Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

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für anwendbar zu erklären, was ermöglichen werde, 
hinsichtlich ihrer Wirkungen weitere Erfahrungen zu 
sammeln. Auf Wünsche hin, die aus dem Kolonial= 
rathe heraus geäußert wurden, wurde regierungs- 
seitig zugesagt, die Frage nochmals auch für die 
anderen afrikanischen Kolonien zu prüfen und das 
Ergebniß dem Kolonialrath zu unterbreiten. Dabei 
wurde regierungsseitig auch betont, daß jede Bevor- 
mundung wirthschaftlicher Unternehmungen zu ver- 
meiden sei. — Der Kolonialrath ging dann zu dem 
Entwurf einer Verordnung, betr. das Kreditwesen 
und die Gerichtsbarkeit über die Eingeborenen 
des südwestafrikanischen Schutzgebietes in 
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, über. Von 
verschiedenen Rednern wurden gegen die Verordnung 
Bedenken erhoben und die Ansicht geäußert, daß die 
Interessen der Kaufleute unter einer Einschränkung 
des Kreditgebens leiden würden. Der Referent der 
Kolonial-Abtheilung für Südwestafrika vertheidigte 
dagegen das Bestreben des Gouverneurs, die Ein- 
geborenen gegenüber der Ausbeutung durch Händler 
und dem als eine Folge davon eintretenden Verluste 
ihres Stammeseigenthums in Schutz zu nehmen. 
Durch die Schaffung von Eingeborenen-Reservaten 
könne das Stammeseigenthum nicht genügend geschützt 
werden. Auch wurde regierungsseitig darauf hia- 
gewiesen, daß ähnliche Verordnungen in Theilen der 
deutschen Südsee-Besitzungen und in vielen englischen 
Kolonien bereits in Kraft seien und außerordentlich 
segensreich wirkten. Nachdem sich zunächst eine Mehr- 
heit des Kolonialrathes gegen die Bestimmung des 
§ 1 der Vorlage erklärt hatte, wonach gegen Ein- 
geborene sich richtende Forderungen, die vom Tage 
des Inkrafttretens der Verordnung ab dadurch ent- 
standen sind, daß an Eingeborene Waaren auf Kredit 
gegeben wurden, nicht mehr klagbar sein sollen, 
wurde die weitere Berathung der gesammten Vor- 
lage einer Kommission von fünf Mitgliedern, in welche 
die Herren Simon, v. Hofmann, Vohsen, v. Tucher 
und Porsch gewählt wurden, überwiesen. 
In der Nachmittagssitzung berieth der Kolonial- 
rath zunächst den ihm zur Begutachtung vorgelegten 
Entwurf einer Verfügung, betreffend die Regelung 
des gerichtlichen Kostenwesens in den Schutz- 
gebieten Afrikas und der Südsee. Die Gou- 
verneure sind um ihre Meinung befragt worden und 
haben sich, zum Theil mit der unten erwähnten Mo- 
difikation in Betreff der Höhe der Gebühren, für die 
Einführung des heimischen Systems ausgesprochen. 
Diesem Wunsche kommt der vorliegende Entwurf 
nach, der nur in den Angelegenheiten der freiwilligen 
Gerichtsbarkeit eine Verdoppelung der Sätze vor- 
schlägt, die im § 19 des Gesetzes über die Konsular- 
gerichtsbarkeit) bestimmt sind. Auf einen Antrag des 
Staatssekretärs a. D. Herzog erklärte sich die Mehr- 
heit des Kolonialrathes gegen diese Verdoppelung 
und nahm dann mit einer entsprechenden Modifikation 
den Entwurf an. — Während sonst an die einzelnen 
* Vergl. die Anmerkung auf S. 8533. 
  
Positionen der Etats für die Schutzgebiete seitens 
des Kolonialraths Anträge geknüpft und dabei 
Wünsche zum Ausdruck gebracht zu werden pflegen, 
boten die zur Berathung stehenden Etats von Ka- 
merun und Togo diesmal dem Kolonialrath keinen 
Anlaß zur Debatte. Regierungsseitig wurde über 
die neue Gestaltung, welche die Etats in diesem Jahre 
erhalten, und die eine größere Uebersichtlichkeit ge- 
währt, Aufschluß gegeben. 
Zu Anfang der Vormittagssitzung des Kolonial= 
raths vom 23. November nahm der Kolonialdireltor 
Veranlassung, zu erklären, daß, obwohl im Etat des 
ostafrikanischen Schutzgebietes keine Position für den 
Bahnbau Dar-es-Saläm — Mrogoro enthalten 
sei, daraus nicht etwa auf eine Aenderung in der 
Stellung der Regierung in der Sache geschlossen 
werden dürfe. Es sei dringend zu wünschen und zu 
hoffen, daß der Reichstag in zweiter und dritter 
Lesung den Gesetzentwurf wegen Baues dieser Essen- 
bahn mit den in der Budgetkommission vorgeschlagenen 
Aenderungen annehmen werde. Geh. Kommezien= 
rath Oechelhäuser trat mit warmen Worten für den 
Bahnbau ein, der Hoffnung Ausdruck gebend, doß 
der Reichstag in richtiger Würdigung der großen Be- 
deutung von Eisenbahnen in Afrika die Bahnvorlage 
genehmigen werde. Prof. Hans Meyer wandte sich 
zwar gegen ein sprungweises Vorgehen bei Ais- 
führung von Eisenbahnbauten in dem Schutzgebiet; 
über die Nothwendigkeit eines Bahnbaues überhaupt 
aber sei er mit allen Kolonialfreunden einig. Vor- 
aussetzung sei, daß schrittweise vorgegangen und de 
Bahn zunächst nur bis Mrogoro gebaut werde; der 
Bau selbst sei unter allen Umständen so bald wie 
möglich in Angriff zu nehmen. Sei der Bau noch 
Mrogoro vollendet, und stelle sich heraus, daß e: 
sich bei einem Weiterbau um eine finanziell und 
wirthschaftlich vertretbare Angelegenheit handle, so 
würde auch an einen solchen herangetreten werder 
können. Konsul Vohsen suchte die Rentabilität eines 
Bahnbaues bis zu den großen Seen nachzuweisen. 
Bankier v. d. Heydt trat angesichts der raschen Em- 
wickelung in Ost= und Centralafrika für eine ziel- 
bewußte Eisenbahnpolitik ein, da wir sonst von der 
Konkurrenz der Nachbarkolonien überflügelt werden 
würden. In demselben Sinne sprach sich Herzog 
Johann Albrecht zu Mecklenburg aus, indem er nach- 
stehende, von ihm und einer größeren Anzahl von 
Mitgliedern eingebrachte Resolution befürwortetle: 
„Der Kolonialrath bestätigt in entschiedener Weise 
seine früheren Resolutionen zu Gunsten der rascher 
Inangriffnahme der Bahn Dar-es-Salsm —Mrogoro 
sowie zu Gunsten einer zielbewußten Eisenbahnpolitk 
im ostafrikanischen Schutzgebiet.“ Nach weiteret 
warmer Befürwortung durch die Herren Sachse und 
Simon wurde die Resolution vom Kolonialrath ein- 
stimmig angenommen. — Beim Eintritt in die Be- 
sprechung des Etats für das südwestafrikanische 
Schutzgebiet entstand eine längere Debatte über die 
Otavi-Bahn, wobei Geh. Kommerzienrath v. Hame 
mann die Erklärung abgab, daß die Otavi-Gesell
	        
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