Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

mit Zahlen bezeichnete Merksteine und stellte durch 
genaue Messungen die Höhenlage dieser Punkte fest. 
An der Hand einer hiernach angefertigten Karte 
war es leicht, festzustellen, welche Quadrate infolge 
ihrer Höhenlage einer Bewässerung durch Kanäle 
zugänglich und demnach der Besiedelung fähig waren. 
Das ganze geplante Kanalnetz wurde sodann auf diese 
Karte aufgezeichnet und dementsprechend im Gelände 
ausgebaut. 
Schon gleich nach der Eröffnung des Chenab- 
kanals stellte es sich heraus, daß er den an ihn zu 
stellenden Anforderungen nicht völlig genügte. In 
der Regenzeit, wenn der Fluß, aus dem er sein 
Wasser entnahm, stark anschwoll, verschlammte er, so 
daß sich, wenn das Wasser fiel, Ablagerungen bil- 
deten, welche ihn verstopften. Um diesem Uebelstande 
abzuhelsen, begann man im Jahre 1888, ein Wehr 
in den Fluß zu bauen. Auf diese Weise wurde der 
Wasserspiegel gehoben, das Gefälle verringert und 
ein ruhiges, gleichmäßiges Fließen des Kanals er- 
teicht. Ferner erschien eine Vergrößerung des Kanals 
geboten, um auch die höher gelegenen Landstrecken 
bewässern zu können. Sein Bett wurde daher von 
109 Fuß auf 250 Fuß verbreitert und von 7,6 Fuß 
auf 10,8 Fuß vertieft, so daß seine Leistungsfähig- 
keit in der Sekunde von 8333 Kubikfuß sich nun- 
mehr auf 10 800 Kubikfuß Wasser erhöhte. 
Im Ganzen wurden bis. zum 31. März 1901 
2489 Meilen Kanäle fertiggestellt. Davon entfielen: 
auf den Hauptarm 40 Meilen, 
die größeren Nebenarme 390 
die kleineren Nebenarime 20569 -2 
Seitdem ist noch eine große Anzahl von kleinen 
Nebenarmen im Bau begriffen und sieht täglich ihrer 
Bollendung entgegen. 
Die Landfläche, welche in dem letzten Jahre 
mit Hülfe dieser Kanäle bewässert wurde, betrug 
1 828 800 Aecker (Acres), die daraus gewonnenen 
Ernten repräsentirten einen Werth von 50 636 419 
Rupien oder 3 369 000 EK. 
Um es zu ermöglichen, daß alle in dem Be- 
wässerungsgebiet befindlichen Felder gleichmäßig mit 
Wasser versorgt würden, vertheilte man anfangs das 
ganze verfügbare Wasser des Hauptkanals auf alle 
Nebenarme nach dem Verhältniß ihrer Größe. Dieses 
Verfahren erwies sich aber in regenarmer Zeit, wo 
der Kanal nur wenig Wasser enthielt, als ungenügend, 
da die kleineren Nebenarme nicht voll genug liefen, 
um die höher gelegenen Ländereien bewässern zu 
können. Man schlug daher ein anderes Verfahren 
ein. Die Zweigkanäle wurden geschlossen gehalten 
und der Reihe nach immer nur eine größere oder 
kleinere Anzahl von ihnen je nach der Quantität des 
zeitweilig zur Verfügung stehenden Wassers geöffnet. 
Hierdurch erreichte man, daß jeder Nebenarm, sobald 
die Reihe an ihn kam, ganz mit Wasser angesüllt 
wurde und auch die höher gelegenen Felder ihr 
Wasser erhalten konnten. Damit alle Beamten des 
großen Kanalnetzes sich jederzeit über die verfügbare 
  
  
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Wassermenge im Hauptkanal unterrichten konnten, 
wurden überall Telegraphenlinien angebracht. 
Hand in Hand- mit der Anlage dieser Kanäle 
wurde noch eine Reihe von Vorkehrungen getroffen, 
welche dazu dienen konnten, die Kolonisation in 
Kechna Doab zu fördern. Die am tilefsten gelegenen 
Landstriche wurden für Entwässerungszwecke reservirt. 
Das gesammte übrige Gebiet iheilte man in Ort- 
schaften mil einem durchschnittlichen Landkomplex von 
1250 Acres und legte zur Hebung des Verkehrs 
zwischen den Ortschaften sowohl wie den einzelnen 
Besitzungen größere und kleinere Straßen an. 
Die Besiedelung selbst erfolgte in der Weise, daß 
zunächst der größte Theil des Landes in kleinere 
Bauerngüter von je 25 Acres getheilt und an Kolo- 
nisten, die aus anderen stark bevölkerten Gebieten 
von Punjab ausgewählt waren, ausgelost wurde. 
Diesen versprach man eine Bewässerung von min- 
destens 50 Prozent ihres neuen Besitzthums. Der 
Rest des Landes wurde entweder in größeren Kom- 
plexen an Großkapitalisten verauktionirt oder zur 
Vertheilung an vensionirte Soldaten reservirt. 
Geleich wie für die anderen Kanäle in Punjab 
wurden auch für den Chenabkanal eine Reihe von 
Steuern und Abgaben erhoben. Jedoch erließ man 
den Ansiedlern die Grundsteuern für die ersten zehn 
Jahre, die übrigen Abgaben für die ersten beiden 
Ernten gänzlich und für die beiden folgenden zur 
Hälfte. Dieses war ein Ansporn für die Ansiedler, 
sofort eine Menge Landes in kulturfähigen Zustand 
zu bringen, damit sie möglichst viele Erträgnisse 
umsonst erhielten. 
Die Erwartungen, die man auf den Bau des 
Chenabkanals für die Entwickelung von Kechna Doab 
gesetzt hatte, sind weit übertroffen worden. Es 
kamen in Kultur 
189%4 270 405 Acres. 
1894/05. 269 36ö7. 
189506 369 935 
189/ 7 520 279 
1897/98 810 O000 
189899 957705= 
1899/1900 1 353 223 
1900/1901 .1 828 8ö0oo 
während im laufenden Jahre bis Ende Januar be- 
reits 1957 700 Acres bewässert wurden. Die Zahl 
der Ansiedler hat sich im Laufe dieser Jahre ganz 
gewaltig vermehrt, so daß bereits mehrere große 
Städte gebaut sind, und eine am 31. März 1901 
vorgenommene Zählung 800 000 Köpfe ergab. Man 
hofft, daß es mit Hülfe der Kanäle allmählich möglich 
sein wird, 2 500 000 Acres zu bewässern und damit 
jährlich Ernten im Werthe von 50000000 K zu erzielen. 
Die für den Bau des Chenabkanals aufgewen- 
deten Kosten haben sich als eine glänzende Kapital- 
anlage erwiesen. Denn die Reinerträge an Steuern 
und Abgaben betrugen im Jahre 1900/1901 bereits 
18,18 Prozent dieses Kapitals, und man hofft, sie 
mit der Zeit auf 24,58 Prozent erhöhen zu können.
	        
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