Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

Nach den „Berichten der Rheinischen Missions- 
gesellschaft“ besaß die Gesellschaft Ende 1901 in 
Deutsch-Südwestafrika 12 515 Gemeindeglieder, 
während sich noch 1729 Heiden im Taufunterricht 
befanden. Im südlichen Theil der Kolonie, im Nama- 
land, konnten im vergangenen Jahre zwei Kirchen, 
deren Umbau fast zu einem Neubau geworden war, 
eingeweiht werden, nämlich am 15. Januar in 
Hoachanas und am 16. Oktober in Berseba. Bei 
beiden Kirchbauten hat sich die Aussendung von 
Laienbrüdern, des Zimmermanns Holzapfel und des 
Maurers Diehl III, trefflich bewährt. Ohne sie wäre 
ess unmöglich gewesen, so schnell und so billig zum 
Ziel zu kommen. In Gochas wird man demnächst 
an den Kirchbau gehen. Besonders bemerkenswerth 
und erfreulich ist, daß nun auch in Windhoek ener- 
gisch mit den nöthigen Bauten begonnen werden kann. 
Der Grundstein zur Kirche dort ist gelegt worden. — 
Der Laienbruder, Landwirth Detering, der von der 
Rheinischen Missionsgesellschaft nach Gaub geschickt 
worden ist, um das dortige, von der Mission erwor- 
bene große Grundstück im Interesse der Farbigen 
wirthschaftlich zu erschließen und nutzbar zu machen, 
sendet einen ausführlichen Bericht über seine ersten 
Arbeiter. Durch Ziehung von Gräben ist es ihm 
gelungen, bereits 40 Gärten abzutheilen, alle gleich- 
mäßig gestaltet, je 10 m breit und 125 m lang. 
Zwischen den einzelnen Stücken sind immer zwei Fuß 
breite Wege angelegt, damit ein Jeder leicht zu seinem 
Stück herankommen kann. Diese 40 Gärten sind 
bereits fast alle an Eingeborene ausgetheilt. Bis 
dahin hatten auf demselben Territorium nur 15 Fa- 
milien Land gehabt. Das übrige lag noch unbebaut 
da. Detering freut sich mit Miss. Kremer, konstatiren 
zu können, daß die Eingeborenen trotz ihrer sprüch- 
wörtlich gewordenen Faulheit nach Kräften geschafft 
haben. Manche hatten ihr Stück gegen Ende des 
Jahres schon fertig und mit Mais bepflanzt; zwischen 
den Mais pflanzen sie Pampunen (Kürbisse). Dete- 
ring hat auch bereits Versuche mit Kartoffeln und 
Gemüse gemacht und will sie fortsetzen. Eine große 
Arbeit steht noch bevor in der Urbarmachung eines 
großen Sumpfes, der sich an dem Abhange des 
Hügels befindet, auf dem die Station steht, und 
den damit verbundenen Entwässerungsanlagen. — 
Im Ovambolande hat Missionar Tönjes den 
Bau der dritten Station, Namakunde, so weit 
vollendet, daß er am 5. Dezember in das große, 
freilich noch nicht ganz fertige Missionshaus einziehen 
konnte. Das bisher von ihm bewohnte kleine Haus 
dient jetzt als Schule und als vorläufiger Raum für 
die Gottesdienste. Bis jetzt fanden die Gottesdienste 
im Freien statt, wurden aber schon regelmäßig ge- 
halten. 
In den „Monatsheften zu Ehren Unserer Lieben 
Frau vom hlst. Herzen Jesu“ schreibt Miss. Eberlein 
über die Neu-Mecklenburger (Bismarck-Archipel): 
In Neu-Mecklenburg herrschen noch vielerlei 
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Sitten und Gebräuche, welche den Eingang des 
Christenthums bei diesen Völkern merklich erschweren 
werden. Doch ernste, andauernde Arbeit wird auch 
diese Schwierigkeiten überwinden, besonders weil der 
ganze Charakter des Neu-Mecklenburgers neben 
manchen Fehlern auch Eigenschaften aufweist, welche 
das Christenthum veredeln und zu schönen Tugenden 
ausbilden kann. Eine Eigenschaft, welche die Neu- 
Mecklenburger im Vergleich zu den Neu-Pommern 
in ein gutes Licht stellt, ist eine gewisse Offenheit. 
Der Bewohner der Gazelle ist ängstlich, mißtrauisch 
und verschlossen im Umgang mit Fremden, sowohl 
Weißen als Stammesgenossen; führt der Zufall einen 
Unbekannten in sein Gehöft, so empfängt er ihn kalt, 
ohne irgend ein Zeichen des Wohlwollens, und giebt 
ihm mit dem Blick oder in unzweideutigen Worten 
zu verstehen, daß er ein ungelegener Gast sei. In 
Neu-Mecklenburg hingegen scheint eine gewisse Gast- 
freundschaft zu existiren. Auch in solchen Dörfern, 
wo nie ein Weißer gewesen, kamen uns Männer und 
Frauen ohne große Scheu entgegen, gaben uns die 
Hände, waren uns behülflich bei der Arbeit, freuten 
sich kindlich, wenn sie unser Mahl bereiten durften, 
und leisteten uns überhaupt jeglichen Dienst, ohne 
eine Gegenbelohnung zu erwarten. Diese Handlungs- 
weise muß Jedem auffallen, der von Neu-Pommern 
kommt. Es berührt Einen äußerst angenehm, daß die 
Neu-Mecklenburger, welche in bedeutend stärkerem 
Verhältniß als die Neu-Pommern bei den Weißen 
arbeiten, dem Fremden gegenüber so willig, dienst- 
eifrig und wohlwollend sind und keine Belohnung 
von ihm erwarten. Man muß also annehmen, daß 
sich bei ihnen eine gewisse natürliche Tugend der 
Gastfreundschaft entwickelt hat, wie sie ja auch in 
Samoa zu finden ist. Wie der Eingeborene von 
Neu-Pommern verschlossen und mißtrauisch ist, wenn 
ein Fremder zu ihm kommt, so ist er auch ängstlich. 
muthlos und verzagt, wenn er zu einem Fremden 
kommt. Die Neu-Mecklenburger hingegen sind 
muthiger und im Augenblick der Gefahr entschlossener 
(wenn auch nicht ganz nach unseren Begriffen). Sie 
finden deshalb auch sehr oft Verwendung als Polizei- 
soldaten der Schutztruppe. Daß die Neu-Mecklen- 
burger arbeitsam sind, kann man an ihren gut be- 
stellten Pflanzungen ersehen. Desgleichen beweist die 
Bauart ihrer Häuser praktischen Sinn und Fleiß; 
besonders die auf Pfosten errichteten Häuser, wozu 
Bretter mit der Axt hergestellt werden, bekunden 
zähen Fleiß und Geschick. 
Aus fremden HKolonien und 
Produhkkionsgebieten. 
Britisch · Nord · Nigeria. 
(Hierzu eine Karte.) 
Das englische Kolonialamt hat den ersten 
amtlichen Bericht über die Entwickelung Nord-
	        
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