Die Gesammtzahl der Chriften auf hiesiger
Station hat bereits die Zahl 170 überstiegen, die
der Taufbewerber 300, die der Zuhörer insgesammt
600 bis 700. Wegen des Zerstreutwohnens der
Eingeborenen und der Sprachverschiedenheit ist eine
Massenbekehrung, wie die stark bevölkerten Land-
schaften an den großen Seen sie verzeichnen, hier
wohl kaum möglich, die Christianisirung der hiesigen
Bevölkerung erfordert vielmehr unermüdliche Aus-
dauer und Geduld und große Aufopferung der
geistigen und körperlichen Kräfte. Erfreulich ist hin-
wiederum zu sehen, doß die Bekehrten den An-
forderungen der christlichen Religion im öffentlichen
wie im privaten Leben mit der nöthigen Gewissen-
haftigkeit nachzukommen suchen, vorausgesetzt, daß
stetige Kontrolle vom Missionar ausgeübt wird.
Neben der hiesigen Mission am Nyangaoflusse
wurden im Laufe dieses Jahnes fünf auswärtige
Missionsschulen und Kapellen gegründet und durch
schwarze Katecheten besetzt; in Kambona, Chipite-
Hatia, Nanganga, Sijimbe, Mpeme, deren Schüler-
zahl 120 übersteigt; eine sechste Nebenschule im
Mawalewele mußte wegen der kulturfeindlichen
mohammedanischen Bevölkerung für unbestimmte Zeit
wieder aufgehoben werden.
In diesen Schulen wird als erstes Fach Religion
gelehrt, daneben Schreiben, Lesen und Rechnen.
Eine Mädchenschule befindet sich nur auf der hiesigen
Mission und wird von der Schwesteroberin und
einer schwarzen Hülfslehrerin geleitet, während die
weibliche Bevölkerung auf den äußeren Stationen
vom Missionar und Katecheten zugleich mit der
männlichen Bevölkerung nur in der christlichen Lehre
unterrichtet wird. Die Zahl der Schülerinnen be-
trägt auf der hiesigen Mission etwa dreißig.
Neben der Schularbeit widmen sich die Schwestern
der Krankenpflege der Eingeborenen. Em aus Bam-
bus errichtetes Spital wird noch, so Gott will, in
diesem Jahre durch ein geräumiges, aus Luftziegeln
erbautes Krankenhaus ersetzt. Wöchentliche Kranken-
besuche in der Umgegend werden von den Schwestern
besorgt. Die ganze Krankenpflege geschieht unent-
geltlich, um die Anhänglichkeit und das Zutrauen
der noch sehr scheuen Bevölkerung zu gewinnen.
Was die materielle Entwicklung der Station
betrifft, so besteht dieselbe aus zwei geräumigen
Wohnhäusern, die von meinen Vorgängern in den
Jahren 1897 bis 1898 erbaut worden sind und
etwa 160 m auseinander liegen. Ferner wurden in
den letzten drei Vierteljahren von mir zwei Schul-
häuser hinzugefügt, mehrere Magazine und Stallungen,
und soeben befindet sich eine 30 m lange Kirche im
Bau, da die frühere Kapelle durch Feuersbrunst
zerstört ist. Sämmtliche Bauten sind aus geformten
Luftziegeln unter Aufsicht des Bruders Gereon er-
baut worden. Die Bedachung ist theils Lehm, theils
Gras, theils Wellblech. Für Erlernung europälscher
Handwerke konnte somit der Bevölkerung nur Zim-
merei und Maurerei zugänglich gemacht werden.
11
Hierin zeigte sich unter derselben etne im allgemeinen
befriedigende Geschicklichkeit.
In landwirthschaftlicher Beziehung wurden die
verschiedensten Versuche angestellt. Die Negergemüse
und afrikanischen Getreide gedeihen in den Niede-
rungen des Nyangao und Lukulediflusses sehr gut,
doch heuer ist infolge der Regenverspätung die Ernte
hoffnungslos, und es steht Hungersnoth bevor. Auf
den sandigen Hügeln und Uferböschungen geben
Mohogo= und Erdnußvflanzungen dankbare Erträg-
nisse; besondere Mühe wurde von der Mission für
Anbau von europäischen Gemüsearten angewendet.
Wie die Erfahrung zeigte, kommen während der
eigentlichen Regenzeit, Februar bis April, die euro-
päischen Gemüse nur sehr schlecht oder gar nicht
auf, die trockeneren Monate, August bis Dezember,
sind bei hinreichender Bewässerung für den euro-
päischen Gemüsebau die geeignetsten. Ein großer
Gemüsegarten wurde im verflossenen Jahre an den
Uferböschungen des Nyangao angelegt. Die ver-
gangenen Februar auftauchenden Heuschreckenlarven
wurden von der Schwester Oberin durch den Heu-
schreckenpilz vernichtet. Größere Anpflanzungen von
Erdnüssen und Mohogo sind in Angriff genommen.
Garten und Stationswege wurden mit Fruchtpflanzen,
wie Palmen, Mapapei, Mango, Orange und Ananas,
besetzt, doch ist deren Fortkommen recht mäßig.
Für die Viehzucht ist die ungesunde Lage der
Station sowie das hiesige echt tropische Klima jeden-
falls höchst nachtheilig. Besonders europäische Thier-
rassen werden hier kaum als fortpflanzungsfähig be-
funden; während in der trockenen Jahreszeit trotz
Mangels an Gras und sonstiger frischer Nahrung
sich sämmtliches Vieh: Esel, Schweine, Rinder, Ziegen,
Enten und Hühner, wohl befindet, erscheinen während
der Regenzeit infolge der heftigen Ausdünstungen in
Wald und Thal nur allzu häufig Erkrankungen an
Nesselfieber bei den Schwemen, Räude und Kolik
bei den Ziegen, langsames Abmagern bei den Eseln,
Rindern und Geflügel trotz der frischen Grasnahrung.
So verlor unsere Station durch Krankheit während
der Regenzeit acht Schweine, 39 Ziegen, eine große
Anzahl Enten. Esel und Rinder haben diese Monate
noch am besten überstanden, weshalb wir die Zucht
dieser Thiere nun in den Vordergrund stellen. An
geeigneten Stallungen und an Pflege hat es nicht
gesehlt. Wir haben reinliche und praktische Ställe.
Eine rentable Oekonomie erscheint auf hiesiger Station
fast als unmöglich.
Auf dem nur eine Stunde nordwärts gelegenen
Plateau habe ich eine Erholungsstation gegründet.
Dort entspringt eine eisenhaltige Quelle mit be-
ständigem Flusse. Dort ist frischere Luft, ein schöner,
ausgedehnter Waldpark. Ueberdies hat man eine
herrliche Aussicht bis über Masasi und Lukuledi.“
P. Nachtwey schreibt in der Zeitschrift „Maria
Immaculata“ über Swakopmund, den Hafenort
in Deutsch-Südwestafrika, Folgendes:
4