Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

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86. 
Zwangsvollstreckungen. 
(Zu § 10 der Verordnung, betreffend die Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten.) 
1. Die Zwongsvollstreckung erfolgt ausschließlich durch die Bezirksrichter. Der Beibringung einer 
vollstreckbaren Ausfertigung bedaif es nicht, soweit dieselbe von dem Gerichtsschreiber der Gerichtsbehörde, 
durch welche die Zwangsvollstreckung zu erfolgen hat, zu ertheilen sein würde. 
Die Verfügung, durch welche die Zwangsvollstreckung angeordnet wird, tritt im Sinne der 
88 726 bis 732, 750, 796, 797, 799 der Civilprozeßordnung an die Stelle der Ertheilung einer voll- 
streckbaren Ausfertigung, beziehungsweise der Vollstreckungsklausel. 
2. Die Bezirksrichter können nach Anordnung der Zwangsvollstreckung mit der Ausführung 
andere Personen beauftragen, die nach ihren Anweisungen zu verfahren haben. Der Auftrag ist schriftlich 
zu ertheilen. Der Auftrag tritt im Sinne der §§ 754 bis 757 der Civilprozeßordnung an die Stelle 
der vollstreckbaren Ausfertigung. 
Die mit der Ausführung der Zwangsvollstreckung beauftragte Person hat die in der Civilprozeß. 
ordnung dem Gerichtsvollzieher zugewiesenen Befugnisse und Obliegenheiten, soweit nicht durch die ihr 
ertheilten Anweisungen etwas Anderes bestimmt ist. 
Die §§ 760, 762, 763 der Civilprozeßordnung bleiben außer Anwendung. Der Beamte, von 
welchem die Zwangsvollstreckung angeordnet wird, hat jedoch Sorge dafür zu tragen, daß über jede 
Vollstreckungshandlung eine schriftliche Nachricht zu den Gerichtsakten gebracht wird. 
3. Wird bei der Gerichtsbehörde die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung eines Urtheile 
oder eines anderen Titels (Civilprozeßordnung §§ 794 bis 800, 829) beantragt, weil die Zwangsvoll 
streckung in dem Bezirk eines andern Gerichts zu erfolgen hat, so darf die vollstreckbare Ausfertigung in 
allen Fällen nur auf Anordnung des Bezirksrichters von dem Gerichtsschreiber ertheilt werden. 
86. 
Strafsachen. 
(Zu § 19 Nr. 2 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit.) 
1. Soweit nach der Vorschrift des § 420 der Strafprozeßordnung vor Erhebung der Privot 
klage wegen Beleidigungen nachgewiesen werden muß, daß die Sühne erfolglos versucht worden, is für 
diesen Vergleichsversuch der Bezirksrichter zuständig. Derselbe ist befugt, mit der Vornahme von Sühne 
versuchen andere Personen dauernd oder in bestimmten Fällen zu beauftragen. 
Erscheint der Beschuldigte in dem zur Sühneverhandlung bestimmten Termine nicht, so win 
angenommen, daß er sich auf die Sühneverhandlung nicht einlassen wolle. Eine Bescheinigung über di 
Erfolglosigkeit der Sühneverhandlung konn nur ertheilt werden, wenn der Antragsteller im Termin e#- 
schienen ist. Kommt im Termin ein Vergleich zu Stande, so ist derselbe zu Protokoll festzustellen. 
2. Wird gegen ein Strafurtheil von der Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, so sind der 
Angeklagten die Schriftstücke über Einlegung und Rechtfertigung der Berufung durch die Gerichtebehörde 
erster Instanz zuzustellen. Diese übersendet in allen Fällen der Berufung die Akten unmilteldbar der 
Obergerichte. 
§ 7. 
Kostenwesen. 
(Zu § 10 der Verordnung, betreffend die Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten.) 
In Ansehung des Kostenwesens bleiben bis auf Weiteres die in den einzelnen Schutzgeblem 
bestehenden Vorschriften in Geltung. 
8§ 8. 
Geschäftsgang. 
1. Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten haben am Schlusse des Kalender 
jahrs eine Geschäftsübersicht an den Reichskanzler (Auswärtiges Amt, Kolonial-Abtheilung) einzureiche. 
2. Der Geschäftsverkehr mit dem Reichskanzler erfolgt in eiligen Fällen durch unmittelbare 
Bericht an denselben (Auswärtiges Amt, Kolonial-Abtheilung), in nicht eiligen Fällen durch Vermittelm 
des Gouverneurs (Landeshauptmanns). Letzterer ist befugt, Ausnahmen von dieser Vorschrift zu gestone 
39. 
Die für die einzelnen Schutzgebiete erlasidnen Dienstanweisungen, betreffend die Ausübung de 
Gerichtsbarkeit, treten, insoweit nicht im § 7 etwas Anderes bestimmt ist, außer Kraft. 
Berlin, den 25. Dezember 1900. 
Der Reichskanzler. 
Graf v. Bülow. 
 
	        
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