Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

zur Macht gelangte, war fast die einzige Beschäfti- 
gung der Viehraub. Bewaffnet mit Speer, Schild 
und Schwert zogen sie meist mit ihren Nachbarn, 
den Waaruscha, zusammen weit umher, nach Osten 
hin bis Voi, nach Westen hin bis über Umbugwe 
hinaus, um das heißbegehrte Vieh zu rauben. Auch 
jetzt haben die Männer noch nicht gelernt, zur Feld- 
arbeit zu greifen, die in dem prächtigen Lande reichlich 
lohnen würde. Sie liegen oder spazieren umher und 
trinken Bier, das hier in gewaltigen Massen gebraut 
zu werden scheint, während ihre Weiber die Aecker 
bestellen und die Kinder das Vieh weiden. Viele 
Weiber scheinen auch hier das Begehren des Mannes 
zu sein.“ Die Sprache der Waroa ist Kiroa. Diese 
ist von dem den Missionaren bekannten Kimamba 
doch recht verschieden, selbst viele der einfachsten 
Wörter klingen ganz anders, und es werden wohl 
einige Monate vergehen, um die neue Sprache eini- 
germaßen zu erlernen. 
In „Kreuz und Schwert"“ schreibt Msgr. Allgeyer, 
apostol. Vikar von Nord-Sansibar, von einer Rund- 
reise in Deutsch-Ostafrika: 
Am Rufu erwarteten uns die Christen von Tu- 
nunguo, und während ein Herkules mich durch die 
Wellen trägt, erheben die Weiber ein Freudengeschrei, 
das weithin wiedertönt. Bald erschallen auch Flinten-= 
schüsse und einige Minuten später donnert die Kanone 
der Mission. Das ganze Land weiß nun: der Bischof 
ist da. Noch am nämlichen Tage examinirte ich 
65 Konfirmanden. Alle wußten gut ihre Gebete 
und den Katechismus, und Alle wurden zu meiner 
und ihrer Freude zum Sakrament der Firmung zu- 
gelassen. Nachdem brechen wir auf. Hohe Berge 
erheben sich vor uns in weitem Umkreis. 30 km 
marschiren wir bergauf, bergab, bis zur nächsten 
Missionsstation: Matombo. Eine ungeheuere Menge 
erwartete mich. O Matombo! Theures Matombo! 
Vor drei Jahren noch war da nichts als eine surcht- 
bare Wüste, wo die wilden Thiere in Sicherheit 
hausten. Heute bist du die Perle meines Vikariats! 
Alle Neger, die mich mit fieberhafter Ungeduld er- 
warten, sind anständig bekleidet. Die Gefühle der 
Freude und Dankbarkeit, die mein Herz beim Einzug 
in die Mission bewegten, sind unbeschreiblich. Vor 
drei Jahren war P. Clauß in dieser Einöde mit 
10 Kindern. Heut zählt die Gemeinde 1315 Christen! 
Während drei Tagen, von früh bis abends, prüfe 
ich die Neubekehrten. Ich will mich selbst über- 
zeugen, ob sie alle ihre Religion gut kennen, ob sie 
den Katechismus, die Gebote gut wissen. Und welche 
Erfahrung mache ich? Nirgends sind unsere Christen 
so gut unterrichtet, wie in Matombo. Freilich geht 
der Katechismus schwer in einige alte, harte Köpfe, 
und man muß nachsichtig sein, aber die Gebete sind 
auch in den härtesten Köpfen fest eingeprägt. Am 
29. September habe ich den seltenen Trost, 335 Ne- 
gern die Firmung und 119 die Taufe zu spenden. 
Dieser herrliche Erfolg sagt mehr als alle Worte. 
321 
  
Nach einigen Tagen breche ich wieder auf nach 
Mrogoro. Es war ein Triumphzug. Ueberall strömen 
die Christen herbei und bringen ihre Geschenke: 
Hühner, Ziegen, Sorghomehl, Mais und Zuckerrohr. 
Ich nehme Alles an, obwohl ungern, ich will die 
Herzen dieser Schwarzen durch Weigerung nicht ver- 
letzen. Beschwerliche, aber trostvolle Reisel Immer 
wieder ertönte das Freudengeschrei zahlreicher Neger, 
von denen schon viele Christen sind. In diesen 
Augenblicken vergißt der Missionar leicht all seine 
Mühen und Leiden, im Genuß, den Triumph 
Gottes zu schauen. 
In derselben Zeitschrift berichtet ein auf Samoa 
wirkender Missionar: 
Besonderes Interesse erweckt die neugegründete 
Schule von Moamoa, die zugleich den Anfang einer 
neuen katholischen Pflanzstätte bilden soll. 1897 ge- 
lang es der Mission, ein Landstück von 3000 Morgen 
billig zu erwerben. Im nächsten Jahre erfolgte die 
feierliche Einweihung und Besitznahme des Erwor- 
benen. Alsbald begann man, das Land urbar zu 
machen. Man erbaute an der Stätte, die Moamoa- 
heißt, eine Samoanerhütte. Im folgenden Jahre 
(1899) landeten zwei deutsche Maristenbrüder, die in 
Moamoa Wohnung nahmen. Gleichzeitig eröffneten 
sie daselbst eine Ackerbauschule, die meist von Häupt- 
lingssöhnen besucht wird, aber anfangs wegen des 
beschränkten Wohnraumes und der geringen Aus- 
dehnung der Pflanzungen nicht viele aufnehmen konnte. 
Aber schon im Jahre 1900 erstand auf der neuen 
Pflanzstätte ein einfaches, aber in europäischem Stile 
gebautes Pensionat, dem hl. Franziskus Kaverius ge- 
weiht, als Wohnung der Kinder, während die Lehrer 
noch bis heute das alte, halbzerfallene Bauwerk be- 
wohnen. Damit erhob sich fast gleichzeitig das 
schmucklose Kirchlein, aus Bambusrohr erbaut, dessen 
ganze Ausstattung ein armer Altartisch, zwei Kerzen- 
stöcke und ein Kreuz sind. Die Lehrkräfte wurden 
ebenfalls verstärkt, so daß jetzt ein Priester und vier 
Maristenbrüder daselbst wirken, von denen zwei aus 
Samoa selbst stammen. Vor zwei Jahren zählte 
die Schule 80 Zöglinge, die alle ganz unentgeltlich 
gehalten wurden; letztes Jahr konnte man nur 40 
annehmen, weil die Pflanzungen noch nicht genügend 
vorangeschritten. Dieses Jahr wird ihre Zahl wieder 
bedeutend wachsen. Die Wirksamkeit dieser Schule 
ist eine sehr segensreiche. Moamoa ist eine junge, 
hoffnungsvolle deutsche Kolonie. Einsam blüht sie 
empor, von einem Kranz von Bergen umgeben, am 
Rande eines rauschenden Bergbaches, inmitten einer 
immergrünen Pflanzenwelt. Auf der anderen Seite 
des Baches soll sich eine Kirche erheben, das Haus 
des Bischofs, eine Katechetenschule, eine Schule von 
Schwestern geleitet, und die Wohnstätten einiger 
katholischer Familien, den Grundstein eines Dorfes 
zu legen. Fürwahr, Moamoa ist ein Land der 
Zukunst! 
 
	        
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