Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

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drachten reichlich Verpflegung und stellten mir Führer 
für den Marsch nach Iraknu. 
Meine Absicht, am Nyarasa= (Eyassi-) See 
iepertsche Karte 1: 200 000) entlang nach Ngo- 
rongoro zu gelangen, mußte ich aufgeben, da infolge 
der diesjährigen ungewöhnlich ausgiebigen Regenzeit 
der Smoinfluß (Kiepertsche Karte 1: 200 000) die 
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ganze Steppe unter Wasser gesetzt hatte, so daß die- 
selbe vollkommen unpassirbar war. Aus dem- 
ielben Grunde war auch die Straße von Issansu nach 
Mlatu (Kiepersche Karte 1: 2 000 000) in Usukuma 
nicht gangbar. Nach Iraku führte der Weg fort- 
gesetzt durch Busch bezw. lichte Baumsteppe mit ein- 
zelnen brauchbaren Holzarten nördlich der Kimyangiru- 
berge (Werthersche Karte der Irangi-Expedition 
1:750 000) vorbei. 
In Tumbati (Werthersche Karte der Irangi- 
Erpedition 1:750 000) setzte ich mich mit dem 
Häuptling Kidamanssa in Verbindung, der bereit- 
willigst für Verpflegung sorgte. Nur bei Gestellung 
von Führern nach Ngorongoro stieß ich auf Schwie- 
rigkeiten, da die Leute mit den dort wohnenden 
Wandorobo angeblich in Feindschaft leben. 
In Kwa Sagiro in der Landschaft Umburru 
(Werthersche Karte der Irangi. Expedition 1:750 000) 
ließ ich einige kranke Träger sowie die zunächst nicht 
absolut nothwendigen Europäerlasten zurück. Die so 
frei gewordenen Träger trugen jetzt Verpflegungs- 
lasten für die Karawane. 
Von Iraku aus marschirte ich direkt nördlich 
nach Ngorongoro (Werthersche Karte der Irangi- 
Exvedition 1: 750 000) durch sehr schöne, fast 
baumlose, jetzt vollständig unbewohnte Grasland- 
schaften. Nur in den Schluchten befinden sich dort 
bisweilen kleine Urwaldparzellen. Die früher in 
diesen Gebieten ansässig gewesenen Massai sind nach 
der Rinderpest ausgewandert. Es ist sehr bedauerlich, 
daß diese ständig mit saftigem Gras bedeckten enormen 
Flächen nicht mehr besiedelt sind. Für Viehzucht im 
großen Maßstabe wird das Gebiet ganz außer- 
ordentlich geeignet sein, da auch die Bewässerung 
günstig ist. Das Klima in diesen weiten Hochflächen 
dürfte für Europäer sicherlich durchaus zuträglich 
sein. Die Nächte sind sehr kalt, und den Tag über 
ist die Temperatur infolge ständiger Winde angenehm. 
An dem Fuß des Ngorongorogebirges ange- 
langt, behaupteten die Führer, den Weg durch den 
Urwald zu den Wandorobo-Ansiedelungen nicht zu 
kennen, und verschwanden, als sie zum Suchen der 
Wege ausgeschickt wurden, um nicht wiederzukommen. 
Nun mußte ich also nach der Nordnadel durch den 
weglosen, riesigen, wundervollen Urwald unter sehr 
großen Schwierigkeiten marschtren. Schritt für 
Schritt mußte ein Pfad mühsam durchgeschlagen 
werden. Die unbeschuhten Leute hatten dabei sehr 
unter scheußlichen Nesseln zu leiden, welche in der 
üppigen Krautvegetation bis zur Mannshöhe wucherten. 
Es herrschte eine fürchterliche Kälte und Nässe im 
Wald. Die dichten Nebel lichteten sich überhaupt 
nicht, und klatschend fielen die schweren Wassertropfen 
ganz flachen westlichen Theil des Kessels zu. 
von den Baumriesen hernieder. Askaris und Träger 
konnten sich nicht erwärmen und verbrachten die 
beiden Nächte im Urwald schlaslos. Die Lagerfeuer 
qualmten nur, ohne wirkliche Wärme zu spenden. 
Am 12. Juni d. Is. erreichten wir die Kammhöhe 
des Gebirges und stiegen sehr steil herab in den 
großen Kessel von Ngorongoro. Während wir uns 
oben noch im dichtesten Nebel befanden, lag unten 
die Ebene im hellsten Sonnenschein. 
Die Landschaft Ngorongoro ist ein prächtiges 
Stück Land, welches sich zum Anbau wie zur Vieh- 
zucht gleich gut eignet und meines Erachtens wohl 
eine gute Zukunft hat. Für Europäer wäre dort 
in den höheren Lagen am östlichen Rand des Kessels 
eine Ansiedelung möglich. Europäische Gemüse und 
Weizen dürften dort bestimmt vorzüglich gedeihen. 
Weite Strecken sind mit sastigem weißen Klee und 
Lupinen sowie herrlichem Gras bewachsen. Bessere 
Viehweiden kommen in unserem Schutzgebiet meines 
Wissens nicht vor. Vom Urwald strömen ständig 
klare Bäche herab und fließen dem tiefer gelegenen, 
Der 
Nogorongorosee selbst ist nur ganz flach und trocknet 
  
  
sichtlich mehr und mehr aus. Dagegen zieht sich am 
südlichen Rande des Kessels ein großer und ziemlich 
tiefer Süßwassersee hin, der eher an Wasser zunimmt. 
Erst am folgenden Tage gelang es mir, die dort 
am Westrand des Kessels ansässigen Wandorobo aus- 
findig zu machen. Die Leute sind sehr armselig. 
Sie haben gar kein Vieh mehr, bebauen nur ganz. 
kleine Flächen mit süßen Kartoffeln und leben in 
der Hauptsache von der Jagd. Die Zahl der hier 
angesiedelten Wandorobo ist gering. Sie wohnen in 
zwei räumlich weit voneinander getrennten Kraals. 
Die vielen früher dort ansässig gewesenen Massai sind 
infolge der Rinderpest und mehrfacher Fehden unter- 
einander von Ngorongoro fortgezogen. So liegt diese 
wundervolle Landschast jetzt eigentlich ganz ungenützt da. 
Den Wandorovo habe ich Vieh zum Hüten und 
Getreide zur Aussaat versprochen. Nach Angabe 
dieser Leute ist das Land nördlich bis Ssonyo und 
westlich bis zum Lgarryasee (Kiepertsche Karte 
1:.2U000 000) jetzt völlig unbewohnt. An letzterem 
sollen nur einige Wandorobo hausen. 
Oestlich von Ngorongoro ist nur die Landschaft 
Saleh (Kiepertsche Karte 1: 2 000 000) etwas be- 
völkert. Das sehr große und gut bewässerte Gebiet 
Mutyek (Kiepertsche Karte 1: 2000 000) ist da- 
gegen jetzt vollkommen unbewohnt. 
Von Ngorongoro marschirte ich über Mutyek 
direkt östlich nach dem Steilrand des „großen 
Grabens“, dessen Fuß ich bei der kleinen Wandorobo- 
Niederlassung Voyoto (nicht auf der Karte) nördlich 
des Manyerasees erreichte. Der Grabenrand ist 
von hier aus in seinem Verlauf nach Norden so 
scharf markirt und steil, daß derselbe bis Nguruman 
eine nicht besser zu denkende natürliche Scheidewand 
zwischen zwei Bezirken bildet. 
Am 18. Juni d. Is. matschirte ich von Vyoto 
ab, versolgte den Ostrand des Manyarasees und er-
	        
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