Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

können. Denn wo das Land zum Anbau taugt, 
wird der Wald von den Eingeborenen ausgerottet. 
Sie hauen die Bäume um, lassen sie trocknen und 
zünden sie dann an. Die Asche giebt dann einen 
guten Dünger ab für die Aussaat der Kafferhirse. 
Das Land war spärlich bevölkert, und die Hütten 
der Eingeborenen waren meist in schlechtem Zu- 
stande und in dichtem Buschwerk versteckt. Denn 
hier in diesen Gegenden herrschte bis jetzt beständige 
Unsicherheit. Die Reisenden fahen Elefantenspuren 
und machten auch Bekanntschaft mit dem Honigvogel, 
der auch in Südafrika häufig vorkommt. Dieser 
Vogel, von der Größe eines Sperlings, nur be- 
deutend schlanker, ist schwarzgrau gefärbt mit weiß- 
lichem Bauch, und es ist Thatsache, daß er die 
Menschen zu den Stöcken der wilden Bienen führt, 
damit sie ihm helfen, wo er dem Innern der Stöcke 
nicht beikommen kann. 
Am dritten Tage der Reise erreichten die 
Wanderer den Fluß Luhudja (Ruhudsche). Die Ufer 
waren mit großen Bäumen bewachsen, welche durch 
Schlinggewächse umrankt waren. Hier hausten Kro- 
kodile und Nilpferde. Die Krokodile müssen hier 
wohl besonders gefährlich sein, denn Missionar 
Schumann fand an dem Platze, wo die Leute 
Wasser schöpften, förmliche Bollwerke, aus Holz- 
stämmen angelegt, durch deren Oeffnungen die Leute 
mit Gefäßen, die sie an Bambusstangen binden, das 
Wasser aus dem Flusse schönfen. Ein kleines Kanu 
diente zur Ueberfahrt. Als die Missionare am 
Ufer dieses Flusses rasteten, kam ein Haufe von 
Heidenweibern und bat um die Erlaubniß, Gesänge 
vortragen zu dürfen. Den Inhalt der Gesänge 
bildete die alte Frage, welche noch heute allen 
Heiden geläufig ist, die Frage nämlich: Was werden 
wir essen, was werden wir trinken, womit werden 
wir uns kleiden? Der verstorbene Häuptling Saka- 
maganga wurde als freigebiger Herr gepriesen, und 
weil sein Sohn geizig sein sollte, klagte man über 
Verlassenheit. 
Die Landschaft bestand aus Hügeln, zwischen 
denen in der Regenzeit sich Tümpel bilden. Hier 
pflanzen die Eingeborenen ihren Reis. Jetzt in der 
regenarmen Zeit waren diese Niederungen trocken, 
waren aber mit üppigem Graswuchs bedeckt. An 
Quellen und Flüssen ist das Land arm. Die Ein- 
geborenen schöpfen schmutziges Wasser aus kleinen 
Löchern, die sie an tiefgelegenen Stellen graben. 
Die Stadt oder das Dorf des oben genannten 
Häuptlings, der aber nicht mehr lebt, war von an- 
sehnlicher Größe. In der Mitte lag die Tembe 
des regierenden Herrn, der den langen Namen 
Mugonelulusoli führt. Im Eingange des Heupt- 
lingshauses befand sich eine große Halle, darin 
hingen zur Verwunderung der Reisenden die Bilder 
Ihrer Majestäten des deutschen Kaisers und der 
Kaiserin, rauchgeschwärzt aber noch leidlich erkennbar. 
Seitwärts von diesem Gebäude war die Grabstätte 
des Häuptlings zu sehen, überdacht von einem gras- 
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gedeckten Häuschen, auf welchem eine weiße Fahne 
wehte. Daneben befand sich das Grab seiner Tante, 
das war völlig mit weißem baumwollenen Stoff 
überdeckt, und auch ringsumher war weißer baum- 
wollener Stoff aufgehängt. Dieses Zeug ist eine 
Opfergabe an die Verstorbenen. Sobald es ver- 
fault, wird es durch neues Zeug bedeckt. Ein Zaun 
umschloß die Gräber. Daneben befanden sich noch 
andere Grabhügel, deren einer mit Bäumen bepflanzt 
war, unter ihnen das Grab der Lieblingsfrau des 
verstorbenen Häuptlings. Der Häuptling des Platzes 
war ein junger Mensch von ungeschicktem linkischem 
Benehmen. Er wollte nichts davon hören, daß man 
bei ihm eine Missionsstation anlege, obwohl Missionar 
Schumann ihm sagte: „Ich will unter euch unter- 
richten und Gottes Wort predigen und mit euch 
verkehren wie ein Mann eures Volkes“. Er meinte, 
wohin er schaue, sähe er überall das Gras brennen. 
Das sollte heißen, die Drangsale, die ihm drohten, 
würden ihn verzehren. So lief die Unterredung 
nicht zufriedenstellend ab. Bruder Schumann sagt 
ausdrücklich, daß dies das erste Mal gewesen sei, 
bei welchem Heiden ihn in dieser Weise abgewiesen 
hätten. Vielleicht war das zurückzuführen auf den 
Einfluß eines Arabers, den man in der Umgebung 
dieses Häuptlings bemerkt hatte. 
Auf einem anderen Wege wurde die Heimreise 
bewerkstelligt. Den Fluß Ruhudsche überschritt man 
an einer Stelle, wo das wilde Gewässer sich durch 
eine Felsspalte drängte, die nur ein paar Meter 
breit war, so daß man sich beinahe über den Spalt 
die Hände reichen konnte. Darüber hinweg haben 
die Eingeborenen eine leichte Bambusbrücke errichtet. 
Nach siebentägiger Abwesenheit erreichten die Mis- 
sionare wieder ihre Station. — 
Im März dieses Jahres trat Bruder Schumann 
wieder eine Reise an, die ihn nach der Station des 
jungen Missionars Gröschel führte. Er erzählt 
davon, wie folgt: 
Ich ritt meinen Esel, und nach zwei Stunden 
erreichten wir die Tembe des alten Mbuna, bei dem 
wir, wie gewöhnlich, rasteten. Im Kondelande hätten 
wir in derselben Zeit vier bis fünf große Ortschaften 
passirt. Hier hatten wir nur zwei Temben gesehen, 
die zusammen von vielleicht 30 Seelen bewohnt 
sind. Mbuna ist ein leidenschaftlicher Schnupfer. 
Von seiner Schnupftabakdose ist er unzertrennlich. 
Mittels eines Rohres zieht er den Tabak aus einer 
Dose in die Nafe ein. Außerdem ist er unzertrenn- 
lich von seinem Becher, aus dem er trinkt. Es giebt 
hier eine Art Bambus, welche, wenn die Regen 
einsetzen, neue Schößlinge treibt. Diesen wird die 
Spitze abgeschnitten, und der ausfließende Saft wird 
aufgefangen. Dieser Saft sieht milchig aus, er 
gährt und schmeckt nicht schlecht. Er wird von den 
Leuten leidenschaftlich getrunken. Trotzdem sagt 
Missionar Schumann, er habe nirgends einen Be- 
trunkenen gesehen. Glücklicherweise dauert die Zeit 
dieses Bambusbieres nur etliche Monate, aber in 
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