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Nachrichten aus den deutschen Schuhgebieken.
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder theilweise nur mit Quellenangabe gestattet.)
Deufsch-Pltafrika.
Von der Rivu-Grenzregulirungskommission
wird berichtet, daß Leutnant Schwartz den nördlich
des Kirunga tscha Niragongo liegenden Namtagira
bestiegen hat, der 1600 m über dem Kivu liegt,
stark thätig ist und aus dem noch Lava fließt.
Unruhen bei Kilimatinde.
Nach einer telegraphischen Meldung des Kaiser-
lichen Gouverneurs Grafen v. Goetzen vom
27. Juli d. Is. sind im Norden von Kilimatinde
zwei Viehhändler erschlagen worden, die sich an-
scheinend Uebergriffe gegen die Eingeborenen hatten
zu Schulden kommen lassen. Ein Angriff auf die
Schutztruppe — in Kilimatinde befinden sich nach
den letzten Vertheilungsnachweisungen Oberleutnant
Frhr. v. Reitzenstein, Assistenzarzt Leupold, 1 Zahl-
meisteraspirant, 3 Unteroffiziere, 1 Sanitätsunter-
offizier und 77 Farbige von der 4. Kompagnie,
deren Rest unter Oberleutnant A. Fonck in Mpapua
stationirt ist — ist erfolglos geblieben, und die
Gefahr wird als beseitigt angesehen, auch für Iramba,
wo sich der Prospektor Janke mit einer berg-
männischen Expedition befindet.
Das Kameel als Transportmittel in Deutsch-Ostafrika.
Von Thierarzt Schmidt.
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Die Versuche, Kameele zu Transportzwecken in
Ostafrika einzuführen, reichen bis in die Zeit der
ersten Durchforschung des Landes zurück. Einer der
nüchternsten Beobachter afrikanischer Verhältnisse,
Thomson, sagt in seinem Buch: „To the Central
African Lakes and back,“ Bd. II, S. 287: „Mir
scheint das Land zwischen Mpapua und Ugogo außer-
ordentlich für das Kameel geeignet zu sein. In jeder
Hinsicht stimmt jener Distrikt mit den Ländern in
Nordafrika überein. Von der Küste bis Mpapua
scheint man das Thier nicht ziehen zu können, wegen
einer Reihe von Gründen, die noch nicht eingehend
studirt sind. Ueber die Steppengebiete aber durch
Ugogo, den schwierigsten Theil Ostafrikas, scheint es
mit Vortheil benutzt werden zu können.“ — Direkte
Versuche mit Kameelen stammen aus der Zeit der
deutschen Herrschaft. Der damalige Reichskommissar
v. Wissmann und nach ihm Oberst v. Trotha haben
Versuche angestellt, doch waren dieselben, ebenso wie
spätere in Englisch-Ostafrika, nicht eben ermuthigend.
Es ist oft die Frage ausfgeworfen worden, warum
die Araber, deren ureigenstes Hausthier doch das
Kameel ist, in Deutsch-Ostafrika nie mit Kameelen
Transportversuche ins Innere gemacht oder doch
davon abgelassen und sich auf den Transport mit
Trägern beschränkt haben. Wer das Land von der
Küste bis Tabora kennt, wird unschwer herausfinden,
daß das Buschland, durch das sich die Negerpfade
hindurchwinden, für ein bepacktes Kameel kein Fort-
kommen zuließ. Diese Verhältnisse sind aber ge-
schwunden, nachdem seit der deutschen Herrschaft sich
breite, ausgehauene Wege von der Küste bis zu dem
Seengebiet ziehen.
Gewisse Vorbedingungen sind bei der Benutzung
von Kameelen ebenso wie bei anderen Thieren zu
berücksichtigen. Ebenso wie es unter den Pferden
Warm= und Kaltblüter giebt, so giebt es auch, wenn
auch weniger hervortretend, Unterschiede zwischen dem
hochedel gezogenen Reitkameel und dem gemeinen
Lastkameel. So wenig jedoch ein Warmblüter in
einen schweren Karren gespannt werden darf, so
wenig eignet sich ein Reitkameel zum Lastentragen.
Dafür sind die Leistungsfähigkeiten auch ganz ver-
schieden. Ein Reitkameel legt bis zu 150 km pro
Tag zurück, während bei den Lastkameelen eine
Leistung von 50 bis 60 km schon zu den außer-
gewöhnlichen zu rechnen ist. Entsprechend seiner
hohen Veredelung bedarf das Reitkameel einer sorg-
sameren Pflege als das Lastkameel. Es ist jedoch
für den speziellen Fall ein ebenso brauchbares, wie
leistungsfähiges Thier, vorausgesetzt, daß es zu dem
Zwecke, zu dem es verwendbar ist, benutzt wird.
Man kann allenfalls ein Lastkameel zum Reiten be-
nutzen, aber man wird nicht mit demselben Erfolge
ein Reitkameel zum schweren. Arbeitsdienste heran-
ziehen dürsen.
Auch die Gewöhnung des Thieres spielt eine
große Rolle. Daß ein Kameel, das vielleicht sein
Leben lang nur aus Wassertümpeln in der Wüste
seinen Durst gelöscht hat, nicht ohne Weiteres durch
Wasser geht, leuchtet ein. Die Kameele gehen bei
systematischer Uebung anstandslos ins Wasser, ja sie
gehen dann stundenlang durch Wasser, das ihnen bis
zum Höcker reicht. Ebenso lernen Kameele bei ge-
schickter Anleitung auch Terrainschwierigkeiten aller
Art überwinden. Rohlfs behauptet, dem Kameele
durch Hinaufrutschen auf den Knien das Erklimmen
der Pyramiden beibringen zu können, und Gebirge
gelten für Kameele so lange nicht als Hinderniß, wie
ein Pfad besteht, dessen Auf= oder Abstieg keine
großen Höhendifferenzen auf kurze Entfernung auf-
weist. Das Kameel geht ohne Schwierigkeit in
Deutsch-Ostafrika durch die Pugue= und Kisserawe-
berge und über die Ausläufer des Ulugurugebirges.
Den Abhang des berühmten ostafrikanischen Grabens,
den Aufstieg von der Ugogosteppe zur Station Kili-
matinde, habe ich auf dem Rücken des Kameels in
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