Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

reichende Strippen befestigt, welche aus Pflanzen- 
fasern und Thiersehnen zusammengedreht sind. Die 
Enden sind guastenartig eingeflochten. Einige Arm- 
spangen, Ringe u. s. w. vervollständigen die Teoilette. 
Von der weiblichen Verwandtschaft der Häuptlings- 
familie wird auf dem Schnirleibchen ein Orden ge- 
tragen, aus einer weißen geschlissenen Muschel be- 
stehend, in deren Mitte ein rundes Stück Kupfer 
eingelassen isft. Männer sowohl wie Frauen reiben 
sich stark mit Fett ein. Merkwürdigerweise ist das 
schöne Geschlecht viel zu klein im Vergleich zu den 
langen Gestalten der Männer. Von der Teilette 
der Frauen sind diejenigen Handelsartikel, welche 
begehrt sind, abhängig. Die Ondongas handeln 
Straußeneierschalen ein, um sich den Schnürleib her- 
zustellen. Der Mann darf erst dann heirathen, wenn 
er genug davon beisammen hat, um seine Frau be- 
lleiden zu können. Die Unkuanjama begehren blaue 
Perlen von bestimmter Größe. Die portugiesischen 
Händler erhalten für 9 kg Perlen einen Ochsen. 
Die Ondongonas nördlich des Kunene und der Erik- 
son-Drift sind nur für schwarze Stoffe, welche zur 
Erhöhung des Glanzes mit Fett eingerieben werden, 
empfänglich. — Ein beliebter Handelsartikel, aber 
eigentlich ausschließlich den Häuptlingen vorbehalten, 
find „gesalzene“ Pferde. Es werden enorme Preise 
dafür gezahlt, durchschnittlich 40 Ochsen für ein 
Pferd. 
Die Werften sind mit Vorliebe zwischen Palmen 
errichtet, wohl deshalb, weil in der Nähe dieses 
Baumes das Wasser sich in nur geringer Tiefe be- 
findet. Die Leute sind außerordentlich gastfrei, sie 
nöthigen zu dem landesüblichen Getränk, dem Korn- 
bier, welches ungefähr so wie Lichtenhainer schmecken 
mag. Jede Werft bildet ein geschlossenes Ganzes. 
Sie ist von etwa 3 m hohen armstarken Hartholz- 
Pallisaden hergestellt. Ein gewundener Gang, von 
welchem rechts und links andere Pallisadengänge ab- 
weichen, führt zu dem Empfangsraume. Auf Baum- 
stämmen wird Platz genommen. Der Werftinhaber 
schöpft das Bier mit einem kleinen Schöpflöffel aus 
der Kürbiskalebasse in die hölzernen Becher. 
Die Missionare lassen die Ovambos gewähren. 
Bei Kambonde ist die finnische Missionsgesellschaft 
unter Rauthanen nunmehr schon seit 30 Jahren thä- 
tig. Bei Ujulu hat die rheinische Mijsionsgesellschaft 
Stationen errichtet. Das Christenthum scheint nur 
langsam Boden zu gewinnen. Die Gemeinde des 
Herrn Rauthanen zählt 400 Christen. Die getauften 
Eingeborenen werden von den Stammesgenossen gut 
behandelt. Die Häuptlinge müssen aus politischen 
Rücksichten am Heidenthum festhalten. Die Ovambos 
haben den Ahnenkultus, sie sind außerordentlich aber- 
gläubisch. Kambonde gestattete mir z. B. nicht, eine 
Aufnahme seiner Werft zu machen. Die Zauberer 
spielen eine große Rolle. Beim Tode eines Men- 
schen werden andere gesucht, welche den Verstorbenen 
bezaubert haben und auch sterben müssen, auch die 
Frauen werden getödtet. Wie viele Menschen auf 
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die Weise den Tod finden, läßt sich schwer sagen, 
jedenfalls ist es ein erheblicher Prozentsatz. 
Die heiligen Werften sind mit einem lebenden 
Pallisadenwald umgeben. Sie sind nur von einzel- 
nen alten Leuten bewohnt. Betreten sie andere, so 
soll dies den Tod zur Folge haben. Dagegen sind 
sie eine Zufluchtstätte für Verbrecher. 
Auch die Ovambos haben ihre ceremoniellen 
Gebräuche. Es darf nur die rechte Hand gegeben 
werden, kein Niedrigerstehender darf den Höher- 
stehenden ansehen oder zuerst anreden, er darf nicht 
stehend mit ihm sprechen, er muß knieen; trinken 
darf man nur im Sitzen, ebenso sich unterhalten, 
sonst würde es aussehen, als ob man sich zankt. 
Seit 1889 sollen unter den Ovambos keine 
Raubzüge mehr vorgekommen sein. 
Nach Missionar Rauthanen betragen 
Seelen: waffenfähige 
Männer: 
die beiden Ondongastämme 20—22 000 4 000 
der Unkuambistamm 15 000 3000 
Ongandjerastamm 7000 1000 
Unkualusistamm 7000 1 000 
Unkuanjamastamm. 45 000 10 000 
Ombandjastamm. 35 000 10 000 
Die vier erstgenannten Stämme gehören völlig, 
der Uukuanjamastamm vielleicht nur zu einem Viertel 
zum deutschen Schutzgebiet. Sie sind leidlich be- 
waffnet, ich glaube aber kaum, daß sie kriegerisch eine 
Rolle spielen. 
Deutsch-Meu-Guinra. 
Die nordwestlichen Inselgruppen des Bismarck-Avchipels. 
I 
Um eine Beurtheilung des Werthes der zumeist 
aus sehr kleinen Inseln bestehenden nordwestlichen 
Gruppen des Bismarck-Archipels zu gewinnen, hat 
der Gouvernementssekretär Warnecke mit dem 
Charterdampfer „South Australia" der Firma 
Hernsheim & Co. zu Anfang d. Is. eine Dienst- 
reise dorthin unternommen. Er berichtet darüber, 
wie folgt: 
Am 6. Januar d. Is. gegen 5 Uhr nachmittags 
verließ die „South Australia“ Nusa, um zuerst nach 
den Portland-Inseln zu dampfen. An Bord be- 
fanden sich Kaufmann Herr M. Thiel, Mitinhaber der 
Firma Hernsheim & Co. in Matupi, dessen Vater, 
der Prokurist der Firma, Herr Wahlen, und der 
Missionar Fellmann von der wesleyanischen Mission. 
Von der Polizeitruppe waren mir sechs Mann 
mitgegeben. Als Lootse fungirte der Kapitän Macco. 
Am 7. Januar, morgens gegen 6 Uhr, gelangten wir 
nach ziemlich stürmischer Fahrt zu den 
Portland-Inseln. 
Der seit etwa drei Wochen dort stationirte 
Händler Wohlers kam an Bord, und wir fuhren 
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