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drachten reichlich Verpflegung und stellten mir Führer
für den Marsch nach Iraknu.
Meine Absicht, am Nyarasa= (Eyassi-) See
iepertsche Karte 1: 200 000) entlang nach Ngo-
rongoro zu gelangen, mußte ich aufgeben, da infolge
der diesjährigen ungewöhnlich ausgiebigen Regenzeit
der Smoinfluß (Kiepertsche Karte 1: 200 000) die
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ganze Steppe unter Wasser gesetzt hatte, so daß die-
selbe vollkommen unpassirbar war. Aus dem-
ielben Grunde war auch die Straße von Issansu nach
Mlatu (Kiepersche Karte 1: 2 000 000) in Usukuma
nicht gangbar. Nach Iraku führte der Weg fort-
gesetzt durch Busch bezw. lichte Baumsteppe mit ein-
zelnen brauchbaren Holzarten nördlich der Kimyangiru-
berge (Werthersche Karte der Irangi-Expedition
1:750 000) vorbei.
In Tumbati (Werthersche Karte der Irangi-
Erpedition 1:750 000) setzte ich mich mit dem
Häuptling Kidamanssa in Verbindung, der bereit-
willigst für Verpflegung sorgte. Nur bei Gestellung
von Führern nach Ngorongoro stieß ich auf Schwie-
rigkeiten, da die Leute mit den dort wohnenden
Wandorobo angeblich in Feindschaft leben.
In Kwa Sagiro in der Landschaft Umburru
(Werthersche Karte der Irangi. Expedition 1:750 000)
ließ ich einige kranke Träger sowie die zunächst nicht
absolut nothwendigen Europäerlasten zurück. Die so
frei gewordenen Träger trugen jetzt Verpflegungs-
lasten für die Karawane.
Von Iraku aus marschirte ich direkt nördlich
nach Ngorongoro (Werthersche Karte der Irangi-
Exvedition 1: 750 000) durch sehr schöne, fast
baumlose, jetzt vollständig unbewohnte Grasland-
schaften. Nur in den Schluchten befinden sich dort
bisweilen kleine Urwaldparzellen. Die früher in
diesen Gebieten ansässig gewesenen Massai sind nach
der Rinderpest ausgewandert. Es ist sehr bedauerlich,
daß diese ständig mit saftigem Gras bedeckten enormen
Flächen nicht mehr besiedelt sind. Für Viehzucht im
großen Maßstabe wird das Gebiet ganz außer-
ordentlich geeignet sein, da auch die Bewässerung
günstig ist. Das Klima in diesen weiten Hochflächen
dürfte für Europäer sicherlich durchaus zuträglich
sein. Die Nächte sind sehr kalt, und den Tag über
ist die Temperatur infolge ständiger Winde angenehm.
An dem Fuß des Ngorongorogebirges ange-
langt, behaupteten die Führer, den Weg durch den
Urwald zu den Wandorobo-Ansiedelungen nicht zu
kennen, und verschwanden, als sie zum Suchen der
Wege ausgeschickt wurden, um nicht wiederzukommen.
Nun mußte ich also nach der Nordnadel durch den
weglosen, riesigen, wundervollen Urwald unter sehr
großen Schwierigkeiten marschtren. Schritt für
Schritt mußte ein Pfad mühsam durchgeschlagen
werden. Die unbeschuhten Leute hatten dabei sehr
unter scheußlichen Nesseln zu leiden, welche in der
üppigen Krautvegetation bis zur Mannshöhe wucherten.
Es herrschte eine fürchterliche Kälte und Nässe im
Wald. Die dichten Nebel lichteten sich überhaupt
nicht, und klatschend fielen die schweren Wassertropfen
ganz flachen westlichen Theil des Kessels zu.
von den Baumriesen hernieder. Askaris und Träger
konnten sich nicht erwärmen und verbrachten die
beiden Nächte im Urwald schlaslos. Die Lagerfeuer
qualmten nur, ohne wirkliche Wärme zu spenden.
Am 12. Juni d. Is. erreichten wir die Kammhöhe
des Gebirges und stiegen sehr steil herab in den
großen Kessel von Ngorongoro. Während wir uns
oben noch im dichtesten Nebel befanden, lag unten
die Ebene im hellsten Sonnenschein.
Die Landschaft Ngorongoro ist ein prächtiges
Stück Land, welches sich zum Anbau wie zur Vieh-
zucht gleich gut eignet und meines Erachtens wohl
eine gute Zukunft hat. Für Europäer wäre dort
in den höheren Lagen am östlichen Rand des Kessels
eine Ansiedelung möglich. Europäische Gemüse und
Weizen dürften dort bestimmt vorzüglich gedeihen.
Weite Strecken sind mit sastigem weißen Klee und
Lupinen sowie herrlichem Gras bewachsen. Bessere
Viehweiden kommen in unserem Schutzgebiet meines
Wissens nicht vor. Vom Urwald strömen ständig
klare Bäche herab und fließen dem tiefer gelegenen,
Der
Nogorongorosee selbst ist nur ganz flach und trocknet
sichtlich mehr und mehr aus. Dagegen zieht sich am
südlichen Rande des Kessels ein großer und ziemlich
tiefer Süßwassersee hin, der eher an Wasser zunimmt.
Erst am folgenden Tage gelang es mir, die dort
am Westrand des Kessels ansässigen Wandorobo aus-
findig zu machen. Die Leute sind sehr armselig.
Sie haben gar kein Vieh mehr, bebauen nur ganz.
kleine Flächen mit süßen Kartoffeln und leben in
der Hauptsache von der Jagd. Die Zahl der hier
angesiedelten Wandorobo ist gering. Sie wohnen in
zwei räumlich weit voneinander getrennten Kraals.
Die vielen früher dort ansässig gewesenen Massai sind
infolge der Rinderpest und mehrfacher Fehden unter-
einander von Ngorongoro fortgezogen. So liegt diese
wundervolle Landschast jetzt eigentlich ganz ungenützt da.
Den Wandorovo habe ich Vieh zum Hüten und
Getreide zur Aussaat versprochen. Nach Angabe
dieser Leute ist das Land nördlich bis Ssonyo und
westlich bis zum Lgarryasee (Kiepertsche Karte
1:.2U000 000) jetzt völlig unbewohnt. An letzterem
sollen nur einige Wandorobo hausen.
Oestlich von Ngorongoro ist nur die Landschaft
Saleh (Kiepertsche Karte 1: 2 000 000) etwas be-
völkert. Das sehr große und gut bewässerte Gebiet
Mutyek (Kiepertsche Karte 1: 2000 000) ist da-
gegen jetzt vollkommen unbewohnt.
Von Ngorongoro marschirte ich über Mutyek
direkt östlich nach dem Steilrand des „großen
Grabens“, dessen Fuß ich bei der kleinen Wandorobo-
Niederlassung Voyoto (nicht auf der Karte) nördlich
des Manyerasees erreichte. Der Grabenrand ist
von hier aus in seinem Verlauf nach Norden so
scharf markirt und steil, daß derselbe bis Nguruman
eine nicht besser zu denkende natürliche Scheidewand
zwischen zwei Bezirken bildet.
Am 18. Juni d. Is. matschirte ich von Vyoto
ab, versolgte den Ostrand des Manyarasees und er-