Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

RAus dem Bereiche der Misstonen und 
der Antisklaverei-Bewegung. 
Der Jahresbericht der „Gesellschaft zur 
Beförderung der evangelischen Missionen 
unter den Heiden“ (Berlin 1I) für 1901 ist wegen 
des bisherigen Mangels an Nachrichten aus den 
Missionsgebieten der Gesellschaft in Südafrika etwas 
später als sonst erschienen. 
Die Thätigkeit der Gesellschaft erstreckt sich be- 
kanntlich auch auf das Kondeland, das Kingaland, 
das Bena= und Heheland in Deutsch-Ostafrika. Die 
Anfänge liegen nicht viel über 10 Jahre zurück, die 
weitere Ausdehnung ist erst allmählich bis in die 
neueste Zeit hinein erfolgt. Der Missionsdirektor 
Gensichen hat sich bei seiner Reise nach Afrika, in der 
Zeit vom 8. Juni bis 3. August v. J., über die fleißige 
und tüchtige Arbeit der Missionen freuen können 
und den Eindruck gewonnen, daß bei der heidnischen 
Bevölkerung der Boden zur Aufnahme des Coan- 
geliums besonders willig ist. 
„Im Laufe des Jahres“ — so besagt der Bericht 
— „ ist der Mittelpunkt des Bezirks verlegt worden. 
Das am Ostufer des Sees liegende „Langenburg“ 
wurde aufgegeben, und als Sitz des Bezirksamts der 
Ort „Neu-Langenburg“ auf dem herrlichen Vor- 
gebirge im westlichen Kondelande angelegt. Der für 
den Verkehr mit diesem Ort nöthige Hafenplatz 
wurde in Maia an der Mündung des Mbakaflusses 
gefunden. 
Eine Sprachkonferenz wurde vom 30. April bis 
9. Mai in Muakaleli abgehalten, der auch Missionar 
Richard von der Brüdergemeinde beiwohnte. Es 
konnte hier der Text für ein gemeinsam einzu- 
führendes Gesangbuch festgestellt werden. Das ist 
für die Entwicklung der Litteratur in der Konde- 
sprache äußerst wichtig. Gedruckt sind in dieser 
Sprache bis jetzt die Evangelien und eine Fibel. 
In Arbeit sind die Zusammenstellung eines Schul- 
Lesebuchs sowie die Uebersetzung der Apostelgeschichte 
und der Psalmen, während die Uebersetzung der 
Agende im Manufkript bereits vollendet ist. 
Zu der Kondesprache ist in den neuen Distrikten 
auch die Hehesprache getreten, in welcher auch bereits 
gepredigt wird. 
Da die Weiterentwicklung des Schulwesens 
äußerst wichtig ist, wurden den Stationen Lehr= und 
Lernmittel im Betrage von 2100 Mark bewilligt, 
ebenso wurden Beträge bewilligt für den Ankauf 
von Land bei einigen Stationen und für die Er- 
stattung von Kosten für ärztliche Hilfe, welche die- 
jenigen Brüder suchen müssen, die von dem Wohn- 
platz unseres Missionsarztes zu weit entfernt sind, 
als daß er helfend eintreten könnte.“ 
Dieser Missionsarzt Dr. Schröter wohnt auf 
der Station Kidugala, der ansehnlichsten unter den 
Stationen des Hehekreises. Die Station liegt in 
reicher, dicht bevölkerter Gegend, es wohnen in 
ihrem Gebiet etwa 15 000 Heiden. 
372 
  
Von einer anderen Station des Hehelandes, 
Stembula, auf welcher Heiden noch nicht getauft 
sind, wird berichtet: „Es ist ein Unterschied zu be- 
merken zwischen den Leuten, die uns ferner stehen, 
und denen, die die Gottesdienste besuchen. Leztere 
verurtheilen Trunksucht, Schlemmerei, Sonntags= 
arbeit, befleißigen sich eines anständigen Benehmens 
und sind auch in Bezug auf die Kleidung reinlicher.“ 
Auch haben auf Geheiß der Häuptlinge Leute ver- 
schiedentlich bei den Arbeiten auf den Missions- 
stationen unentgeltlich geholfen. Diese äußeren 
Arbeiten haben sich auch aus Wasser-, Wege= und 
Brückenbauten erstreckt. 
Von den üblichen Krankheiten: Fieber und Pocken, 
sowie von den Heuschrecken und den Termiten sind 
auch diese Missionsdistrikte nicht verschont geblieben. 
Der heidnische Priester in Manow (Kondeland) ver- 
lor an den Pocken 9 Kinder, auf der Station allein 
starben 40 Kinder. Daneben sagt aber der Bericht: 
„Zu besonderem Dank sind wir dem HErrn ver- 
pflichtet durch den Umstand, daß im Laufe des 
Jahres kein Todesfall die Reihen unserer Arbeiter 
und Arbeiterinnen in Deutsch-Ostafrika gelichtet hat. 
Es standen auf diesem gefährlichen Gebiet 14 Mis- 
sionare, 1 Arzt und 5 Handwerker in Arbeit, außer 
ihnen 11 Frauen, das sind zusammen 31 Europäer. 
An Erkrankungen hat es sreilich nicht gefehlt, be- 
sonders auf den beiden Stationen, welche dem See 
am nächsten liegen, aber es ist Niemand abberufen 
worden, und Niemand wurde dauernd arbeits- 
unfählg.“ „Zum Besuch in der Heimath kam im 
September Missionar Bunk von Mufindi, welcher 
volle zehn Jahre ununterbrochen in Deutsch-Ostafrika 
thätig gewesen ist. Da er bei der Anlegung von 
Wangemannshöh, Muakaleli, Jkombe und Mufindi, 
also bei der Anlegung von vier Stationen, mitge- 
arbeitet hat, ist die lange Dauer seines Aufenthalts 
in dem tropischen Lande bemerkenswerth.“ 
  
Aus Anlaß der Eröffnung eines afrikanischen 
Lehrerseminars in Moschi, Bezirk Kilimandjaro, 
schreibt Missionar Raum in dem „Leipziger Evan- 
gelisch-lutherischen Missionsblatt“: „Haben wir hier 
oben auf luftiger Bergeshöhe nichts von dem bösen 
Fieber zu leiden, das so oft die Arbeitskraft unserer 
Brüder in der Steppe lähmt, so bereitet die eigen- 
artige Beschaffenheit der unser Arbeitsgebiet bildenden 
Bergregionen der Mission doch auch eigenartige und 
gar nicht unbedeutende Hindernisse. Theils sind es 
tief eingeschnittene Flußläufe, theils lange, vom Berge 
zur Steppe parallel herablaufende Wellen Landes, 
die die an sich nicht große Kulturzone des Kili- 
mandjaro zertheilen in eine Reihe scharf vonein- 
ander abgegrenzter Landschaften mit eigener Geschichte, 
eigenem Dialekt und eigenem volklichen Charakter 
seiner Bewohner. Und was von dem Gebiet im 
Ganzen gilt, das kehrt im Kleinen wieder in seinen 
einzelnen Theilen, Zug für Zug. Auch hier wieder 
von den Gebirgswässern ausgewühlte Schluchten und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.