätspersonal, welches mit den der gesundheitspolizeilichen
Kontrole unterliegenden Schiffen in Verkehr zu treten hat, finden die in vorstehenden Bestimmungen an-
geordneten Verkehrsbeschränkungen und Desinfektionsmaßnahmen keine Anwendung. Voraussetzung dieser
Ausnahmebestimmung jedoch ist, daß diese Personen sich selbst und ihre Effekten ausreichend desinfiziren.
Zu diesem Behufe haben dieselben sofort nach dem Verlassen eines verseuchten oder verdächtigen Schiffes
und bevor sie irgendwie mit der Außenwelt in Verbindung treten, ihren ganzen Körper mit grüner Seife
abzuwaschen und ein vollständiges Bad zu nehmen; die Kleider und Effekten sind nach §§ 10 und 11
der Desinfektionsanweisung zu behandeln.